Wolfenbüttel. Für pragmatisches Handeln und weniger dramatische Formulierungen haben am Donnerstagabend der FDP-Landtagsabgeordnete Björn Försterling und Stadtrat Thorsten Drahn in Bezug auf die Flüchtlingssituation plädiert. Beide waren als Referenten zu einer internen Informationsveranstaltung des FDP-Stadtverbandes nach Wendessen geladen und berichteten aus ihrer beruflichen Praxis.
Viele Ängste und Vorurteile in der Bevölkerung basierten nicht auf Fakten, sondern auf Gerüchten, befanden Försterling und Drahn. Gerade in Wolfenbüttel verzeichne die Polizei keine Auffälligkeiten im Zusammenhang mit Flüchtlingen. Drahn fasste zusammen: „Wir haben es bisher ganz gut hinbekommen in der Stadt.“ Angst schüre vor allem die Rhetorik in Politik und Medien, kritisierten Drahn und Försterling. Der Freidemokrat stört sich besonders an einem Ausdruck: „Überall ist von einem Chaos die Rede. Ich sehe kein Chaos – wir haben noch Strom, Wasser und fahrende Züge. Was ich sehe, ist eine überforderte Bürokratie. Mehr nicht.“
Es könne allerdings nicht sein, dass die Registrierung der Ankömmlinge sich so lange hinziehe. Denn auch das sorge viele Bürger. „Da wird von Parallelgesellschaften gesprochen, von untergetauchten Flüchtlingen. Tatsache ist, dass ein Flüchtling, der nach Schweden will, natürlich versucht, eine Registrierung in Deutschland zu vermeiden“, erklärte Försterling. Er wünsche sich, dass die Flüchtlinge so früh wie möglich befragt werden, wohin sie wollen. So könne man auch sinnloses Hin- und Herfahren vermeiden.
Die FDP wirbt außerdem dafür, Flüchtlingen aus Syrien zunächst für 18 Monate humanitären Schutz zu gewähren; der Asylantrag soll in dieser Zeit ruhen. Zusammen mit einem Einwanderungsgesetz könne man so für hochqualifizierte Flüchtlinge Möglichkeiten schaffen, regulär einzuwandern. Denn, da waren sich die Anwesenden einig: der Zuzug sei eine große Chance für Deutschland.
Die finanziellen Mittel bei Bund und Land reichten aus, um diese Herausforderung zu meistern, ist der Abgeordnete sicher. „Wir stoßen nicht beim Geld, sondern beim Personal an unsere Grenzen.“ Auch beim Wohnungsbau gebe es Nachholbedarf: „Aber nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle.“ Ein weiteres großes Thema sei die Integration. Björn Försterling hält den Familiennachzug für ein wichtiges Mittel dazu: „Wer ohne seine Familie hier nicht bleiben will, wird sich auch nicht integrieren wollen“, sagte er. Den Wunsch nach Erhalt einer „deutschen Leitkultur“ könne er unterstützen, betonte aber: „Meine deutsche Leitkultur ist geprägt durch Offenheit und Toleranz, nicht durch Schweinebraten. Und Offenheit und Toleranz sind gefährdet. Der Schweinebraten ist es nicht.“
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