Wirkungslose Mooswände und drei Geschäftsführer für sieben Mitarbeiter

Zwei Fälle aus der Region haben es in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft.

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Die Mooswand in der Hans Sommer Straße. Archivbild
Die Mooswand in der Hans Sommer Straße. Archivbild | Foto: Alexander Dontscheff

Region. Am gestrigen Dienstag ist das neue Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler (BdSt) erschienen. Erneut wird hier anhand von ausgewählten Fällen auf die Verschwendung von Steuergeldern aufmerksam gemacht. Mit dabei sind auch zwei Fälle aus unserer Region: die sogenannte CityTrees (Mooswände) in Braunschweig und die Tankumsee GmbH im Landkreis Gifhorn.



Im April 2019 ließ die Stadt Braunschweig zwei sogenannte CityTrees, mit Moos bepflanzte Gitterwände, in der Stadt errichten. Die Mooswände kosteten 112.500 Euro (inklusive Betriebskosten) und sollten laut Hersteller wahre klimatische Wunder bewirken. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten die Herstellerangaben jedoch nicht bestätigen, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundes der Steuerzahler. Die fragwürdigen Mooswände hätten zudem eine Finanzspritze des Bundesumweltministeriums zum Braunschweiger Stadtbegrünungs- und Klimaschutzprogramm gesichert. Für den Bund der Steuerzahler ein Paradebeispiel für die Fehlanreize des deutschen Fördersystems.

Mooswände nur vorgeschoben?


Konkret meint der Steuerzahlerbund den „Förderaufruf für investive Kommunale Klimaschutz-Modellprojekte“ des Bundesumweltministeriums aus dem Jahr 2016. Das Ministerium habe nach innovativen Projekten gesucht, die „durch eine direkte, weitreichende Treibhausgasminderung einen beispielhaften Beitrag zu den Klimaschutzzielen der Bundesregierung leisten“ und eine 80-prozentige Förderung in Aussicht gestellt. Der Stadt Braunschweig unterstellt der BdSt in seinem Schwarzbuch nach einer günstigen Möglichkeit für die Erweiterung des „Stadtgrüns“ gesucht und gefunden zu haben. Der eingereichte Förderantrag „Braunschweig – Klimaschutz mit urbanem Grün“ habe die Pflanzung von 650 neuen Stadtbäumen, die Begrünung von Dächern und Fassaden öffentlicher Gebäude (14.575 Quadratmeter) und die Pflanzung von 15 Hektar „Energiewald“ vorgesehen. Die Vorhabensumme habe sich auf 1,59 Millionen Euro (zuzüglich Planungskosten) belaufen. Da diese Begrünungsmaßnahmen alleine nicht besonders „innovativ“ im Sinne des Förderprogramms gewesen seien, hätte die Stadt die „CityTrees“ mitaufgenommen. Die vom Hersteller zugesagte Bindung von Feinstaub- und Rußpartikeln sei so groß gewesen, dass von den beiden Mooswänden eine größere Treibhausgasminderung hätte ausgehen sollen als von allen übrigen geplanten Maßnahmen zusammen. Dafür habe es zwar keine Belege gegeben und habe sich später auch nicht bestätigt, sei aber so in den Förderantrag mit eingeflossen. Fast 1,9 Millionen Euro habe der Bund der Stadt gezahlt.


Auch die Tankumsee GmbH in Isenbüttel hat es in das Schwarzbuch geschafft. Im Februar 2021 hatte der Aufsichtsrat der sich in öffentlicher Hand befindlichen und dauerdefizitären Tankumsee GmbH eine weitere Geschäftsführerin bestellt, heißt es in der Pressemitteilung des BdSt. Der Aufsichtsrat habe den dritten Chefposten mit der Anschaffung eines neuen Kletterturms direkt am Badesee gerechtfertigt. Nach öffentlicher Kritik auch des Bundes der Steuerzahler gebe es mittlerweile aber wieder eine zweiköpfige GmbH-Führungsspitze.

Drei Geschäftsführer für sieben Mitarbeiter


In seinem Schwarzbuch weist der Steuerzahlerbund auf die schlechte Finanzlage der Tankumseegesellschaft hin, die daraus resultiere, dass der Zutritt zum See trotz Badebetriebs unentgeltlich sei. Daher sollten die Gesellschafter bemüht sein, das Defizit der Betriebsgesellschaft so gering wie möglich zu halten, denn letztlich müssten dafür die Steuerzahler aufkommen. Erst im Dezember 2020 hätten die Gesellschafter einen Liquiditätskredit von 400.000 Euro gewähren müssen, um die Gesellschaft in der Coronazeit am Leben halten zu können. Trotzdem habe der Aufsichtsrat im Februar 2021 eine dritte Geschäftsführerin bestellt, die ihren Posten im April antrat. Dabei habe die Gesellschaft in den vergangenen Jahren durchschnittlich nur sieben Mitarbeiter beschäftigt.


Die öffentliche Kritik an der „Wasserkopfstruktur“ der Tankumsee GmbH habe nicht lange auf sich warten lassen. Knapp zwei Monate nach Amtsantritt der neuen Geschäftsführerin wurde berichtet, dass einer der bisherigen Geschäftsführer die Tankumsee GmbH aus gesundheitlichen Gründen verlassen werde. Dem BdSt sei vom Aufsichtsrat mitgeteilt worden, dass es keine Planungen gebe, die vakante Stelle erneut auszuschreiben.


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