Wolfenbüttel. Sie schleichen mit konstanten 110 km/h immer die Mittelspur entlang. Als ewiges Ärgernis auf deutschen Autobahnen bekannt, gelten sie als Sicherheitsrisiko und Fluchtpunkt für das allgemeine Unverständnis unter Kraftfahrern – wer kennt sie nicht, die notorischen Mittelspurfahrer.
Welchen Grund hat der Fahrer vor mir, um am Sonntagmorgen bei relativ freier Bahn (das, was eben "relativ frei“ auf der A2 bedeutet) konsequent in schleichendem Tempo auf der mittleren von drei Spuren zu fahren? Eine Frage, die vermutlich nicht nur ich mir an diesem Morgen stelle. Wenn ich rechts rüberziehe, muss ich noch langsamer fahren, als es jetzt schon der Fall ist. Wenn ich links rüberziehe, werde ich mit meinem treuen 75-PS-Gefährt von den folgenden Rennwagen einfach über den Haufen gemäht und nötige sie somit, mächtig in die Eisen gehen zu müssen. Was ich fast noch uncooler als Schleichen auf tempofreien Bahnen finde, ist das Drängeln von hypergestressten Autofahrern – deshalb entscheide ich mich dagegen und warte ab.
Während sich mein gemächlicher Freund vor mir sichtlich wohl mit seinen 110 km/h fühlt, zeigt mir mein Tacho eine hämische 100 an. Die vorüberziehenden Autos scheint der Mittelspurfahrer nicht weiter zu tangieren, würde mir ähnlich gehen, wenn es mein Vehikel auf 220 schaffen würde. Allmählich habe ich das Gefühl, dass die LKW-Fahrer auf der rechten Seite anfangen, sich über mich lustig zu machen. Wo bleiben eigentlich die fleißigen Autobahn-Polizisten, wenn man sie braucht? Theoretisch könnte man alleine auf der A2 so viel Bußgeld einholen, dass Verkehrsminister Dobrindt freiwillig auf die Maut verzichten würde. Nachdem ich sämtliche Schimpfwörter benutzt habe, die mir einfallen, ich mir zeitweilig überlege, ob der Mensch vor mir möglicherweise eine Schlaganfall erlitten hat, bin ich auch schon fast an meiner Ausfahrt angekommen. Als ich abfahre, fällt mir eine Sache auf – ich bin die ganze Zeit über notorisch auf der Mittelspur gefahren.
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