Ich mag den September! Die Sonne steht nicht mehr so hoch und bringt ein besonderes Licht hervor. Wenn dann noch ein Greifvogel am strahlendblauen Himmel kreist, wird mir richtig warm ums Herz. Ja, der September schenkt uns im Agrarland Niedersachsen idyllische Augenblicke!
Ob das auch die Menschen spüren, die Tag für Tag in der Natur arbeiten, etwa in der Landwirtschaft? Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Viele Bauern haben ihren Beruf aufgegeben und ihre Äcker verpachtet. Andere bewirtschaften mit immer größeren Maschinen immer noch größere Flächen.
Und Höfe mit wenigen Tieren gibt es kaum noch. Tiere werden in Massen gehalten. Dabei ist oft genug nicht klar, ab wie vielen Hühnern oder Schweinen man eigentlich von Massentierhaltung sprechen muss. Die großen Ställe vor den Dörfern, für manche sind sie Zeichen einer modernen Landwirtschaft, andere sprechen abfällig von Agrarfabriken.
Sie produzieren die Hühner für die großen Schlachtanlagen – wie etwa in Wietze bei Celle. Dort können bis zu 430.000 Tiere geschlachtet werden: nicht im Monat, sondern am Tag! Ich erschrecke vor einer solchen Zahl, obwohl ich kein Vegetarier bin und auch gern Fleisch esse. Doch selbst das Nutztier ist kein Ding, keine Ware, sondern letztendlich ein Geschöpf.
Daran erinnern die kirchlichen Hilfswerke „Brot für die Welt“ und „misereor“ mit ihrem Aufruf für eine Neuorientierung in der Landwirtschaft. Dem kann ich mich anschließen, denn ich möchte nicht, dass Kleinbauern in Brasilien von ihrem Land vertrieben werden, damit auf riesigen Flächen Sojabohnen angepflanzt werden. Die dann bei uns als Sojaschrot für die billige Mästung von Hühnern und Schweinen verfüttert werden.
Die Kirchen in Deutschland begehen jedes Jahr in der Zeit vom 1. September bis zum 4. Oktober die sogenannte Schöpfungszeit. Orthodoxe, evangelische und katholische Christen wollen damit hinweisen auf Gott den Schöpfer allen Lebens. Die idyllischen Augenblicke im September lassen mich etwas erahnen von der Größe dieser göttlichen Schöpfung. Schlachtanlagen wie die in Wietze zeigen mir aber auch, dass ich manchmal streiten muss für Gottes Schöpfung und für seine Geschöpfe.
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