Salzgitter-Bad. Etwa 15 Bauern aus Salzgitter und Umgebung standen am gestrigen Samstag zwischen 9 und 14 Uhr vor dem E-Center in Salzgitter Bad. Mit Traktoren, einer Kartoffelroder, einer Pflanzenschutzspritze, Düngerstreuer und Sähmaschine präsentierten sie sich, um die Landwirtschaft aus der Region den Bürgern etwas näherzubringen. Vor Ort ergaben sich interessante Gespräche zwischen Passanten und Landwirten. Diese seien auch nicht abgeneigt, solche "Infostände" in Zukunft zu wiederholen.
"Wir wurden angesprochen, ob wir nicht mal die Landwirtschaft den Bürgern ein wenig näher bringen wollen. Auch, damit sich die regionalen Landwirte mal ein bisschen vorstellen. Und die Bürger einfach mal wissen, wer hier was produziert und auch regional produziert", beschreibt Phillipp Buerschaper, Betriebsleiter eines landwirtschaftlichen Betriebes in Groß Elbe, sein Anliegen. Man wolle präsent sein und den Bürgern die Landwirtschaft näher bringen. "Wir wollen mehr Akzeptanz schaffen. Wir wollen Aufklärungsarbeit leisten und zeigen, dass es eigentlich alles gar nicht so ist, wie es in den Medien oft dargestellt wird", so Buerschaper weiter. Eines der in Gesprächen behandelten Themen betraf die Lebensmittelpreise. Der Fernsehsender ARD fragte im Februar in seiner Serie "DeutschlandTrend", ob der Lebensmittelverkauf unter Herstellerkosten verboten sein sollte. 73 Prozent stimmten dem zu. Etwa jeder zweite Deutsche bewertete die Lebensmittelpreise insgesamt als "zu niedrig".
Unsere Region ist Zuckerrübenhochburg
Landwirt Buerschaper nimmt die Einzelhändler selbst jedoch in Schutz und sieht ein eher systematisches Problem: "Der Lebensmitteleinzelhandel ist, was jetzt Edeka zum Beispiel angeht nicht so ausschlaggebend. Letzten Endes ist es der gesamte Handel in Deutschland, der das bewirkt." Besonders Zucker werde häufig unter Wert verkauft. Das trifft die Landwirte unserer Region umso mehr, da Südniedersachsen das mit Abstand größte Zuckerrübenanbaugebiet Deutschlands ist. Teilweise dienen mehr als 10 Prozent der verfügbaren Ackerfläche dem Anbau von Zuckerrüben. Buerschaper dazu: "Wir können unseren Zucker hier für die aktuellen Preise nicht mehr erzeugen. Der wird dann aus anderen Ländern bezogen. Bei Getreide und Kartoffeln sieht es ähnlich aus."
"Es ist eine Schweinerei, dass Lebensmittel so verramscht werden."
Wer regionale Produkte kauft, investiere dabei vor allem auch immer in den Wohlstand seiner Region, findet der Landwirt: "Wer regionale Produkte einkauft, fördert damit auch regionale Arbeitsplätze. Das Geld wird in die regionale Wirtschaft gepumpt und bleibt in der Region. Besonders die kleinen Betriebe werden damit unterstützt"
Handelsstrukturen unter die Lupe nehmen
Harm Waßmuß, Ackerbauer aus Gustedt, ergänzt die Ausführungen seines Vorredners: "Der Handel hat ja schon seit einigen Jahren das Gesetz, dass er nicht unter Einstandspreis verkaufen darf", erläutert der Landwirt. Beim sogenannten Einstandspreis handelt es sich um den Einkaufspreis, zu der die Nebenkosten der Beschaffung wie beispielsweise die Logistik enthält. "Das Perverse an dem System ist leider, dass es irgendwo Verkäufer gibt, der die Produkte dann zu viel zu geringen Preisen an den Einzelhandel weiter gibt. Man muss zukünftig beide Parteien ins Visier nehmen: Einmal den Verkaufenden an den Handel, wie auch den Handel, der solche Chancen dann ergreift. Da muss man einfach sagen: 'Es ist beides moralisch verwerflich'"
Mehr Denken, weniger wegwerfen
Das Mindesthaltbarkeitsdatum: Jeder kennt es, und für viele stellt es eine magische Linie dar, ab welcher ein Produkt in den Müll wandert. Im Internet kursiert dazu der treffende Spruch "Es heißt: 'Mindestens haltbar bis" und nicht "Sofort tödlich ab". Das Bewusstsein dafür müsse nicht nur nach Meinung der Landwirte geschärft werden. Nach Zahlen des Bundesumweltamtes landet rund ein Drittel aller erzeugten Lebensmittel im Müll.
Philipp Buerschaper appelliert, das Haltbarkeitsdatum eher als Hinweis zu verstehen: "Ich würde sagen wir müssen alle mal wieder an unsere Sinne appellieren und sagen 'Solange das Lebensmittel da drin keine Haare hat und mit mir spricht, kann ich es eigentlich essen'. Und wenn die Nase mir beim Verzehr dann auch noch suggeriert, dass es essbar ist und nicht stinkt, warum soll ich dann einen Joghurt, der vielleicht 14 Tage über dem Haltbarkeitsdatum ist, einfach wegwerfen? In dem Bereich müssen wir mal wieder lernen, mit den eigenen Sinnen zu essen."
Die Landwirt beurteilen die Versammlung vor dem E-Center als durchaus positiv. Man plane stets neue Aktionen, erklärt Buerschaper abschließend. Es sei durchaus möglich, dass man eine solche Begegnungs- und Dialogveranstaltung wiederhole.
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