Beschönigung des Holocaust? FDP und "Erinnerer" streiten um Bürger Museum

"Erinnerer" Jürgen Kumlehn und der FDP-Fraktionsvorsitzende Rudolf Ordon streiten sich einmal mehr um das Bürger Museum. Auch eine Familie aus Hannover ist mit von der Partie.

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Der Streit um das Bürger Museum geht in die nächste Runde.
Der Streit um das Bürger Museum geht in die nächste Runde. | Foto: Archiv

Wolfenbüttel. "Bagatellisierung der Shoa", "Geschichtsklitterung", "NS-Beschönigungskultur". Der selbsternannte "Erinnerer" Jürgen Kumlehn und die Hannoveraner Familie Gottschalk sparen nicht mit Kritik am Bürger Museum der Stadt Wolfenbüttel. Für den FDP-Fraktionsvorsitzenden Rudolf Ordon geht die Kritik entschieden zu weit. In einer Pressemitteilung kündigt er nun an, dass seine Partei im Rat beantragen werde, Kumlehn und der Familie Gottschalk davon abzuhalten "das Museum nach deren kruden Vorschlägen zu verändern."


Stein des Anstoßes war demnach das am 5. Februar verliehene Museumsgütesiegel des Landes an das Bürger Museum. Hier sei die Kritik wieder aufgekommen, die Jürgen Kumlehn bereits seit der Eröffnung 2017 äußerte. Einig mit Kumlehn ist sich eine Familie Gottschalk aus Hannover, die sich an einer angeblichen "Bagatellisierung der Shoa", also des Holocaust, und an "Herabwürdigung der in jenen Zeitepochen lebenden Personen, insbesondere der Juden" stört. Entsprechend fordere die Familie die sofortige Schließung des Museums.

Auch Kumlehn erneuerte im Gespräch mit regionalHeute.de seine Kritik am Museum. Er diagnostiziert dem Museum eine "NS-Beschönigungskultur" und einen aus seiner Sicht verheerenden Umgang mit der Vergangenheit. "Eine Gruppe", glaubt Kumlehn, "wird ganz bewusst im Museum ausgelassen - die Arbeiterschaft!" Es sei, noch einmal, "verheerend", dass die Museumsdirektorin von Wolfenbüttel als traditioneller Bürgerstadt spreche. Damit würden die Arbeiter ausgeschlossen. Ordon, so Kumlehn weiter, könne er schon gar nicht mehr ernst nehmen. "Ohne arrogant klingen zu wollen, aber ich glaube, dass ich mehr in diesen Sachen weiß, als Herr Ordon. Immerhin forsche ich seit Jahren daran. Das tut Herr Ordon nun mal nicht." Auch die Vorwürfe, dass er seine Kritik mit der Familie Gottschalk koordiniert hätte, weist der Erinnerer von sich: "Das ist alles erlogen!"

Ordon: "Wissenschafts- und freiheitsfeindliche Agitation!"


Ordon ist sich dagegen sicher, dass Kumlehn und die Gottschalks in Absprache gegen das Museum vorgingen. Er hält die Kritik von Kumlehn und den Gottschalks für "teils unerträglich". Gerade für den Vorwurf, dass das Museum den Holocaust relativiere, habe er kein Verständnis. Immerhin ginge es im Bürger Museum vor allem um die Darstellung des alltäglichen Lebens der Wolfenbütteler Bürger in den letzten 500 Jahren. Man habe gar nicht die Kapazitäten, um eine "vollständige Darstellung dieser Geschichte" zu zeigen. Schon allein aus räumlichen Gründen. Daher werde die FDP-Fraktion sich im Rat dafür einsetzen, dass "dieses wissenschafts- und freiheitsfeindliche agitatorische Vorgehen" und die "kruden Vorstellungen" keinen Einfluss auf das Bürger Museum bekämen.

Die Leitung des Museums und die Stadt Wolfenbüttel wollten sich auf Anfrage von regionalHeute.de nicht zu der Sache äußern.


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