Klinikum Wolfenbüttel: "Diesen Raum der Stille möchte ich am liebsten mit nach Hause nehmen"

von Marc Angerstein




[image=5e1764cd785549ede64cd00d]Heute um 15 Uhr war es im neuen "Raum der Stille" des Städtischen Klinikums eher unruhig: Das kleine, mühevoll dekorierte ehemalige Ärztezimmer, war bis auf den letzten Stuhl besetzt. Knapp 30 Gäste waren zur offiziellen Einweihung im Raum, weitere 13 standen vor der geöfneten Tür. Ruhig wurde es erst, als Krankenhaussellsorger Volkmar Schmuck die Begrüßung sprach. "Im Krankenhaus geht es nicht nur um die Heilung von Körperteilen und Organen, sondern in vielen Fällen auch um die Heilung der Seele, deshalb freue ich mich über die heutige offizielle Einweihung dieses Raumes."


Dort haben Patienten, Besucher und auch Mitarbeiter die Möglichkeit, Einkehr zu halten, in Ruhe nachzudenken, zu beten, einmal ganz für sich zu sein. Finanziert wurde die Einrichtung des Raums aus Spenden, mehr als 14.000 Euro wurden aufgebracht. Der Raum der Stille war bereits zu Weihnachten erstmals benutzt, aber bisher offiziell nicht eingeweiht worden.

An der Einweihung nahmen die stellvertretende Bürgermeisterin Wolfenbüttels, Katrin Rühland, Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer, Propst Dr. Hans-Heinrich Schade, Pfarrer Matthias Eggers, Imam Veli Erdogan, Pfarrer Volkmar Schmuck, das Direktorium sowie die Chefärzte des Klinikums teil.

[image=5e1764cd785549ede64cd00e]Katrin Rühland und Propst Dr. Hans-Heinrich Schade betonten, wie wichtig es sei, gerade in persönlich schwierigen Situationen einen Ort der Besinnung und des Gebets zu finden und um wieder Kraft schöpfen zu können.

Patienten im Krankenhaus befinden sich in einer besonderen Lebenssituation. Sie sind in einer ihnen ungewohnten Umgebung, müssen sich in einen weitgehend vorgegebenen Tagesablauf finden, sorgen sich um ihre Gesundheit, haben Ängste. Auch Angehörige und Freunde, die zu Besuch kommen, leiden mit, müssen sich mit einer neuen Situation auseinandersetzen.

Der Raum der Stille bietet ihnen nun einen Rückzugsort und einen Ort für ihre spirituellen und religiösen Bedürfnisse.

„Das Wohl der Patienten steht im Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir bemühen uns um die besten medizinischen und pflegerischen Leistungen. Wir wissen aber auch, wie wichtig es ist, den Gefühlen einen Raum zu geben“, bekräftigte Katrin Rühland. Sie dankte vor allem dem Förderverein für seine große Initiative.

[image=5e1764cd785549ede64cd00f]Der neu gestaltete Ort soll dezidiert auch religiösen Menschen die  Möglichkeit des Gebets geben. Darauf verwies Volker Schmuck. Die wöchentlichen kirchlich-ökumenischen Andachten werden hier künftig stattfinden. Bisher wurden sie in der Cafeteria gefeiert. Weiterhin steht der Raum muslimischen Patienten für ihre Tagesgebete ebenfalls offen. In einem Gästebuch können Besucher ihre Eindrücke festhalten, aber auch aufschreiben, was sie dankbar oder sorgenvoll bewegt. Davon wurde auch schon reger Gebrauch gemacht. Zahlreiche positive Einträge sind schon verzeichnet: "Diesen Raum der Stille würde ich am liebsten mit nach Hause nehmen", hatte eine Patientin noiert.

Auch Mitarbeiter des Krankenhauses bleiben, bei aller nötigen Professionalität, von den Schicksalen der ihnen anvertrauten Menschen nicht unberührt und möchten, bevor es im oft stressigen Tagesablauf weitergeht, hin und wieder kurz innehalten. Auch für sie ist der Raum der Stille offen.

„Wir sind an diesem Tag sehr froh, denn dieses Projekt lag uns besonders am Herzen“ freute sich Dörthe Weddige-Degenhard, die Vorsitzende des Fördervereins. Der Wunsch, im Krankenhaus einen solchen Ort der Stille zu finden, sei bei vielen Menschen groß.


Hintergrund

Im Rahmen des Strukturkonzeptes zur Entwicklung des Städtischen Klinikums zum  „Medizinischen Zentrum“ war im Jahre 2006/2007 beschlossen worden, einen Raum der Stille für Patienten, Besucher und Mitarbeiter einzurichten. Der Förderverein des Klinikums übernahm den Großteil der Finanzierung und rief zu Spenden auf. Es kamen  14.000 Euro zusammen. Die Kosten für das Mobiliar in Höhe von 3.780 Euro wurden von der Hans und Helga Eckensberger-Stiftung übernommen. Elisabeth Schwieger, Mitglied des Fördervereins, spendete die für den Altar notwendige Summe in Höhe von 574 Euro. Die Landeskirche Braunschweig übernahm die kostenlose Beratung und steuerte die Architektenleistungen bei.

Die Einrichtung des Raumes selbst war dann eine echte Herausforderung für alle Beteiligten. Es gab nur wenig Erfahrung mit einer integrativen Gestaltung. Der Raum sollte ja Menschen aller religiösen Richtungen gerecht werden.

Der Förderverein traf sich mit Vertretern der evangelischen und katholischen Kirche, den Muslimen, aber auch mit Baufachleuten aus dem Klinikum und dem Landeskirchenamt.

Die schließlich gemeinsam gefundene Einrichtung und Ausstattung unter Führung des Fördervereins unterstreicht den besonderen Charakter des Raumes. Es entstand eine spirituellen Atmosphäre, die allen Menschen gerecht wird und deren religiöse Gefühle achtet.


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