Fracking: Landesregierung erläutert die Genehmigungspraxis - "Presseberichte sind falsch"




[image=5e1764de785549ede64cd359]Das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat am 31. Oktober eine Rundverfügung herausgegeben, in der „Mindestanforderungen an Betriebspläne, Prüfkriterien und Genehmigungsablauf für hydraulische Bohrlochbehandlungen in Erdöl- und Erdgaslagerstätten in Niedersachsen (Fracking)" dargestellt sind. Zeitungsberichten zu Folge werde damit Fracking in Niedersachsen Haus und Hof geöffnet und "die Landesregierung lade mit dem Neuen Erlass des Landesbergamts zum Fracking ein". Interessierte Kreise verbreiten dies derzeit fleißig weiter. "Diese Aussagen sind falsch und haben keine Grundlage", teilt heute Christian Budde, Pressesprecher des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit. Wir veröffentlichen seine Mitteilung - wie immer - ungekürzt und unkommentiert: 

 Warum wurde diese Rundverfügung herausgegeben?


Die Rundverfügung, wurde herausgegeben, da das LBEG bundesrechtlich verpflichtet ist, vorliegende Anträge von Förderunternehmen zu prüfen und zu bearbeiten. Darüber hinaus haben die Antragsteller einen bundesrechtlich verankerten Rechtsanspruch auf Genehmigung dieser Anträge, sobald die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind.

Damit bei den seit langem vorliegenden Anträgen die aus der derzeitigen öffentlichen, politischen und sehr emotional geführten Diskussion hervorgegangenen zukünftigen Veränderungen an die Genehmigungspraxis bereits umgesetzt werden können, sind die im Landesrecht befindlichen Änderungen in die Rundverfügung eingeflossen. Darüber hinaus erfolgten Konkretisierungen und teilweise Verschärfungen der bisherigen Anforderungen an Genehmigungsanträge.

Damit werden die vorliegenden Anträge nicht nach der bisherigen rechtlichen Situation genehmigt, sondern müssen sich dem neuen Verfahren stellen.

Das LBEG hat diese Rundverfügung auf der Grundlage jahrzehntelanger Erfahrungen aus der Anwendung dieser Technologie sowie der dortigen Kenntnisse im Bereich Bohrtechnik, Geologie, Lagerstättenkunde, Hydrologie und des Berg-, Wasser- und Umweltrechts erarbeitet. Darüber hinaus wurden aktuelle Ergebnisse einschlägiger Fachgutachten zu diesem Thema berücksichtigt. Kein anderes Bundesland verfügt über ein derartiges Fachwissen aus der Genehmigung und Überwachung von Frack-Maßnahmen, da in Niedersachsen in den letzten 30 Jahren über 250 Fracks durchgeführt wurden.

Was steht in der Rundverfügung?


Die Rundverfügung stellt definitiv nicht, wie derzeit behauptet, einen Freibrief für Fracking dar. Das Gegenteil ist der Fall. Die auf Landesebene möglichen Beschränkungen werden durch diese Rundverfügung nicht individuell im einzelnen Verfahren als Ergebnis einer Abwägung beauflagt, sondern zur Regel in Niedersachsen. Die Rundverfügung enthält unter anderem folgende Verschärfungen:

Fracking wird in Wasserschutzgebieten nicht gestattet.

Fracking wird in Trink- und Mineralwassergewinnungsgebieten nicht gestattet.

Fracking wird in Heilquellenschutzgebieten nicht gestattet.

Fracking wird in erdbebengefährdeten Gebieten nicht gestattet.

Es dürfen nur Behandlungsflüssigkeiten verwendet werden, die als „schwach wassergefährdend" (Wassergefährdungsklasse I) oder als „nicht wassergefährdend" einzustufen sind.

Der Mindestabstand zwischen der Obergrenze des hydraulischen erzeugten Risses und der Untergrenze von nutzbaren Grundwasserleitern muss mindestens 1000 m betragen.

Warum sind hier UVP und Bürgerbeteiligung nicht aufgeführt?


Eine Regelung zur Umweltverträglichkeitsprüfung und zur Öffentlichkeitsbeteiligung für die Durchführung von Frack-Maßnahmen sieht das Bundesrecht derzeit nicht vor. Deshalb kann auch das LBEG eine derartige, bundesrechtswidrige Vorgabe (=Durchführung einer UVP im Zusammenhang mit Fracking-Maßnahmen) nicht treffen.

Wie lautet die Position der Landesregierung bzgl. einer UVP-Pflicht und der Modernisierung des Bundesbergrechtes?


Die niedersächsische Landesregierung setzt sich für eine Veränderung des Bergrechts ein, damit bei der unkonventionellen Gasförderung (Schiefergestein und Kohleflöze) zwingend eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Weiter soll bei konventioneller Gasförderung und bei Geothermiebohrungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Genehmigung derartiger Vorhaben zwingend erforderlich sein, soweit diese nach der ersten Prüfung nachhaltige negative Umweltauswirkungen erwarten lassen oder sie nicht mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können.

Die Landesregierung ist weiterhin für eine Modernisierung des Bergrechtes. Beispielsweise soll generell eine Beweislastumkehr für Bergschäden eingeführt werden. Diese soll dann auch für obertägige Bohrungen und nicht nur für den Untertagebergbau gelten. Dies betrifft insbesondere die Kavernenprojekte.

 Welche Bedeutung hat die Erdgasförderung für Niedersachsen?


Die Erdgasförderung in Niedersachsen hat im vergangenen Jahr ein Niveau von annähernd 13 Milliarden Kubikmetern Erdgas erreicht und mit rund 12 Prozent zur Deckung des bundesweiten Erdgasverbrauchs beigetragen. Mit den Entscheidungen zum Atomausstieg und zur Energiewende nimmt das Interesse an diesem Energierohstoff deutlich zu. Wie wichtig die sichere Erdgasversorgung ist, haben zudem in der Vergangenheit die Streitigkeiten über die Gaslieferungen zwischen Russland und der Ukraine deutlich gezeigt. Gas aus heimischen Quellen sorgt für faire Preise und schützt vor ungerechtfertigten Preissteigerungen bei Importgas.

Wird die Technologie zur Erdgasförderung nicht weiter entwickelt, werden die Niedersächsischen Erdgasreserven in etwa 12 Jahren zur Neige gehen. Deshalb richtet die heimische Förderindustrie derzeit ihr Augenmerk auf eine neue Energieressource: Erdgas aus Tonsteinlagerstätten (Shale-Gas-Lagerstätten). Obwohl die Suche nach diesen Lagerstätten noch nicht abgeschlossen ist, wird die für deren wirtschaftliche Nutzung notwendige Technologie von intensiven, teilweise heftigen öffentlichen Diskussionen begleitet. Hierbei handelt es sich um die in Niedersachsen bereits seit Jahrzehnten bei der konventionellen Erdgasförderung erfolgreich angewendete Technologie der hydraulischen Behandlung von Bohrungen, bei der künstliche Risse in tiefen geologischen Formationen (2000 bis 6000 m Tiefe) erzeugt werden - fernab von Grundwasser führenden Schichten.

Obwohl die Erdgasunternehmen in Deutschland sehr hohe Sicherheits- und Umweltstandards beachten müssen - im Unterschied etwa zu den USA -, sind viele Menschen verunsichert, weil das beim Fracking verwendete Wasser mit Additiven versehen ist, die teilweise im Untergrund verbleiben. Fernsehbilder aus Amerika, bei denen Gasflammen aus Wasserleitungen schlagen, tun ihr Übriges, um diese Ängste zu befeuern.

Aber: Niedersachsen ist nicht die USA. Hier herrschen ganz andere Umweltstandards, deren Einhaltung von den hiesigen Bergbehörden genau überprüft werden. Bohrungen werden in Niedersachsen nur genehmigt, wenn negative Auswirkungen für Menschen und Umwelt ausgeschlossen sind. Die Fracking-Technologie ist in Niedersachsen in den vergangenen 30 Jahren ca. 250 Mal angewendet worden - ohne umweltschädliche Auswirkungen.

Die Industrie forscht derzeit an neuen, noch umweltfreundlicheren Technologien. So könnten bei Fracks bald etwa nur noch Zusätze verwandt werden, die auch in Lebensmitteln als unbedenklich gelten oder auf diese weitestgehend ganz verzichtet werden.

Fest steht: Ohne die Erschließung neuer heimischer Erdgasquellen fehlt in Zukunft ein wichtiger Baustein für eine bezahlbare, sichere und umweltverträgliche Energieversorgung.

In den vergangenen Monaten wurden verschiedene Studien zu den Chancen und Risiken der Anwendung der sogenannten Frack-Technologie bei der Gewinnung von flüssigen und gasförmigen Kohlenwasserstoffen veröffentlicht. Dies sind:

Die Risikostudio eines Expertenkreises über die Sicherheit und Umweltverträglichkeit der Frack-Technologie für die Erdgasgewinnung (Sommer 2012),

eine Studie im Auftrag des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz und des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen mit dem Titel „Fracking in unkonventionellen Erdgaslagerstätten in NRW: Gutachten mit Risikostudie zur Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in Nordrhein-Westfalen und deren Auswirkungen auf den Naturhaushalt insbesondere der öffentlichen Trinkwasserversorgung" vom 06. September 2012,

eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes: "Umweltauswirkungen von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten, Risikobewertung, Handlungsempfehlung und Evaluierung bestehender rechtlicher Regelungen und Verwaltungsstrukturen" vom August 2012.

Alle drei Studien kommen zu dem Ergebnis, dass eine Erkundung und voraussichtlich auch Förderung von Erdgas aus Shalegas-Lagerstätten unter bestimmten Voraussetzungen mit den Anforderungen des Umwelt- und Gewässerschutzes vereinbar ist. Keine der Studien empfiehlt, die Anwendung der Frack-Technologie zu verbieten. Sofern demnach die rechtlichen Vorgaben beachtet und die technischen, umweltrelevanten und sicherheitlichen Anforderungen beachtet werden, ist aus geowissenschaftlicher Sicht grundsätzlich eine umweltverträgliche Anwendung der Frack-Technologie möglich.

Die Rundverfügung ist übrigens seit Veröffentlichung auf der Startseite des Internetauftrittes des LBEG [www.lbeg.niedersachsen.de] zu finden.


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