Die Linke im Landtag bringt einen Antrag zur Einführung einer flächendeckenden Sozialcard in den Landtag ein. Patrick Humke, der sozialpolitische Sprecher der Fraktion, erläuterte den Antrag heute vor Journalisten in Hannover.
„Einzelne Städte und Landkreise in Niedersachsen haben eine solche Karte bereits eingeführt. Einige Kommunen wollen sie politisch nicht, und andere können sie sich nicht leisten. Deshalb sollte das Land tätig werden.“ Der Sozialexperte verwies darauf, dass es in den Kommunen, die bereits eine Sozialcard haben, erhebliche Unterschiede bezüglich des Preises und den Möglichkeiten dieser Karte gibt. Deshalb sei zunächst eine Bestandsaufnahme geboten, die alle unterschiedlichen Modelle erfasst, um im Anschluss die Standards für eine landesweite Sozialcard festzulegen. „Im Mittelpunkt muss das Grundrecht auf Mobilität stehen. Wer von Mobilität ausgeschlossen ist, dem wird der Zugang zur Gesellschaft verwehrt“, so Humke.
Die Linksfraktion fordert in ihrem Antrag, nicht nur Hartz-IV-Empfänger zum Erhalt einer solchen Karte zu berechtigen, sondern alle Einkommensschwachen. „Die sogenannte Armutsgefährdungsgrenze liegt bei etwa 880 Euro für eine Person. Es gibt inzwischen viele Menschen, die unterhalb dieser Grenze liegen, obwohl sie Arbeit haben“, sagte Humke. Die Eigenleistung zur Sozialcard dürfe zudem nicht mehr als 18,50 Euro betragen – dieser Betrag ist im Hartz-IV-Regelsatz für die Teilhabe am Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) vorgesehen. „Die Erfahrung zeigt, dass auch diese Summe für die Betroffenen bereits hoch ist“, so Humke. Im Grundsatz tritt die Fraktion für einen kostenlosen ÖPNV ein, Vorbild sei beispielsweise die belgische Stadt Hasselt. „Insofern ist die Sozialcard ein erster Schritt in die richtige Richtung“, so Humke.
Die Fraktion will mit der Sozialcard auch die kulturelle und soziale Teilhabe verbessern. Die Inhaber der Karte sollen freien Eintritt zu öffentlich geförderten Einrichtungen haben oder einen Sozialtarif zahlen. „Die öffentliche Hand fördert Kinos, Theater, Museen, Schwimmbäder, Sportvereine und vieles mehr. Es ist nicht einzusehen, dass an vielen Orten Kinosessel frei bleiben oder Museen an Besuchermangel leiden, während viele Leute zuhause sitzen, weil sie sich den Eintritt nicht leisten können“, so Humke.
Humke rechnet mit jährlichen Kosten für die Sozialcard in Höhe von 95 Mio. Euro: „Unsere Schätzung ist bewusst hoch, damit uns kein Populismus vorgeworfen wird“. Nicht einbezogen sei, dass der ÖPNV pro Fahrgast umso günstiger werde, je mehr Menschen ihn nutzen. Außerdem könnten langfristig Kosten eingespart werden, da es weniger Verkehr auf den Straßen gibt. Nach Vorstellung der Linken soll das Land 60 Prozent und die Kommunen 40 Prozent der Kosten tragen. In Ausnahmefällen könnte die Landesbeteiligung auf bis zu 75 Prozent angehoben werden. Die Einführung einer Sozialcard hatte die Linksfraktion bereits bei den vergangenen Haushaltsberatungen im Landtag thematisiert, sie wurde jedoch von der Landesregierung abgelehnt.
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