KolumneHeute: Das ist Vinüüül!

von Sina Rühland


| Foto: Sina Rühland



Wolfenbüttel. Musik kommt aus Laptop oder Smartphone. Dass es jedoch mal Zeiten gab, als bei Mama im Zimmer noch ´ne gepflegte Plattensammlung unter einem Clash-Poster zu finden war, das können sich manche Kinder kaum vorstellen.

Als ich kürzlich einer Bekannten erzählt habe, dass ich zwei Karten für Element of Crime hätte, sagte sie mir, dass sie die Band schon vor zwanzig Jahren live gesehen hätte – damals noch auf englisch. Wir erzählten ein bisschen, das Wort LP fiel. Ihre 14-jährige Tochter schaute hoch und fragte „Mama, was ist ´ne LP?“ Großartig, mein Aufhänger.

Wenigstens bekommen die Kinder immer seltener Lack, weil sie mit Papas Plattennadel und dem Dire Straits-Album spielen. Vielleicht müssen sie auch nicht zwanzig Minuten auf dem Flohmarkt warten, während sich die Eltern durch hunderte von Pink Floyd-Alben wühlen, nur um die eine zu finden, die nicht abertausendfach gepresst wurde. Zeiten ändern sich und das ist ist auch gut so. Aber Haptik ist doch schon was feines. Wenn man das, was man hört, auch anfassen kann...Kassetten zum Bespiel: ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Mutter vor Glückseligkeit geleuchtet hat, wenn ich dreimal in der Nacht aus meinem Kinderzimmer „Mamaaaa, umdrehen!!!“ rief. Oder ihre mühevollen Anstrengungen bei dem Versuch mit einem Bleistift das Band meiner Drei???-Kassette wieder ins Lot zu bringen. Wie macht man das wohl mit MP3? „Mamaaaa, ich hab alles gelöscht!!!“ – gewiss leuchtet Mama da auch.



An sich, ist es gar nicht so wild, dass Jugendliche fragen müssen, was genau LP bedeutet. Dann verzeihen sie vielleicht auch, dass die Älteren absolut keinen Plan von Apps mit merkwürdigen Namen haben, dass sie nicht wissen, wer die Slimanis sind. So lernen schließlich Generationen am besten von einander.

Und an alle jungen Menschen, die (noch) kein Interesse an Vinyl haben: schaut doch mal auf dem Dachboden eurer Eltern, welche Schätze dort schlummern. Sollten da Erstauflagen von Bob Dylans The Freewheelin’ Bob Dylan, so eine weiße Beatles-Platte mit einer ein- bis zweistelligen Zahl auf dem Cover oder vielleicht ein Sex Pistols Album mit Queen Elisabeth darauf zu finden sein – probiert bitte auf keinen Fall Papas alte Plattenadel darauf aus. Ihr werdet sonst eventuell selbst zu einer raren Erstpressung.


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