Warum dauert es so viele Jahre, bis man einen neuen Standort für die 2016 demontierte Wolf-Skulptur gefunden hat? Die Erklärung der Stadt Wolfenbüttel darauf kann nicht wirklich ernst gemeint sein. Es fehlt der Mut, Fehler zu erkennen und Schlüsse daraus zu ziehen.
Nicht Monate, sondern Jahre zu brauchen, um sich Gedanken zu machen, wie man mit Kunst im Öffentlichen Raum umgehen will und immer noch kein Ergebnis vorlegen zu können, wirft so einige Fragen auf. Die Stadt erklärt, dass man das entsprechende Objekt natürlich "nicht einfach irgendwo" hinstellen könne. Es müsse einen entsprechenden Kontext haben. Klar, das leuchtet ein. So ein Kontext will aus künstlerischer oder auch kunsthistorischer Sicht wohlüberlegt sein und ist für einen später zu konzipierenden (touristischen) Kunstrundgang entscheidend. Doch gerade Kunst ist auch streitbar, weswegen es ratsam gewesen wäre, Diskussionen von vornherein zeitlich zu begrenzen. Doch stattdessen heißt es auch im Februar 2023 noch von der Stadt Wolfenbüttel: "Die Expertenkommission wird sich noch zu dem Thema beraten und Empfehlungen aussprechen."
Es dürfte außer Frage stehen, dass sich die überwiegende Menge der Betrachter - sollten Wolf, Apfel & Co. jemals wieder prägnant im Stadtbild auftauchen - ein Ei auf die Gedanken der Experten und ihre Standortentscheidungen pellen wird. Ausnahmen dürften hier vielleicht in geringem Umfang noch historisch geprägte Objekte bilden.
Hinter der langandauernden Zeit für Standortsuche und Konzeptionierung ist doch eher mangelnde Organisation zu vermuten. Auch wenn die Stadt Wolfenbüttel dies nicht einräumt und es stattdessen mit Verzögerungen durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg oder die Energie-Krise begründet wissen will. Treffen hätten nicht stattfinden können oder das vorhandene Personal sei mit anderen Aufgaben befasst gewesen. Seit Beschluss im Dezember 2018 zur Durchführung einer Fachtagung und Einberufung einer Expertenrunde sind nun schon mehr als vier Jahre vergangen. Der Krieg in der Ukraine und die später daraus entstandene Energie-Krise begann erst am 24. Februar 2022. Und während der Corona-Pandemie stand das kulturelle Leben nahezu still, sodass man die gewonnene Zeit bestimmt dafür hätte nutzen können. Physische Treffen waren zunächst ersetzbar, später auch wieder möglich. Die Personal-Karte zieht man bei der Stadt sehr gerne als totschlagendes Argument für nicht erledigte Aufgaben. Wer kann das schon überprüfen?
Hat man bei der Stadtverwaltung einen ganzheitlichen Überblick über alle offenen Aufgabenpunkte? Das ist anzuzweifeln. Würde man tiefer einsteigen, ließen sich mit Bestimmtheit weitere Beispiele finden. Bürgermeister Ivica Lukanic ist jetzt seit November 2021 im Amt. Sein Vorteil war, dass er die Verwaltungsabläufe als Stadtbaurat bereits sehr gut kannte und somit wissen muss, wo Stellschrauben zu drehen oder auszutauschen sind. Jetzt wo er der Manager des Rathauses ist, braucht er endlich Mut und Durchsetzungsvermögen, um alte Gewohnheiten zu verändern.
Vielleicht findet dann auch der Wolf endlich einen neuen Platz in der Stadt. Wie wäre es als Mahnmal mit Blickrichtung Rathaus? Von dort bekam Bildhauer Erich Schmidtbochum einst den Auftrag, einen bissigen Wolf zu erschaffen. Damit wollte man den Künstler, der die Stadt für eine fehlende Wertschätzung seiner Kunst kritisierte, versöhnlich stimmen. Ein absurder Kontext, nicht wahr?
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