Region. Nach zwei Jahren Energiekrise ist das Misstrauen geblieben. Noch bevor der erste Heizkörper warm wird, fragen sich viele in der Region, ob sich die Lage endlich beruhigt oder ob die nächste Rechnung wieder zur Belastungsprobe wird.
„Zum jetzigen Zeitpunkt können wir zur Entwicklung der Heizkosten leider noch keine belastbaren Angaben machen“, sagt Kerstin Hecker von den Stadtwerken Wolfenbüttel. Ihre Einschätzung spiegelt die Unsicherheit wider, die derzeit viele Versorger begleitet. „Viele der maßgeblichen Einflussfaktoren, insbesondere Netzentgelte, staatlich regulierte Umlagen sowie die weitere Entwicklung der Energiemärkte, sind aktuell noch nicht final abzusehen.“ Erst wenn diese Parameter feststehen, lasse sich sagen, ob die Kosten stabil bleiben oder erneut anziehen.
Nach dem Schock - die neue Normalität
Hecker betont, dass die Stadtwerke die Marktlage aufmerksam beobachten: „Wir arbeiten kontinuierlich daran, unseren Kunden faire und transparente Konditionen zu bieten“, sagt sie. Zugleich wolle man Wissen vermitteln - mit Energiespartipps auf der Website, über Social Media oder im direkten Austausch mit Energieberatern. So wolle man „dazu beitragen, dass sich Energiekosten langfristig so niedrig wie möglich halten lassen“.
Der große Preisschock liegt zwei Jahre zurück, doch die Erfahrung sitzt tief. Nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine schossen die Energiepreise in die Höhe - eine Krise, die viele Haushalte an ihre finanziellen Grenzen brachte. Inzwischen hat sich der Markt beruhigt, aber das frühere Preisniveau bleibt außer Reichweite.
„Die Energiepreise in den Bereichen Haushaltsstrom, Erdgas und Heizöl sind zwar nach dem Preisspitzenwert infolge des Ukrainekriegs 2022 wieder deutlich gefallen. Allerdings nicht mehr auf das Preisniveau vor 2020, als der starke Preisanstieg begann“, erklärt Florian Lörincz, Energieberater der Verbraucherzentrale Niedersachsen.
Er nennt konkrete Zahlen: Eine Kilowattstunde Strom kostete 2020 rund 29,7 Cent, derzeit sind es etwa 36,5 Cent. Der Gaspreis hat sich nahezu verdoppelt – von 5,7 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2020 auf aktuell rund 11,8 Cent. Heizöl ist im selben Zeitraum von 68 auf 95 Cent pro Liter gestiegen. „Seit Anfang des Jahres ist auch beim Gas wieder ein Preisanstieg feststellbar“, so Lörincz. Für viele Haushalte bleibt die Entlastung also nur gefühlt – nicht real.
Wo Wärme zum Rechenspiel wird
Während die Politik über Preisbremsen, Umlagen und CO₂-Kosten debattiert, liegt ein Teil der Lösung im Alltag. „Viele Menschen denken ja, dass sich ein Raum schneller erwärmt, wenn man den Heizkörperthermostat voll aufdreht. Das ist leider falsch und führt zu unnötig hohen Heizkosten“, erklärt Lörincz. Der Thermostat funktioniere wie ein Tempomat, nicht wie ein Gaspedal - er hält die eingestellte Temperatur konstant. Schon ein Grad zu viel bedeute bis zu sechs Prozent mehr Energieverbrauch.
Auch die Platzierung von Möbeln oder Verkleidungen könne zum Kostenfaktor werden. „Da Wärmestrahlung auch nur eine Lichtart ist, wird diese mit der Verdeckung eben verschattet“, sagt der Energieberater. Wer seine Heizkörper mit Sofas oder Holzgittern blockiere, verhindere, dass die Wärme richtig zirkuliert und zwinge das System zu mehr Leistung.
Heizen mit Verstand
In vielen Haushalten laufen noch Gas- und Ölheizungen, und genau dort sieht Lörincz ungenutztes Potenzial: „Viele Heizungsregelungen sind nicht optimal eingestellt. Häufig ist die Vorlauftemperatur 15 bis 20 Grad zu hoch.“ Schon wenige Grad weniger könnten spürbar Energie sparen – ohne Komfortverlust.
Besonders häufig werde zudem mit geöffnetem Fenster geheizt - ein kleiner Alltagsfehler mit großen Folgen: „Solange mit geöffnetem Fenster geheizt wird, ist der Energieverlust maximal, also 100 Prozent“, sagt Lörincz. Wer kurz stoßlüftet und dabei den Thermostat zudreht, spare dagegen bares Geld.
Zukunft mit Wärmepumpe und Fernwärme
Langfristig führt am Wandel kein Weg vorbei. „Selbst wenn die Kosten im kommenden Jahr leicht sinken werden, ist mit Blick auf die CO₂-Bepreisung davon auszugehen, dass mittelfristig ein deutlicher Preisanstieg ansteht“, warnt Lörincz. Sein Rat: Weg von fossilen Brennstoffen, hin zu nachhaltigen Heizsystemen. Wärmepumpen, Pelletheizungen oder Fernwärme auf Basis erneuerbarer Energie seien nicht nur umweltfreundlicher, sondern inzwischen auch attraktiv gefördert worden.
Auch die Stadtwerke investieren seit Jahren in den Ausbau klimafreundlicher Versorgungssysteme - von der Modernisierung bestehender Netze bis zu neuen Wärmekonzepten für ganze Quartiere. Noch ist der Weg weit, aber die Richtung stimmt.
Zwischen Kontrolle und Vertrauen
Trotz aller politischen Programme, Förderungen und Tipps bleibt eines spürbar: Die Menschen in der Region wollen verstehen, was mit ihren Heizkosten passiert. Sie erwarten Transparenz und Lösungen, die sie mittragen können.
Die Stadtwerke setzen dabei auf Dialog, die Verbraucherzentrale auf Aufklärung. Beide eint ein Ziel: Energie soll bezahlbar bleiben, aber bewusster genutzt werden.
Vielleicht ist das die eigentliche Botschaft dieses Winters: Heizen ist heute mehr als nur eine technische Frage. Es ist eine Frage des Vertrauens - in Politik, in Anbieter und in das eigene Verhalten. Denn wer bewusst heizt, spart nicht nur Energie, sondern bekommt auch ein Stück Sicherheit zurück.