Ehemalige Wolfenbüttlerin Laura Eppy wird 100 Jahre alt

Lore Eppy musste mit 17 Jahren vor den Nationalsozialisten fliehen. Noch heute lebt sie in Amerika.

Laura Eppy in ihrer Wohnung in New York.
Laura Eppy in ihrer Wohnung in New York. | Foto: Stadt Wolfenbüttel

Wolfenbüttel. Am heutigen Samstag feiert die ehemalige Wolfenbüttelerin Laura Eppy ihren 100. Geburtstag. Zusammen mit ihrem Vater, dem Wolfenbütteler Arzt Dr. Siegfried Kirchheimer floh die damals 17-jährige Lore vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo sie bis heute in ihrer Wohnung in New York lebt. Dies berichtet die Stadt Wolfenbüttel.


Am 17. November 1938 sei Lore Kirchheimer an Bord des Linienschiffes „SS Manhattan“ von Bremerhaven aus in See gestochen. Ein einmaliges Fotodokument von der Überfahrt befinde sich in der Dauerausstellung des Bürger Museums Wolfenbüttel und zeige sie zusammen mit ihrem Vater an Deck des Schiffes. Die Tragik: Lore Kirchheimer habe die Flucht über den Atlantik zu diesem Zeitpunkt nur mit ihrem Vater antreten können. Erst beim Abholen der Visa im amerikanischen Konsulat in Hamburg wenige Tage vor der Abfahrt hätte Dr. Siegfried Kirchheimer erfahren, dass die Ausreisegenehmigungen für seine Ehefrau und die beiden weiteren Kinder verwehrt worden war.

Lore Eppy, 1921 in Wolfenbüttel geboren, konnte im November 1938 mit ihrem Vater, dem angesehen Wolfenbütteler Arzt Dr. Siegfried Kirchheimer in die USA fliehen und damit der nationalsozialistischen Verfolgung entkommen.
Lore Eppy, 1921 in Wolfenbüttel geboren, konnte im November 1938 mit ihrem Vater, dem angesehen Wolfenbütteler Arzt Dr. Siegfried Kirchheimer in die USA fliehen und damit der nationalsozialistischen Verfolgung entkommen. Foto: Stadt Wolfenbüttel



Die Vorgeschichte


Nach dem Terror durch das NS-Regime und dem Entzug der wirtschaftlichen Grundlage habe die jüdische Wolfenbütteler Familie Kirchheimer seit Sommer 1938 bei Verwandten in Bad Driburg gelebt. Dort hätten sie auf die Ausreisegenehmigung für die gesamte Familie in die USA gewartet. Erst 1941, unmittelbar bevor die Ausreise für alle Jüdinnen und Juden aus Deutschland verboten wurde und Deportationen in die Vernichtungslager begannen, hätten die übrigen drei Familienmitglieder Deutschland verlassen und nach New York folgen können.

Die Familie Kirchheimer habe nach Ende der nationalsozialistischen Herrschaft trotz der traumatischen Verfolgungsgeschichte den Kontakt zur ehemaligen Heimatstadt aufgenommen. Lore Kirchheimer habe später in den USA geheiratet und nennt sich heute Laura.

Dokumente dem Museum übergeben


Viele persönliche Dokumente der Wolfenbütteler Familie Kircheimer wären bereits vor vielen Jahren dem Museum Wolfenbüttel übergeben worden. 2018 beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler des elften Jahrgangs der Henriette-Breymann-Gesamtschule im Bürger Museum mit dem Teilnachlass der Familie Kirchheimer und zeichneten im Rahmen des mehrmonatigen Projektes die Verfolgungsgeschichte nach. Anlässlich der Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestages der Pogromnacht 1938, als auch die Synagoge in Wolfenbüttel niedergebrannt worden war, zeigten die IGS-Schülerinnen und Schüler in einer Großvitrine des Museum Telegramme, die in der Zeit der jahrelangen Trennung zwischen den Familienmitgliedern Kirchheimer verschickt worden waren, persönliche Fotos, Briefe Siegfried Kirchheimers, Glückwünsche des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und viele weitere persönliche Dokumente.

Die acht IGS-Schülerinnen und Schüler schrieben Laura Eppy zum Abschluss des Projektes einen rührigen Brief und schickten Fotos mit. Laura Eppy bedankte sich herzlich und übersandte ebenfalls Fotos.



Eine Hörstation in deutscher und englischer Sprache, die Biografie Siegfried Kirchheimers auf dem Tablett und persönliche Dokumente, wie das Foto von der Überfahrt, die originale Hausnummer der Praxis und zugleich des Wohnhauses und das originale Telegramm nach Besuch des US-Konsulats in Hamburg 1938, dokumentieren die Verfolgungsgeschichte der Familie Siegfried Kirchheimer in der Dauerausstellung des Bürger Museums.

Stadt gratuliert der Jubilarin


Bürgermeister Thomas Pink, der Laura Eppy ebenfalls persönlich kennt und viele Gespräche mit ihr führte, wünsche ihr alles Gute zu diesem Geburtstag. Ganz sicher auch im Namen vieler Wolfenbüttelerinnen und Wolfenbütteler, die Laura Eppy ebenfalls bei ihren zahlreichen Besuchen in Wolfenbüttel begegnet seien.

Laura Eppy hätte ihren runden Geburtstag gerne auch mit ihrem Bruder Hans Kirchheimer, dieser sei jedoch am 28. Februar 2021 im Alter von 98 Jahren verstorben.




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