Busemann: “Streitschlichtung statt grenzüberschreitender Gerichtsverfahren”




[image=5e1764b4785549ede64cca90]Der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann hat sich dafür ausgesprochen, „einen übersichtlichen und praxistauglichen europäischen Streitschlichtungsmechanismus aufzubauen“. Dafür wolle er sich über den Bundesrat einsetzen, um grenzüberschreitende Gerichtsverfahren möglichst zu verhindern, sagte Busemann in seinem Grußwort zum Europäischen Tag der Ziviljustiz heute in Oldenburg.

Hintergrund: Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, ein gemeinsames Kaufrecht einzuführen, dass bei grenzüberschreitenden Geschäften wahlweise angewendet werden kann und dann das geltende Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ersetzen würde.

„Für kleinere Unternehmen kann es reizvoll sein, ihre Waren in 27 Mitgliedstaaten unter Geltung nur einer Rechtsordnung anbieten zu können. Für den Verbraucher kann der so entstehende Wettbewerb auch sinkende Preise bewirken“, sagte Busemann. Deshalb halte er das Projekt keineswegs für chancenlos. „Ich möchte dazu ermuntern, die nun beginnende Diskussion sachlich und vor allen Dingen mit der gebotenen Gelassenheit zu führen“, so Busemann. Mitte Oktober sei seitens der Kommission ein umfassendes Regelwerk von fast 200 Paragraphen vorgelegt worden, das in Ruhe analysiert und bewertet werden müsse. Daran wollten sich die Bundesländer konstruktiv beteiligen. Bereits im Juni dieses Jahres sei die Machbarkeitsstudie, die dem Vorschlag der Kommission zugrunde liege, in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium der Justiz einer ersten umfassenden Prüfung unterzogen worden. „In Kürze werden wir auch die Gerichtspraxis beteiligen, um möglichst viele Fachaspekte in unsere abschließende Bewertung einfließen lassen zu können“, kündigte Busemann an. Die Justizministerkonferenz habe zudem beschlossen, im Frühjahr 2012 eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Zwar sei in den letzten Jahren eine Fülle punktueller vertragsrechtlicher Einzelregelungen aus Brüssel gekommen. Das BGB wurde regelmäßig geändert. Aber wenn jemand heute zum Beispiel die zivilrechtlichen Vorschriften über die Informations- und Widerrufsrechte lese, dem werde selbst als Jurist schwindelig wegen der vielen Detailregelungen, Ausnahmen, Gegenausnahmen und Verweise. „Ein juristischer Laie oder ein kleiner Unternehmer steigt da kaum noch durch“, sagte Busemann.

Dennoch bleibe fraglich, ob Unternehmer und Verbraucher das neue Instrument auch annehmen werden. Denn nicht nur das unterschiedliche Kaufrecht, sondern ebenso viele andere Faktoren bestimmten die Entscheidung, ob grenzüberschreitend Waren angeboten oder gekauft werden. Zu denken sei etwa an Sprachbarrieren oder die Sorge davor, berechtigte Ansprüche nicht angemessen durchsetzen zu können. „Letztlich wird der Markt über die Akzeptanz eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts zu entscheiden haben“, so Busemann abschließend


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