AWO: "Betreuungsgeld schafft Bürokratiemonster und verhindert Bildungsgerechtigkeit"




„Von der versprochenen Wahlfreiheit sind wir mindestens 220.000 Betreuungsplätze* entfernt“, erklärt der Vorstandsvorsitzende des AWO-Bezirksverbandes Braunschweig, Rifat Fersahoglu-Weber, im Hinblick auf die morgige Bundestagsabstimmung über das Betreuungsgeld. Zudem sei völlig unklar, wie es in der Praxis umgesetzt werden wird: „Soll die öffentliche Verwaltung dann monatlich kontrollieren, ob das Kind tatsächlich zu Hause betreut wird? Das ist doch grotesk, damit schaffen wir ein Bürokratiemonster“, gibt Fersahoglu-Weber zu bedenken und ergänzt: „In die Entscheidung, ob ein Kind zu Hause oder in einer Kita betreut wird, darf der Staat nicht eingreifen, indem er Geld dafür bietet, ein öffentliches Angebot nicht anzunehmen.“

Eine frühzeitige Betreuung sei insbesondere für den Spracherwerb wichtig, betont Fersahoglu-Weber in Bezug auf die Tatsache, dass nur 14 Prozent* der unter dreijährigen Kinder mit einem Migrationshintergrund in einer Kita oder von einer Tagesmutter betreut werden. „Es ist trauriger Fakt, dass neben der soziale Herkunft der Migrationshintergrund in Deutschland eine entscheidende Rolle für die Bildungschancen von Kindern spielt. Nur eine frühe Förderung schafft gerechte Bildungsvoraussetzungen für alle Kinder.“ Erfahrungen aus Norwegen und Thüringen hätten gezeigt, dass genau die Kinder, die am meisten von einer frühen Förderung profitieren würden, zu Hause gelassen würden.

Und auch die so genannte Bildungskomponente, die das Betreuungsgeld ergänzen soll, mache das Betreuungsgeld nicht besser. „Anstatt Arbeitsplätze in Kitas zu fördern, werden diese nun in der öffentlichen Verwaltung und in der Versicherungswirtschaft entstehen“, kommentiert Fersahoglu-Weber den zusätzlichen bürokratischen Aufwand, den das Betreuungsgeld und die Bildungskomponente verursachen. „Von den 15 Euro für das Bildungssparen profitieren nur gut situierte Familien. Die anderen nehmen die 100 bzw. 150 Euro, weil sie sie brauchen“, betont Fersahoglu-Weber und fordert deshalb: „Die geplanten Mittel für das Betreuungsgeld müssen dafür in die Hand genommen werden, die Qualität in der frühkindlichen Bildung zu steigern und den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, der ab August 2013 gelten wird, sicherzustellen.“

*Quelle: Statistisches Bundesamt


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