Kultur in Wolfenbüttel: Besser vernetzen, besser vermarkten

von Thorsten Raedlein




Wolfenbüttel. Als heimliche Kulturhauptstadt Niedersachsens tituliert, mit 500 sanierten Fachwerkhäusern ein echtes Kleinod, mit dem Schloss, der HAB und einer breiten musealen Landschaft gesegnet – Wolfenbüttel hat schon viel zu bieten. Das weiß auch SPD-Bürgermeisterkandidatin Astrid Salle-Eltner. Aber, so dachte sie sich, es gibt ja nichts, was man nicht besser machen kann. Daher hatte sie am Mittwoch zu einer Diskussionsrunde zum Thema Kultur und Wirtschaft in Wolfenbüttel eingeladen.

Neben der Kandidatin besetzten Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), Wilhelm Schmidt (Geschäftsführer Reisebüro Schmidt) und Dr. Karl Ermert (ehemaliger Direktor der Bundesakademie für Kulturelle Bildung) das Podium im Hotel Rilano. Sei früher von den Kommunen Geld für Kultur ausgegeben worden, wenn es übrig war, sei, so Salle-Eltner, sie heute zu einem "harten Standortfaktor" geworden. Helfe Kultur also auch wirtschaftlich weiter?

Sigmar Gabriel spannte in seinem Diskussionsbeitrag einen großen Bogen von der Kulturlandschaft zur Bitte am 25. Mai von seinem Wahlrecht Gebrauch zu machen – sowohl auf Kommunal- als auch auf Europaebene. Gerade die Kommunalpolitik sei für viele Dinge vor Ort – eben auch die Kulturförderung – zuständig. "Wählen gehen heißt also auch, die eigene Stadt, den Heimatort, wichtig nehmen", so Gabriel. Sicherlich sei die Kultur in der heutigen Zeit ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor, habe aber auch ein "Eigenrecht". Interessant sei für die Region der Bereich Kulturtourismus. "Zwei Drittel aller Kulturschätze in Niedersachsen sind im Braunschweiger Land zu finden", betont der Wirtschaftsminister, "es ist also spannend, herzukommen."

Natürlich helfe es der Wirtschaft, eine spannende Kulturszene vor Ort zu haben, denn auch diese sei ein Argument für Firmen, wenn sie Fachkräfte in die Region holen wollen. Verbesserungspotenzial sieht Gabriel in der Vernetzung und Vermarktung des kulturellen Angebots: "Hier könnten wir noch mehr tun." Man habe vor Ort einen Schatz, den man jedes Jahr wieder polieren müsse.

"Als Wirtschaftsmann fühle ich mich hier wohl"


Für den "Wolfenbütteler Jung'" Wilhelm Schmidt sei vor allem wichtig, das Kulturangebot vor Ort auch zu nutzen. "Wir alle wissen, was wir an Wolfenbüttel haben", unterstreicht der Unternehmer. Das Verhältnis zwischen Stadt und Wirtschaft lobt er. "Hier arbeitet man parteiübergreifend Hand in Hand", berichtet er aus eigener Erfahrung. Besonders wichtig: die Entscheidungen wurden schnell getroffen. "Heute fressen nicht die Großen die Kleinen, sondern sich Schnellen die Langsamen.", sagt er,  "Als Wirtschaftsmann fühle ich mich daher hier wohl." Freuen würde er sich, wenn es gelingen würde, die Studenten der Ostfalia in die Stadt einzubinden. Studentische Kultur käme derzeit leider zu kurz. Mit einem Augenzwinkern regte er an, doch die JVA in ein Studentenwohnheim umzubauen – eine Top-Lage wäre es ja.

Kultur- und Kreativwirtschaft nicht unterschätzen


Kultur- und Kreativwirtschaft sind nicht zu unterschätzen. Dies unterstrich Dr. Karl Ermert in seinem Part. In Deutschland eine Million Erwerbstätige, 247000 Firmen, 143 Milliarden Umsatz und eine Bruttowertschöpfung, die noch über der der Energiewirtschaft liege – Zahlen, die beeindrucken. Speziell sei dieser Arbeitsmarkt aber trotzdem. Ein Drittel der hier Beschäftigten sei selbstständig, Kleinunternehmen seien dominant, viele prekäre Arbeitsverhältnisse mit geringem Einkommen (der Durchschnittsverdienst liege bei 11000 Euro). Auch Ermert sprach sich für eine bessere Vermarktung und Vernetzung der Wolfenbütteler Kulturlandschaft aus.

Die anschließende Diskussion mit den Veranstaltungsbesuchern brachte noch einige interessante Aspekte zu Tage. So regte Gerald Soest an, darauf zu achten, dass Wohnraum in Wolfenbüttel bezahlbar bleiben müsste, wolle man Fachkräfte oder Studenten in die Stadt holen. Astrid Salle-Eltner versprach, sich im Falle eines Wahlsieges für den sozialen Wohnungsbau stark zu machen. Auch Ille Schneider dachte an die Studenten. Da gerade in der Innenstadt viele Wohnungen leer stehen, sollte sich die Stadt doch studentisches Wohnen in der Innenstadt unterstützen. Viel Geld versickere in der Kulturverwaltung, wurde von einer Opernsängerin bemängelt. Leid tragende seien die Künstler, für die am Ende nur noch wenig Geld übrig bliebe.

"Wir haben heute dicke Bretter gebohrt und dicke Bretter identifiziert, die wir noch zu bohren haben", betonte Astrid Salle-Eltner zum Abschluss. Kultur und Wirtschaft gingen in Wolfenbüttel schon Hand in Hand. Im ein oder anderen Bereich gebe es aber durchaus noch Verbesserungspotenzial.

 


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