Keine Kraft mehr zum Warten: "Wein & Genuss" schließt seine rote Tür

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| Foto: Anke Donner)



Wolfenbüttel. Vor sieben Jahren, genau am 17. März, öffnete das Wein – und Feinkostgeschäft „Wein & Genuss“ in der Okerstraße 3. Mit viel Liebe zum Detail erfüllte sich Inhaberin Sabine Presser-Möws damals ihren Traum vom eigenen Laden. Doch der Traum ist vorbei – Am kommenden Donnerstag schließt sie für immer die große, rote Barocktür.

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Aus und vorbei. Sabine Presser-Möws gibt ihr Geschäft schweren Herzens auf. Foto: Anke Donner)



„Ich habe mir die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht und habe lange überlegt. Aus rein wirtschaftlichen Gründen hätte ich schon vor Jahren schließen müssen. Aber es gab dann immer mal wieder positive Erfahrungen und nette Momente mit Kunden. Und dann habe ich doch weitergemacht. Aber irgendwann habe ich den Entschluss gefasst, zuzumachen“, sagt Sabine Presser-Möws.

Die Schließung ihres Ladens hat nicht nur wirtschaftliche Gründe. Auch privat hat die 52-jährige einiges um die Ohren. „Sicher ist der fehlende Umsatz ein Grund. Es soll ja schon was übrig bleiben, auch wenn Geld nicht alles ist. Aber ich habe auch privat einige Dinge, um die ich mich kümmern muss. Das alles bleibt irgendwann einfach auf der Strecke und man fragt sich, für was man jeden Tag den Stress in Kauf nimmt. Und dann wusste ich es auf einmal doch wieder. Weil ich hier tollen Menschen begegnet bin und  nette Gespräche geführt habe. Ja, sogar Freundschaften sind hier entstanden“, erzählt sie weiter.

Wer das Geschäft kennt, weiß, dass sich dahinter ein gemütlicher, sehr kleiner Laden, voll mit vielen ausgesuchten deutschen und internationalen Weinen, edlen Spirituosen und anderer erlesener Köstlichkeiten befindet. Das vielfältige Sortiment bot Kaffee, Tee, Essige, Schokoladen bis hin zu Gebäck, Marmeladen, Pasteten und vieles mehr.

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Die Stammkunden liebten ihre ausgewählten Produkte. Foto: Anke Donner)



In regelmäßigen Abständen fanden hier Weinproben zum kleinen Preis, in kleiner, überschaubarer Runde statt. Darüber hinaus fand bereits fünfmal eine große Weinmesse in der Kommisse von Wolfenbüttel statt, wo an zwei Tagen Winzer und Vertreter von Weinerzeugern an Ständen Weine erläuterten und zum Verkosten anboten. Dort konnte man sich einen netten Abend machen und lernte so manchen Wein kennen, den man vorher vielleicht nie gehört hatte. „Ich habe meinen Kunden viel geboten. Beratung, Service, Lieferung und eine gemütliche Atmosphäre. Wo hat man das heute noch. Im Großhandel gucken einen die Verkäufer manchmal nicht mal mehr an“, sagt sie weiter.

Nun reicht ihre Kraft nicht mehr, denn irgendwann ist auch der größte Elan und Enthusiasmus aufgebraucht. Sie möchte nicht mehr warten, bis sich etwas ändert.


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Die Regale werden ausgeräumt. Foto: Anke Donner)



"Ich denke schon, dass Wolfenbüttel in sechs bis acht Jahren den Aufschwung erlebt. Aber ich bin 52 und habe keine Zeit mehr auf die Besserung zu warten. Für mich kommt der Aufschwung zu spät. Außerdem muss einfach auch Zeit zum Leben bleiben. Ich habe das Geschäft alleine geführt und irgendwann ist man am Ende seiner Kräfte.“


Woran liegt es?


Allein der Stadt die Schuld geben, kommt für Sabine Presser-Möws nicht in Frage. „Es liegt nicht an der Stadt. Ich sehe der Entwicklung ja ganz positiv entgegen. Ich habe mich zum Teil auch am Innenstadtentwicklungskonzept beteiligt und habe die Veranstaltungen besucht. Und ich glaube schon, dass sich etwas tun wird. Aber nicht so bald“, so die Ladenbesitzerin.

Von ihren Kunden hat sie oft die Aussage gehört, die Stadt müsse nun unbedingt etwas tun. „Aber das allein ist es nicht. Was soll denn die Stadt machen? Es liegt doch auch an den Menschen, die hier leben. Die müssen den Einzelhandel unterstützen und aufrechterhalten. Aber das tun sie zunehmend weniger. Der Handel ist im Wandel und das kann man nicht aufhalten.“

In den vergangenen Jahren haben vor allem ihre treuen Stammkunden das Geschäft immer wieder aufrechterhalten. „Es gibt viele Kunden, die von der ersten Stunde an hier bei mir eingekauft haben und immer gerne gekommen sind“, erzählt Sabine Presser-Möws.

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Traurig über die Schließung : Ein Kunde kauft noch einmal ein, bevor der Laden für immer schließt. Foto: Anke Donner)



Die Kunden sind erschrocken und traurig über die Schließung des Ladens. „Das ist ja schrecklich“, sagt ein treuer Kunde, der am letzten Verkaufstag noch einmal vorbei schaut. „Es ist sehr schade, dass Sie schließen. Aber ich weiß auch, dass das Geschäftsleben heutzutage hart ist“, sagt er und schnökert noch einmal durch die teilweise schon leeren Regale.

„Die Kundenfrequenz war rückläufig und ein Freitag mit drei Kunden keine Seltenheit mehr. Auch der darauffolgende Samstag machte das nicht mehr wett. Ich habe anfangs gedacht, dass die Samstage, wenn Markt ist, mehr einbringen, aber das ist schon lange nicht mehr so. Früher sind hier auch viele junge Menschen hergekommen. Auch die sind irgendwann weggeblieben. Ich habe Glück, dass ich mit diesem Laden nicht meinen Lebensunterhalt bestreiten muss. Sonst hätte ich schon vor langer Zeit schließen müssen", sagt Sabine Presser-Möws.



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Sabine Presser-Möws. Foto: Anke Donner



"Ich wollte so gerne an diesem Laden festhalten. Es war immer ein Traum von mir, so eines kleines, gemütliches Geschäft  zu haben und es individuell zu gestalten. Und dieser Laden war perfekt dafür. Das habe ich gleich gemerkt, als ich ihn mir damals angesehen habe."


Um ihre treuen Kunden tut es der Inhaberin besonders leid. Diese ließen sich doch immer wieder vom Sortiment anlocken und genossen die Auswahl. Nachdem sich heute Abend die Türen für immer schließen, wird es wahrscheinlich noch einen reduzierten Abverkauf von zu Hause geben, aber erstmal ist Räumen angesagt. „Wir haben heute den letzten Verkaufstag, danach müssen wir ausräumen und vielleicht noch etwas renovieren. Wie es dann weitergeht, weiß ich noch nicht. Erstmal brauche ich eine schöpferische Pause und muss mir überlegen, wie es weitergeht. Vielleicht werde ich den Verkauf nebenbei noch für meine Stammkunden betreiben. Das weiß ich allerdings auch noch nicht genau“, sagt die Geschäftsfrau abschließend.








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