Uns erreichte eine Pressemitteilung der Wolfenbütteler-Atom-Ausstiegs-Gruppe zu dem morgen (Freitag) stattfindenden Atom-Gipfel von Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Vertretern der Länder. Demnach fordern jetzt Bürgerinitiativen der Standorte ASSE II, Morsleben, Gorleben und Schacht KONRAD in einer gemeinsamen Erklärung auf, sich einem grundsätzlichen Neuanfang beim Umgang mit dem Atommüll zu stellen. Wir veröffentlichen die Pressemitteilung und auch die Erklärung - wie immer - ungekürzt und unkommentiert:
"Wir wissen jetzt gerade mal, wie Atommülllagerung nicht geht, deshalb wissen wir noch lange nicht, wie es gehen kann. Beim jetzigen wissenschaftlichen und politischen Erkenntnisstand kann bei einer Gesetzgebung kein Endlagersuchgesetz, sondern nur ein Gorleben- und Schacht Konrad- Durchsetzungsgesetz herauskommen. Das lehnen wir entschieden ab!", erklärt Kertin Rudek für die BI Lüchow-Dannenberg.
Es gehe derzeit auch nicht darum, an neuen Standorten alten Fahler zu wiederholen: "Asse II, Morsleben und der Strahlenskandal im Zwischenlager Gorleben sind mehr als genug: wir brauchen kein neues Gesetz und keine neuen Standorte, wir brauchen ein neues Konzept, das die Erkenntnisse aus 40 Jahren verfehlter Atommüllpolitik berücksichtigt", erläutert Silke Westphal für die Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD.
Eine wichtige Erkenntnis aus ASSE II und Morsleben sei etwa, dass die Lagerung kontrollierbar sein und es möglich sein muss, korrigierend einzugreifen, wenn sich Annahmen und Prognosen als falsch erweisen. "Die Ewigkeitslast Atommüll kann nicht "endsorgt" werden", warnt Eleonore Bischoff von der Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe (WAAG), "Sie verzeiht weder Fehlentscheide, Experimente noch Scheinlösungen. Wir um Asse II und Morsleben erleben leider, wovon wir hier reden."
Aufgabe sei zunächst, die Rahmenbedingungen für eine offene gesellschaftliche Diskussion zu schaffen. Dazu gehört die Aufgabe der Standorte Gorleben und KONRAD und es dürfe kein weiterer Atommüll produziert werden. Außerdem werden staatliche Garantien verlangt, dass es sich um eine singuläre Lösung für die exakt zu bestimmende Menge und Zusammensetzung des in Deutschland angefallenen Atommülls handelt. Alle in Betracht kommende Standorte müssen bis zum Schluß Herr aller Verfahren bleiben und jederzeitiges ein Veto-Recht haben.
Die gemeinsame Erklärung im Wortlaut:
Statt Alternative Endlagerstandorte:
„Alles auf Null“
Am 11.11.2011 werden sich der Bundesumweltminister Röttgen und Vertreter der Länder treffen, um über den zukünftigen Umgang mit Atommüll zu beraten.
Dazu stellen wir fest:
1. Der Ansatz, lediglich nach einer kleinen Anzahl alternativer Standorte zu suchen, ist der Falsche. Nach den katastrophalen Erfahrungen mit den Atommülllagern Asse II und Morsleben und den Skandalen um Gorleben kann es längst nicht mehr nur um alternative Standorte für die Endlagerung gehen.
2. Wer eine vergleichende Betrachtung verschiedener Standorte unter „breiter Beteiligung der Öffentlichkeit“ fordert, verkennt oder versucht zu verschweigen, dass nach geltendem Recht am Ende ein Genehmigungsverfahren steht, auf das Betroffene keinen Einfluss haben.
3. Das Atommüll-Desaster in Asse II und Morsleben hat deutlich gezeigt:
•eine in der Zukunft liegende und von verschiedenen Faktoren abhängige Langzeitsicherheit kann nie nachgewiesen, sondern allenfalls vermutet werden, es gibt ergo keinen „Langzeitsicherheitsnachweis“,
•die bisher getroffenen Prognosen sind in der Realität nicht belastbar, da sie auf Modellrechnungen und Laborversuchen basieren,
•ein Endlagerkonzept ohne Möglichkeit, gelagerten Atommüll langfristig kontrollieren und korrigierend eingreifen zu können, ist nach den Erfahrungen in Asse II weder politisch noch ökonomisch oder ethisch vertretbar.
4. Eine sichere (End-) Lagerung von Atommüll ist nicht möglich. Zur Risikominimierung gehört deshalb die unverzügliche Abschaltung der Atommüll produzierenden Anlagen, um die Müllmenge auf das jetzige Übel zu beschränken.
5. Eine am Kriterium der Sicherheit ausgerichtete Suche nach einem verantwortungsvollen Umgang mit Atommüll muss frei von Einflüssen lobbyistischer Politik und Wirtschaft sein
Wir fordern daher den völligen Neuanfang der gesellschaftlichen Diskussion, wie die langfristige Verwahrung der atomaren Hinterlassenschaften mit dem objektiv geringsten Risiko möglich, nachvollziehbar, vertretbar und akzeptabel sein kann. Dabei müssen u.a. alle Vor- und Nachteile der Lagerung über Tage, oberflächennah oder in tiefen geologischen Formationen auf dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen neu betrachtet werden.
Voraussetzungen für eine offene gesellschaftliche Diskussion sind,
•die Aufgabe der vorbelasteten, auf dem gescheiterten Konzept beruhenden Standorte Gorleben und Schacht KONRAD;
•dass die Menge und stoffliche Zusammensetzung des in Deutschland produzierten Atommülls abschließend definitiv festgestellt ist;
•dass staatlicherseits verbindliche Rechtssicherheit hergestellt wird, dass es in Deutschland eine singuläre Lösung ausschließlich für den so spezifizierten Müll gibt,
•dass jeder betroffene Standort darüber hinaus bis zum Schluß unmittelbaren rechtlichen Einfluss auf alle Verfahren hat, bis hin zum Vetorecht;
•dass alle Lasten, die durch die Lagerung von Atommüll entstehen, auszugleichen sind, hierbei ist eine Beweislastumkehr gesetzlich zu verankern;
•alle Optionen erhalten bleiben, den in den Schachtanlagen Asse II und Morsleben vorhandenen Atommüll in ein neues Lagerungskonzept zu überführen.
Wir fordern den Bundesumweltminister und die Vertreter der Länder auf, sich diesem Neuanfang zu stellen.
Silke Westphal, Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD,
Kerstin Rudek, Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg,
Eleonore Bischoff, Wolfenbütteler AtomAusstiegsGruppe (WAAG).
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