Wolfenbüttel. "Wir lernen nur, wenn wir nicht vergessen“ steht auf dem Findling im Wohld bei Schandelah, der daran erinnert, dass es hier ein KZ gab. Unter diesem Motto haben Mitglieder des Kreisvorstandes und Gäste die Gedenkstätte der Justizvollzugsanstalt in Wolfenbüttel besucht. Frau Staats, Leiterin der Gedenkstätte, hat die Gruppe mit vielen interessanten und bewegenden Informationen beim Gang durch die lange Geschichte der JVA begleitet.
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Anlage als Gefängnis genutzt. Ein Modell aus dem Jahr 1937 gibt hierzu einen noch heute gültigen Überblick, da die Grenzen unverändert geblieben sind. Im Mittelpunkt der Anlage, ebenfalls 1937 gebaut, steht das Gebäude der Hinrichtungsstätte. Auf dem Dach ein kleiner Uhrenturm mit Glocke, denn jede Hinrichtung wurde per Geläut den Menschen in Hörweite zur Kenntnis gebracht.
Die Geschichte, die dieses Gebäude bis heute begleitet, kann als Muster für Erinnerungskultur dienen. Als Hinrichtungsstätte diente es von 1937 bis 1947. Über jede Hinrichtung wurde Buch geführt. Die Namensliste der Getöteten wird als Bild im kahlen Hinrichtungsraum präsentiert. Ein bedrückendes Dokument. Das Gebäude sollte nach 1980 abgerissen werden, was durch bürgerliches Engagement verhindert werden konnte - es wurde Teil der Gedenkstätte. Eine Tafel, die auf diese Hinrichtungsstätte hinweist, durfte aber nicht an der Außenwand der JVA angebracht werden, sie ist jetzt am Hinrichtungshaus angebracht.
Einzelschicksale werden in einer materialreichen Ausstellung im Hauptgebäude ausführlich beschrieben. Hier lassen sich Einblicke in geschichtliche Zusammenhänge finden.
So z. B. die Geschichte von Erna Wazinski, die im Alter von 19 Jahren hingerichtet wurde. Der Richter, der für die Verurteilung verantwortlich war, wird Anfang der 50iger Jahre in der Verwaltungsdienst der Evangelischen Landeskirche übernommen, das Landgericht Braunschweig erkennt 1965 in einem Gerichtsverfahren die "Rechtmäßigkeit“ des Urteils von 1944 an und erst im Jahre 1991 kam es nach einer Initiative von Dr. Kramer vom Forum Justizgeschichte e.V. zu einer juristischen Neubewertung, da Zeitzeugen von 1944 zu Gehör kamen.
Frau Staats informierte auch über die geplante Neugestaltung der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel. Sehr begrüßenswert ist dabei, dass auf dem Gelände der JVA ein öffentlich zugänglicher Ausstellungs- und Recherchebereich geschaffen wird, der es vielen Besucherinnen und Besuchern ermöglichen wird, diese Gedenkstätte von nationalem Rang zu besuchen.
Die Grünen waren tief beeindruckt von der Gedenkstätte. "In den ausgestellten Dokumenten kommt die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus zum Ausdruck und es wird darüber hinaus belegt, wie Juristen - auch nach 1945 - dieses System weitergetragen haben“, fasst Kreisvorstandsmitglied Christiane Wagner-Judith ihren Eindruck zusammen.
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