Flüchtlinge: Mit welcher Unterstützung rechnen Kreis und Kommunen?

von Max Förster


Mit wie vielen aufzunehmenden Flüchtlingen und mit welcher Unterstützung von Bund und Ländern rechnen der Landkreis und die Kommunen. Foto: Max Förster
Mit wie vielen aufzunehmenden Flüchtlingen und mit welcher Unterstützung von Bund und Ländern rechnen der Landkreis und die Kommunen. Foto: Max Förster | Foto: Max Förster



Wolfenbüttel. Mit der Verkündung des Bundesinnenministers Thomas De Maizière über die erwartete Flüchtlingszahl von zirka 800.000 wurden dem Landkreis und auch den Kommunen Hilfe und Unterstützung in Aussicht gestellt (regionalWolfenbüttel.de berichtete). Unsere Online-Tageszeitung hat beim Kreis und bei den Kommunen nachgefragt, mit wie vielen aufzunehmenden Flüchtlingen und mit welcher Unterstützung von Bund und Ländern gerechnet werde.

Zu den Flüchtlingszahlen selbst könne der Landkreis bisher noch keine genauen Angaben machen. Was die zu erwartende Unterstützung betrifft, sind die Erwartungen jedoch klarer. So heißt es von der Pressesprecherin des Landkreises, Kornelia Vogt: "Wie auch bereits die kommunalen Spitzenverbände sprechen wir uns für eine Ausweitung der Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen aus. Darüber hinaus fordern wir eine zügige Durchführung der Asylverfahren, um Klarheit über Bleibeperspektiven zu schaffen. Weiterhin sehen wir es als notwendig an, die Kostenpauschale pro Flüchtling und Jahr auf mindestens 10.000 Euro zu erhöhen. Wir sind außerdem für eine strukturelle und dauerhafte Beteiligung des Bundes an den Flüchtlingskosten. Letztlich halten wir rechtliche Erleichterungen für die schnelle und leichtere Schaffung von Flüchtlingsunterkünften, zum Beispiel im Bauplanungs- und Umweltrecht, für hilfreich."

Stimmen aus den Samtgemeinden und Gemeinden


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Michael Waßmann: Hilfe von Bund und Ländern muss in der Samtgmeinde Sickte unter anderem auf Schaffung von Wohnraum abzielen Foto: Max Förster



Samtgemeinde Sickte
In Anlehnung an die bisher maßgeblichen Verteilerschlüssel rechne die Samtgemeinde Sickte mit weiteren rund 75 aufzunehmenden Flüchtlingen allein im September. In dieser Größenordnung sei die Unterstützung von Bund und Ländern einzufordern, so Michael Waßmann, Fachbereichsleiter Zentrale Dienste/Bau- und Ordnungswesen in Sickte. Neue Wohnräume müssten geschaffen und das ehrenamtliche Engagement unterstützt werden, erklärt Michael Waßmann wie folgt:
"In Anlehnung an die bisher maßgeblichen Verteilerschlüssel und nach heutiger Rücksprache mit dem Ordnungsamt des Landkreises muss ich davon ausgehen, dass im September der Samtgemeinde Sickte weitere rund 75 Flüchtlinge zugewiesen werden. Zusätzlich sind rund 15 Personen aus der letzten Zuteilung noch nicht in Sickte eingetroffen. Aus einer jährlichen Flüchtlingszahl von 800.000 Flüchtlingen, also 75.000 entfallend auf Niedersachsen, ergäben sich auf dieser Basis für die Samtgemeinde Sickte jährlich 120 bis 130 mit Wohnraum zu versorgende Flüchtlinge. Aus Sicht der Samtgemeinde und der ihr angehörenden Gemeinden ist eine verstärkte Unterstützung durch Bund und Land sehr zu begrüßen und sie ist auch zu fordern. Ungeachtet der Tatsache, dass wir vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe stehen, die sicher auch gemeistert werden kann, drohen den Kommunen als letzte Glieder in der Flüchtlingsversorgung erhebliche und vielgestaltige Belastungen. Es gibt daher auch nicht "die" richtige Hilfe. Am Ende wird es aber immer in Geld auszudrücken sein, sicherlich aber auch in verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen. Bereits innerhalb des Landkreises Wolfenbüttel gibt es erhebliche Unterschiede. Während in den Gemeinden nahe der Oberzentren Braunschweig und Wolfsburg freier Wohnraum knapp ist, sind auf der anderen Seite Wohnungsleerstände in südlichen Kreisgebiet deutlich stärker zu verzeichnen. Eine verstärkte Unterbringung der Flüchtlinge dort kann aber - auch wenn scheinbar einfach - nicht die Lösung des Problemes darstellen, da hiermit bestehende Disparitäten nur verschärft werden. Daraus wird deutlich, das Hilfen von Bund und Land im Bereich der Samtgemeinde Sickte eher darauf abzielen müssen, die Schaffung von Wohnraum zu erleichtern, während anderswo Maßnahmen zur Stärkung und Stabilisierung kommunaler und infrastruktureller Situationen wichtiger sein werden. Dringend geboten ist auch eine stärkere Unterstützung des bürgerlichen, meistens ehrenamtlichen Engagements, ohne das die Integration der Flüchtlinge kaum gelingen kann. Und ganz allgemein benötigen alle Kommunen, auch Sickte, finanziellen Ausgleich für den erheblichen Personal- und Verwaltungsaufwand, der mit der Flüchtlingsunterbringung und -betreuung einhergeht. Hier stehen wir bislang weitgehend im Regen.

Samtgemeinde Oderwald

Auch in der Samtgemeine Oderwald ist die Frage nach genauen Zahlen zur Flüchtlingsunterbringung schwierig zu beantworten. Auf Basis der aktuellen Prognosen müsse man mit etwa 65-75 Flüchtlingen rechnen. Aufgrund der unterschiedlichen Wohnraumsituation im Land Niedersachsen "sollte man aber schnell weg von „Quotenverteilungen“ und hin zu Strukturverteilungen bezogen auf Wohnraummöglichkeiten und Infrastruktur kommen.", so Thomas Rosenthal, Fachbereich Ordnung, Soziales, Schulen und EDV der Gemeinde Oderwald, Die Samtgemeinde Oderwald betont, dass es ohne eine ausreichende finanzielle pauschale Finanzabwicklung nicht möglich ist. Gerade im Bereich der Aufnahme- und Integrationsstruktur müsse etwas geschehen.
"Natürlich muss die finanzielle pauschale Finanzabwicklung in der Gesamtheit auskömmlich sein. Allerdings muss im Vordergrund auch die sinnvolle und realistische Lösung der Aufnahme- und Integrationsstruktur neu definiert und mit reellen Lösungen vor Ort verbunden werden. Dabei sind Regelungen und Projekte zur sozialen Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen unabdingbar. Insbesondere die Einbindung der Kinder und Jugendlichen der Flüchtlingsfamilien in die gesellschaftlichen Ebenen und Aufgaben (KITA, Schule, Vereine, Freizeit, Ausbildung, usw.) und sinnvolle sowie einkommensorientierte Beschäftigungslösungen für die Männer und Frauen im erwerbsmäßigen Alter sind stärker in den Focus zu stellen. Zudem sind Lösungen von kleinen aber wichtigen Infrastrukturleistungen, die besonders auf die Situation von Flüchtlingen auszurichten sind, unabdingbar. Hierfür müssen der Bund und die Länder Personal- und Finanzmittelausstattung auf allen Ebenen unbürokratisch und schnell gewährleisten. Ohne ehrenamtliches Engagement wird dies alles schwer umsetzbar. Aber nur allein auf eine lange anhaltende „Freiwilligkeit“ zu hoffen wird ohne hauptamtliche Begleitung vermutlich auch nicht dauerhaft umsetzbar bleiben."

Samtgemeinde Elm-Asse

69 Flüchtlinge habe die Samtgemeinde im ersten Halbjahr 2015 bereits aufgenommen. Mit der zunehmenden Zahl an Flüchtlingen, rechne man auch folglich mit einer höheren Aufnahme-Quote. Über die bereits erhaltenen finanziellen Mittel vom Landkreis in Höhe von 20.000 Euro hinaus, könne über weitere Hilfen bisher noch nichts vorausgesagt werden. So erklärt Samtgemeindebürgermeisterin Regina Bollmeier wie folgt:
"Die dem Landkreis Wolfenbüttel angekündigten Flüchtlinge werden auf die Kommunen des Landkreises über eine halbjährige Quote verteilt. Im ersten Halbjahr 2015 hat die Samtgemeinde Elm-Asse 69 Flüchtlinge aufgenommen und untergebracht. Die Quote für das zweite Halbjahr steht noch nicht fest. Es wird erwartet, dass sich aufgrund der Flüchtlingszahlen die Quote erheblich erhöhen wird." Vom Landkreis Wolfenbüttel wurde der Samtgemeinde Elm-Asse zusätzlich eine Summe von 20.000 Euro zur Verfügung gestellt. Hiervon wird die Samtgemeinde beispielsweise Kosten für Dolmetscher und ehrenamtliche Tätigkeiten bestreiten. Man welchen weiteren Hilfen zu rechnen ist, kann noch nicht vorausgesagt werden."

Samtgemeinde Baddeckenstedt

Zu der Frage, wie hoch die Zahl der unterzubringenden Flüchtlinge sein wird, könne auch in der Samtgemeinde Baddeckenstedt keine verlässliche Aussage getroffen werden. "Die neue Quote soll noch in diesem Monat bekanntgegeben werden. Wie viel letztlich auf die Kommunen verteilt werden hängt ursächlich auch davon ab, ob die Asylbewerberverfahren kurzfristig beschleunigt werden können und ob die Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern dann auch tatsächlich zeitgerecht zurückgeführt werden.", erklärt Klaus Kubitschke allgemeiner Vertreter des Samtgemeindebürgermeisters. Von Bund und Ländern erwartet man in der Samtgemeinde für folgende Themen Unterstützung:


  • Bereitstellung von sozialem Wohnraum im Landkreis, der von den aufenthaltsberechtigten Migranten oder auch schon von den Asylbewerbern, für die die Kommunen nicht mehr unterbringungspflichtig sind und die keine Wohnsitzauflage in der Kommune mehr haben, selbstständig angemietet werden kann.

  • Einrichtung von Sprachförderklassen für Kinder aus Asylbewerber Familien.

  • Unterrichtung der ehrenamtlichen Helfer in Verfahrensweisen der Landesaufnahmestellen und der zuständigen Fachämter des Landkreises

  • Einweisung der Asylbewerber in das deutsche Bürokratiesystem (Zuständigkeiten, Bearbeitungsdauer, Fallzahlen, Rechte und Pflichten)

  • Eine zentrale Dolmetschervergabestelle



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Andreas Memmert: "Wir erwarten zügig die volle Kostenübernahme für alle Kosten der Flüchtlingsunterbringung von Bund und Land." Foto: Anke Donner)



Gemeinde Schladen-Werla

In der Gemeinde Schladen-Werla rechne man mit etwa 50 Personen. Wie auch vom Landkreis und von den Samtgemeinden geäußert, erwarte man auch hier finanzielle, wie auch personelle Unterstützung gerade im Bereich der Asylantrags-Bearbeitung, so der Samtgemeindebürgermeister Andreas Memmert:
"Wir erwarten zügig die volle Kostenübernahme für alle Kosten der Flüchtlingsunterbringung von Bund und Land. Wir erwarten eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge und den zügigen Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen."

Die Gemeinde Cremlingen hat sich bisher noch nicht zu dieser Problematik geäußert.


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