Atom-Lichterkette von der ASSE bis Schacht Konrad: "Geschlossenheit demonstrieren"

von Marc Angerstein


| Foto: Privat



[image=5e1764d1785549ede64cd0c6]Etwa 120 Menschen trafen sich am Sonntagnachmittag auf dem Wolfenbütteler Stadtmarkt zur AufTAKTkundgebung für die Lichterkette 2012. Es wurden mehr erwartet, aber ein leichter Niselregel setzte am Nachmittag ein, kein einladendes Wetter. Alle anderen, die zu dieser Veranstaltung gekommen wären, waren offenbar mit den letzten Vorbereitungen für[image=5e1764d1785549ede64cd0c7] die Lichterkette beschäftigt: Einige tausend Menschen säumten die Straßen, von Salzdahlum über den Asse-Schacht bei Remlingen bis in die Stadt Wolfenbüttel. Von der Kernstadt weiter über Fümmelse in Richtung Salzgitter zum Schacht Konrad zog sich die Lichterkette. WolfenbüttelHeute.de begleitete Landrat Jörg Röhmann, der weite Teile der Strecke abfuhr. Einer der bestorganisierten Abschnitte war wohl die Strecke Mönchevahlberg-Dettum, allerdings gab es auf der Strecke auch vereinzelte Lücken.


[image=5e1764d1785549ede64cd0c8]18.11 Uhr, Landrat Jörg Röhmann besucht den Versorgungsstand in Wittmar.


"Bisher ist mehr Polizei unterwegs als Teilnehmer."

Bürgermeister Andreas Becker: "Es geht wohl erst ab 18.30 Uhr los."


Das Anliegen der Lichterkette ist im Aufruf zusammengefasst: „Ein Jahr nach Fukushima laufen [image=5e1764d1785549ede64cd0c9]immer noch Atomanla­gen und mit der Rückholung aus der ASSE II ist nicht begonnen worden. Wir akzeptieren kein ‚Restrisiko‘, keine ‚Niedrigstrahlung‘ und keine Flutung des Atommülls!”

[image=5e1764d1785549ede64cd0ca]Am ersten Jahrestag der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima haben Menschen an zahlreichen Orten in Niedersachsen gegen die Kernkraft demonstriert. Die Lichterkette  in unserer Region gilt als die bundesweit größte Veranstaltung. Für etwa 20 Minuten verband ein Lichtband aus Fackeln, Feuerkörben und brennenden Öltonnen die Schachtanlage Asse 2, den Schacht Konrad bei Salzgitter und die umstrittene Braunschweiger Firma Eckert & Ziegler, die radioaktive Abfälle aus Medizin und Forschung verarbeitet.

[image=5e1764d1785549ede64cd0cb]18.23 Uhr, Landrat Jörg Röhmann gibt radio SAW ein Interview.


Astrid Wessler fragte "Warum sitzen Sie nicht auf Ihrem Sofa?"

Röhmann: "Das gäbe hier einen Aufschrei."

[image=5e1764d1785549ede64cd0cc]Streckenkoordinatorin Erica Neumann eröffnete die Kundgebung auf dem Wolfenbütteler Stadtmarkt und leitete eine Schweigeminute ein, im Gedenken an die Opfer von Erdbeben und Tsunami in Japan am 11. März letzten Jahres sowie im Gedenken an die Opfer der vom Erdbeben ausgelösten Reaktorkatastrophen von Fukushima. Die Reaktorkerne dreier Atomkraftwerke waren vor einem Jahr im Laufe des Wochenendes geschmolzen.

[image=5e1764d1785549ede64cd0cd]18.32 Uhr, Landrat Jörg Röhmann trifft Udo Dettmann.



Bodo Walther, Vorsitzender des Japan-Arbeitskreises der evangelischen Landeskirche, konnte aus [image=5e1764d1785549ede64cd0ce]den Eindrücken seiner letzten Japan-Aufenthalte berichten: „Durch diesen Super-Gau wurde das ganze Land in seinen Grundfesten erschüttert. Nahezu reflexartig setzte die Maschinerie des Abwiegelns, der Beschwichtigung und der Verschleierung ein. Betreiber, Regierung und Aufsichtsbehörden versuchten das wahre Ausmaß der Katastrophe herunterzuspielen.” Anfang März habe die japanische Regierung [image=5e1764d1785549ede64cd0cf]angekündigt, dass sie zum Schutz der Beschäftigten in den havarierten AKWs neue Richtlinien erlassen wird. Doch Walther ist skeptisch: „Mit solchen Ankündigungen wird nach meiner Einschätzung auch nur Augenwischerei betrieben. Und das sichert schon gar nicht die medizinische und psycho-soziale geschweige denn finanzielle Versorgung der bereits in den havarierten Meilern im Einsatz gewesenen Arbeiter.”

[image=5e1764d1785549ede64cd0d0]Andreas Riekeberg vom Asse II-Koordinationskreis beschrieb die Folgen eines Verbleibs des Atommülls in der Asse: „Wer den Atommüll in der Asse lassen will, der nimmt in Kauf, dass der Atommüll aufgelöst und ausgepresst wird.”

[image=5e1764d1785549ede64cd0d1]19:08 Uhr, Landrat Jörg Röhmann trifft Willi Dietzsch, geistlicher Beistand ist ihnen sicher.



[image=5e1764d1785549ede64cd0d2]Dr. Ralf Krupp hatte Mitte 2010 modelliert, was passiert, wenn der Schacht geflutet und verschlossen wird: der Atommüll löst sich in der Lauge auf, Metalle korrodieren, das setzt Wasserstoff frei, ein Druck baut sich auf und presst radioaktiv kontaminierte Lauge und Gase aus der Asse aus. Sie dürften auf dem Weg nach oben kommen, über den jetzt Lauge zutritt, und ins Oberflächenwasser gelangen.

[image=5e1764d1785549ede64cd0d3]„Das droht, das Wasser der ganzen Region zu kontaminieren. Das darf nicht sein, soweit darf es nicht kommen. Wir wollen kein Opfergebiet der Atomindustrie werden. Genausowenig wie Gorleben, wie Morsleben oder wie Salzgitter mit dem Schacht Konrad.” Angesichts des bevorstehenden Besuches von Bundesumweltminister Norbert Röttgen in der Asse sagte er: „Wenn Röttgen morgen in die Asse kommt, dann muss ihm genau das dort gesagt werden. Von möglichst vielen Menschen.”

[image=5e1764d1785549ede64cd0d4]Streckenkoordinatorin Eleonore Bischoff (WAAG) sagte, es gelte auch nach Fukushima und in Bezug auf die Asse, was Inge Aicher-Scholl vier Wochen nach Tschernobyl am 23. Mai 1986 formulierte: „Jetzt werden wir nicht mehr sagen können, / wir hätten von nichts gewusst [...] Wenn wir heute nichts dagegen unternehmen, / werden sie sich morgen bedanken / für unser Stillhalten und unsere ,Vernunft' / Jeder muss überlegen, was er tun kann. / jeder an seiner Stelle."

Zum Abschluss wurden Origami-Kraniche an die Teilnehmer verteilt. Die in Wolfenbüttel schon vor zwei Jahren von der WAAG begonnene Aktion „1.000 Kraniche für eine atommüllfreie Asse” hatte durch die Katastrophe in Fukushima eine neue Aktualität bekommen. Eleonore Bischoff erinnerte an den Hintergrund dieser Aktion: „Eine alten japanische Legende besagt, dass die Götter dem einen Wunsch erfüllen, der 1000 Kraniche faltet. Bekannt wurde sie durch die wahre Geschichte von Sadako Sasaki, das 10 Jahre nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima an Leukämie erkrankte.”

Musikalisch wurde die AufTAKTkundgebung von den beiden Duos Sandalwood und Johanna Kreiß & Maximilian Reinhard gestaltet, letztere sangen zum Abschluss „Wir lassen die Kraniche fliegen” von Klaus W. Hoffmann.

Einen Tag vor dem Besuch des Bundesumweltministers Norbert Röttgen sollte diese Lichterkette offenbar auch Geschlossenheit demonstrieren. Live-Bands, Samba-Gruppen oder Chöre begleiteten die Lichterkette. Unterstützer versorgten die Teilnehmer mit Fackeln, Kaffee, Glühwein und Bratwurst.


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