Wolfenbüttel. Am heutigen Freitag stellte das Polizeikommissariat Wolfenbüttel die Kriminalstatistik des vergangenen Jahres vor. Wie die Polizei berichtet, sei ein Rückgang der Straftaten zu verzeichnen. Diese Entwicklung sei aber nicht als dauerhafte Tendenz, sondern zu einem überwiegenden Teil als einmalige Erscheinungsform zu sehen, die den besonderen Umständen der Covid-19-Pandemie geschuldet sei und die sich nach hiesiger Einschätzung in der Zeit danach wieder normalisieren werde.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik müsse in engem Zusammenhang mit den besonderen Umständen und Begleiterscheinungen der Covid-19-Pandemie bewertet werden, die auch das Leben im Landkreis Wolfenbüttel spätestens seit April 2020 stark beeinflusst habe, heißt es in dem Bericht. Die vom Polizeikommissariat Wolfenbüttel präsentierte Kriminalstatistik zeige deutlich niedrigere Fallzahlen sowie eine etwas gesunkene Aufklärungsquote. Wurden im Landkreis Wolfenbüttel - ohne Baddeckenstedt - im Jahre 2010 noch 5.314 Straftaten registriert, waren es im vergangenen Jahr 3.892 Taten (2019 4.308 Taten). Die Gefahr, im Landkreis Wolfenbüttel Opfer von Kriminalität zu werden, sei deutlich gesunken und befinde sich im Landesvergleich weiter auf einem ausgesprochen niedrigen Niveau. Eine ausgewogene Kombination aus Präventions-, Präsenz- und Ermittlungsarbeit zeige hier laut Polizei langfristige Wirkung.
Aufklärungsquote leicht gesunken
Die Aufklärungsquote sei 2020 mit gut 61 Prozent zwar etwas höher als der Durchschnitt der letzten Jahre, aber etwas geringer als 2019 (63 Prozent.) 2.405 Straftaten im Landkreis Wolfenbüttel konnten im zurückliegenden Jahr aufgeklärt werden. Das sind 339 Taten weniger als noch 2019. Im Vergleich: Im Jahr 2010 betrug die Aufklärungsquote ebenfalls 61 Prozent. Es sei zu berücksichtigen, dass es beispielsweise durch die Klärung einer Serie von Diebstählen zu kurzfristigen Steigerungen der Aufklärungsquote kommen kann, die sich im Folgejahr dann wieder relativiert.
Starker Rückgang in der Stadt
Stark rückläufig waren die Straftaten vor allem in der Stadt Wolfenbüttel (-437). Dies würde nahezu alle Deliktsbereiche betreffen. Lediglich bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten sei 2020 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen gewesen. Während 2019 noch 364 Delikte dieser Art registriert wurden, waren es im Vorjahr 493. Ein leichter Rückgang der Straftaten war auch im Bereich der Polizeistation Schladen/Börßum festzustellen. Für diese Entwicklung seien dort insbesondere rückläufige Zahlen in den Deliktsbereichen Vermögens- und Fälschungsdelikte und Sachbeschädigungen verantwortlich. Leichte Anstiege der Straftaten waren dagegen in den Zuständigkeitsbereichen der Polizeistationen Cremlingen/Sickte und Schöppenstedt/Remlingen zu verzeichnen. Dies sei vor allem auf steigende Zahlen bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten und im Bereich der Polizeistation Schöppenstedt/Remlingen auch bei den Rohheitsdelikten wie beispielsweise Körperverletzungen zurückzuführen.
Sexualdelikte
Im vergangenen Jahr wurden 79 Sexualdelikte registriert. Dies sind 30 Taten weniger als 2019. Angezeigt wurden 7 Vergewaltigungen (-7), 2 sexuelle Übergriffe und sexuelle Nötigungen (-3), 10 sexuelle Belästigungen (-13), 27 sexuelle Missbräuche (+2) und 33 Fälle der Ausnutzung sexueller Neigungen (-6). Ferner wurden zu den genannten Sexualdelikten noch 23 Fälle des Umgangs mit kinderpornographischen Erzeugnissen (+2) und neun exhibitionistische Handlungen (+7) registriert. Insgesamt wurden 2020 17 Kinder (-13) Opfer derartiger Straftaten. 67 der Sexualdelikte konnten aufgeklärt werden. Dies bedeutet eine Aufklärungsquote von 84,81 Prozent. Diese vergleichsweise hohe Anzahl an aufgeklärten Fällen liege laut Polizei vor allem daran, dass sich derartige Straftaten oftmals im familiären Umfeld ereignen oder sich Täter und Opfer kennen.
Rohheitsdelikte
Die Anzahl der angezeigten Raubstraftaten reduzierte sich von 28 im Jahr 2019 um 20 auf acht im Vorjahr. Die Taten richteten sich gegen 19 Personen und einen Lebensmittelmarkt. Insbesondere der Überfall auf einen Lebensmitteldiscounter in Schöppenstedt war aufgrund seiner Begehungsweise sehr spektakulär. Im Dezember 2020 gelangte ein bislang noch nicht ermittelter Täter durch das Dach in das Mitarbeiter-WC der Filiale. Von dort aus bedrohte er drei Mitarbeiterinnen des Geschäfts mit einem Vorschlaghammer und zwang diese unter anderem den Tresor zu öffnen. Die Gesamtbeute betrug etwa 10.000 Euro. Anschließend flüchtete der Täter mit dem Auto einer Mitarbeiterin der später nur wenige Kilometer entfernt aufgefunden werden konnte. Trotz umfangreicher Ermittlungsarbeit, auch in Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden anderer Bundesländer, konnte der Täter bislang nicht ermittelt werden.
Insgesamt konnten jedoch drei dieser acht Raubüberfälle geklärt werden. 2020 kamen insgesamt 398 Körperverletzungen zur Anzeige (-59). Erfreulicherweise sei die Anzahl der schweren Rohheitsdelikte rückläufig. Hierzu zählen 84 gefährliche, beziehungsweise schwere Körperverletzungen (-5). 372 Körperverletzungsdelikte wurden aufgeklärt, das entspricht 93 Prozent.
Häusliche Gewalt
Durch die Tatsache, dass die Menschen im vergangenen Jahr eine wesentlich längere Zeit in der eigenen Wohnung verbringen mussten, sei zu erwarten gewesen, dass sich die Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt stark erhöhen werde. Dies sei aber nicht festzustellen. Die Anzahl dieser Delikte habe sich im Vergleich zu den Vorjahren immer noch auf einem hohen Niveau bewegt, sei jedoch im Vergleich zu 2019 sogar leicht zurückgegangen. Dabei sei gerade im vergangenen Jahr das Dunkelfeld zu berücksichtigen, da gerade in Zeiten, in denen die Opfer wenig Gelegenheit haben, Zeit ohne die Täter zu verbringen, die Möglichkeiten einer Anzeigenerstattung nur sehr begrenzt vorhanden sind. Nachdem im Jahr 2019 im Vergleich zu 2018 die Fälle häuslicher Gewalt von 140 auf 202 sprunghaft gestiegen waren, verringerten sich diese im Vorjahr leicht auf 185. Trotzdem bewege sich die Anzahl dieser Delikte im 10-Jahres-Vergleich immer noch auf einem vergleichsweise hohen Niveau.
Diebstahlskriminalität
Bei der Eigentumskriminalität zeige sich im langfristigen Vergleich ein sehr erfreulicher Abwärtstrend. Registrierte die Polizei Wolfenbüttel im Jahre 2009 noch 1.723 Diebstähle, waren es im zurückliegenden Jahr 1.065 Taten. Dieser auffällige Rückgang der Diebstahlsdelikte sei auch schon vor der Covid-19-Pandemie ein bundes- und landesweiter Trend gewesen und nicht nur auf den Zuständigkeitsbereich des Polizeikommissariats Wolfenbüttel zu beziehen.
599 einfache Diebstähle wurden 2020 angezeigt, darunter 148 Ladendiebstähle. 258 Taten gelten als geklärt. 466 schwere Diebstähle kamen zur Anzeige, von denen 14 Prozent geklärt werden konnten. Besondere Sorge bereite der Polizei Wolfenbüttel nach wie vor die Entwicklung der Wohnungseinbruchskriminalität, deren Anzahl in den vergangenen Jahren stagnierte, im Vorjahr jedoch leicht auf 76 Taten (+3) stieg. Trotzdem zeigten sich hier erste Erfolge massiver Kontrollmaßnahmen, die die Polizei Wolfenbüttel in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Salzgitter und Peine durchgeführt habe. Etwa jeder sechste Wohnungseinbruch konnte zwar geklärt werden, die Aufklärungsquote sank jedoch auf 14,47 Prozent. Auch zukünftig werde die Polizei die Anstrengungen in diesem Deliktsbereich nicht zurückfahren, im Gegenteil - denn jeder einzelne Wohnungseinbruch bedeutet einen intensiven Eingriff in die Privatsphäre der Bürger, macht die Polizei deutlich.
Rund 40 Prozent aller Einbrüche scheitern, weil technische Einrichtungen die Tatausführung verhindert haben. Die Polizei empfiehlt daher, das kostenlose Angebot der polizeilichen Beratungsstelle in Salzgitter (Tel. 05341/1897109) anzunehmen und die Wohnräume mit Alarm- und Sicherheitstechnik auszustatten.
Erfreulich sei der Rückgang der Kellereinbrüche in den letzten zwei Jahren. Im Vorjahr wurden 21 Taten gemeldet, einer weniger als 2019. Weiter zurückgegangen ist auch die Zahl der Kraftfahrzeugdiebstähle. 19 Fahrzeuge wurden entwendet (-5). Etwa jede sechste Tat konnte aufgeklärt werden. Die Anzahl der Fahrraddiebstähle hingegen fiel weiter deutlich auf 134 Fälle (-14).
Kinder- und Jugendkriminalität weiter auf niedrigem Niveau
96 Kinder (+15) und 172 Jugendliche (-31) wurden laut Polizei als Tatverdächtige ermittelt. 21 der Kinder und 36 der Jugendlichen sind nicht deutscher Herkunft. Durch besonders geschultes Ermittlungspersonal, beschleunigte Ermittlungsverfahren aber auch durch Präventionsarbeit in Kindergärten und Schulen sei das Polizeikommissariat Wolfenbüttel bemüht, das Entstehen krimineller Karrieren schon im Ansatz zu verhindern. So konnte die Zahl minderjähriger Straftäter von 2009 bis heute sehr deutlich reduziert werden. Bei den Kindern deutet sich jedoch in den letzten zwei Jahren eine Umkehr dieser Entwicklung an. Hier gilt es seitens aller beteiligten Institutionen frühzeitig die Präventionsarbeit zu intensivieren. Mehr als 13 Prozent der im letzten Jahr ermittelten Tatverdächtigen waren Kinder und Jugendliche. Bei keinem Kind und bei 39 Jugendlichen wurden Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nachgewiesen. Damit habe sich die Anzahl der beschuldigten 14 bis 17-Jährigen im Bereich der Rauschgiftdelikte nach einer Verdoppelung im Jahr 2019 in etwa wieder auf das Niveau von 2018 entwickelt.
Kriminalität durch nichtdeutsche Täter
387 nichtdeutsche Tatverdächtige wurden laut der Statistik ermittelt. Das sind 53 weniger als im Vorjahr. Gut 19 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen sind nichtdeutscher Herkunft. Nicht alle wohnen im hiesigen Bereich, sondern wurden als sogenannte reisende Täter festgestellt.
Landkreis ist sicher
In der Kriminalstatistik werden ausschließlich die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten gezählt und analysiert. Gerechnet auf 100.000 Einwohner wurden im Landkreis Wolfenbüttel im letzten Jahr 3.499 Straftaten (-281) registriert. Im Vergleich der niedersächsischen Landkreise und kreisfreien Städte sei das der zweitniedrigste Wert. Hieran gemessen lebe es sich in der Region Wolfenbüttel vergleichsweise sicher, resümiert die Wolfenbütteler Polizei.
Nicht so einfach messbar seien die der Polizei nicht bekannt gewordenen Straftaten sowie das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung. Die Kriminologische Forschungsstelle des Landeskriminalamtes Niedersachsen führte zuletzt 2017 eine sogenannte Dunkelfeldstudie durch, um unter anderem Informationen über die nicht zur Anzeige gebrachte Kriminalitätslage, die Kriminalitätsfurcht und Beurteilung der Polizeiarbeit zu erlangen. Im Rahmen einer repräsentativen, anonymen und freiwilligen Umfrage wurden 40.000 Bürger ab 16 Jahren in über 80 Kommunen in Niedersachsen in der Rückschau auf das Jahr 2016 befragt. Rund 32 Prozent der Befragten gaben an, im Jahre 2016 Opfer einer Straftat geworden zu sein. Delikte wie Raub, Körperverletzungen oder Sexualdelikte wurden relativ selten angezeigt. Straftaten, die das Eigentum betreffen, Betrug, Drohungen oder computerbezogene Kriminalität kamen hingegen deutlich häufiger zur Anzeige. Teilweise deshalb, weil hierdurch Ansprüche gegenüber Versicherungen geltend gemacht werden konnten.
Hohes Sicherheitsgefühl
Als Begründung, eine Straftat nicht angezeigt zu haben, wurde hauptsächlich angegeben, dass die Tat als nicht so schwerwiegend empfunden wurde und an zweiter Stelle, dass die Polizei den Fall ohnehin nicht hätte aufklären können. Eine große Mehrheit der Befragten erklärten, ein hohes oder sehr hohes Sicherheitsgefühl zu haben. Allerdings berichteten 12,9 Prozent der Befragten die hohe Befürchtung, Opfer einer Straftat werden zu können. Dies sei der bisher höchste Wert und eine signifikante Steigerung im Vergleich zu den Umfrageergebnissen für die Jahre 2014 und 2012. Die Bürger fürchten sich also allgemein mehr und halten es auch für wahrscheinlicher, dass ihnen etwas widerfährt, obwohl die reinen Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik dies nicht belegen. Im Gegenteil, seit Jahren sind die Kriminalitätszahlen bundesweit eher rückläufig. 87,3 Prozent der Befragten äußerten ihr Vertrauen in die Polizei.
Diesem Vertrauen will das Polizeikommissariat Wolfenbüttel auch künftig gerecht werden und hierfür ihre sichtbare Präsenz ausweiten sowie Schwerpunkte bei der Bekämpfung der Einbruchs-, Jugend-, Rauschgift- und Betrugskriminalität setzen, wird abschließend versichert.
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