"Lasst uns Till Eulenspiegel retten!"


| Foto: privat



Zu unserem Bericht Fusion: Schöppenstedt heiratet Samtgemeinde Asse  erreicht uns die Lesermeinung vom selbsternannten Erinnerer Jürgen Kumlehn, die wie - wie immer - ungekürzt und unkommentiert veröffentlichen:

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Schöppenstedt. Foto: Marc Angerstein



Diese Hochzeit hat aber auch Nachteile, die durchaus dramatisch sein können. Der "Zukunftsvertrag" mit der "Entschuldungshilfe" beinhaltet aber auch die Trennung von "freiwilligen Leistungen". Für Schöppenstedt bedeutet das die Trennung vom Eulenspiegelmuseum, das heißt, wenn die neu geschaffene Museumsstiftung nicht das erforderliche Kapital erreicht, um aus den Zinsen das Museum weiter zu betreiben, wird es geschlossen werden müssen. Mit der nun einige Monate laufenden Sammlung von Kronenkorken kann dieses Problem nicht gelöst werden, es sei denn, es werden ca. 8350 Tonnen Kronenkorken gesammelt.

Nähere Erläuterungen zu dieser Problematik finden Sie in dem beigefügten Text "Lasst uns das Till Eulenspiegel-Museum retten!"

Lasst uns Till Eulenspiegel retten!


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Das Eulenspiegel-Museum in Schöppenstedt. Foto: Museum



Wie kommt das Neue in die Welt? Hoffnung, so der Journalist Jan Ross, ist der Schlüssel dafür. Die Hoffnung, dass sich die Dinge zum Besseren wenden können, ist eine produktive Kraft. Sie treibt uns an. Sie eröffnet neue Horizonte, selbst wenn sie nicht Erfüllung geht. Hoffnung in der Politik?


Auf jeden Fall besser als das Immer-Schon-Bescheid-Wissen. Die Frage ist, worauf man set-zen will, auf den Versuch oder den Status quo. Suchen wir das Neue oder das ewig Gleiche? Albert Einstein hat einmal gesagt, dass man Probleme nicht mit derselben Denkweise lösen kann, durch die sie entstanden sind. Das einzige was hilft, sind andere Blickwinkel und über-raschende Sichtweisen. Auch der Mut, etwas zu wagen. Nur dann sieht man weiter. Es geht bei der Hoffnung nicht um Naivität oder Wunschbilder, sondern darum, dass die Dinge in Bewegung bleiben und möglich werden.

Im Namen von Kreistag und Verwaltung wünsche ich allen Bürgerinnen und Bürgern einen guten Start in das Jahr 2014, hoffnungsfroh und zuversichtlich.

Gedanken zum Jahreswechsel 2014, Landrätin Christina Steinbrügge, ebenfalls Vorstandsmitglied der Till Eulenspiegel-Museumsstiftung

Das Schöppenstedter Eulenspiegel-Museum benötigt den oben von Frau Steinbrügge erwähnten Mut, alternative Denkweisen und vor allem viel Geld, um nach 2014 weiterhin bestehen zu können. Ein an die Wolfenbütteler Kreistagsfraktionen und die Landrätin gerichtetes Schreiben mit der Bitte, angesichts einer aktuellen günstigen finanziellen Lage des Landkrei-ses die für die Museumsstiftung bereits geleistete Summe von 200.000 Euro erheblich zu erhöhen, ist von Frau Steinbrügge am 18.12.2013 mit diesem Satz abgelehnt worden: Ein wei-teres Engagement des Landkreises Wolfenbüttel ist nach Beschlusslage des Kreistages nicht vorgesehen. Die Hoffnung ohne Naivität wird zeigen, bis wann dieser Beschluss aufrecht erhalten werden kann.

Ein Schöppenstedter Aufruf fordert seit einigen Monaten dazu auf, durch Spenden oder durch das Sammeln von Kronenkorken genügend Kapital für die 2012 gegründete Museums-Stiftung zu schaffen. Erforderlich sind drei Millionen Euro. Durch eine angenommene zukünftige Verzinsung von drei Prozent soll ein Betrag von jährlich 90.000 Euro eingenommen werden, mit dem der Betrieb des Museums zukünftig gewährleistet werden kann.

Die Samtgemeinde Schöppenstedt ist zur Zeit noch Trägerin des Museums, allerdings nur noch bis Ende 2014. Der Grund ist die Fusion der Samtgemeinden Schöppenstedt und Asse ab 1. Januar 2015 auf der Grundlage eines Zukunftsvertrages mit dem Land Niedersachsen nebst Entschuldungshilfe. Das Abkommen verpflichtet die Samtgemeinde unter anderem dazu, frei-willige Leistungen drastisch zu reduzieren oder sich davon zu trennen. Das Museum, das ein Jahrhunderte altes Braunschweigisches Kulturgut bewahrt, wurde durch den Vertrag auf diese kommunale Begrifflichkeit herabgestuft und hat trotz „Zukunftsvertrag“ mit dieser „Rasen-mähermethode“, 2009 verabschiedet vom Niedersächsischen Landtag, eine erheblich gefähr-dete Zukunft! Um das Museum weiterführen zu können, gründete die Samtgemeinde Schöp-penstedt mit 200.000 Euro Grundkapital eine gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Vorsitzender des Kuratoriums ist Axel Richter, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der STIFTUNG NORD/LB · ÖFFENTLICHE, in deren Förderprogramm das Museum an vorde-rer Stelle steht. Der Landkreis Wolfenbüttel beteiligte sich ebenfalls mit 200.000 Euro. Mit privaten Spenden ist bis jetzt ein Betrag von 520.000 Euro zusammenbekommen, der in Im-mobilien in Magdeburg und Hildesheim investiert wurde und bereits zu Einnahmen in Höhe von 30.000 Euro führte. Weitere Zustiftungen seien zur Zeit nicht zu erwarten, so der Käm-merer Dieter Hergesell. Es fehlen als noch rund 2,5 Mio Euro. Auf der Museumswebsite www.eulenspiegel-museum.de kann man diesen Aufruf lesen:

Unter dem Motto „Sammeln für Till!“ haben die Till Eulenspiegel-MuseumsStiftung und die STIFTUNG NORD/LB · ÖFFENTLICHE zusammen mit ihren Partnern eine einmalige Kron-korkensammelaktion ins Leben gerufen. Dabei sollen so viele Kronkorken wie möglich gesammelt werden, die als Schrott zugunsten des Till Eulenspiegel-Museums in Schöppen-stedt zu Geld gemacht werden. Auf diese Weise wird das Stiftungskapital der MuseumsStif-tung erhöht und somit der Fortbestand des Museums gesichert. So kann Till Eulenspiegel sein Zuhause behalten!

Dieser Aufruf, er wird ähnlich auch in der BZ seit Wochen wiederholt, suggeriert, dass mit Kronenkorken das erforderliche Stiftungskapital maßgeblich und für die Existenz des Museums erfolgreich erhöht werden kann. Das ist schier unmöglich, da dafür ca. 8300 Ton-nen Kronenkorken gesammelt werden müssen. Zwar hat sich die Salzgitter AG bereit erklärt, für Tagespreise - ca. 300 Euro/Tonne - zu bezahlen. Der die Öffentlichkeit anregende Aufruf, Kronenkorken zu sammeln und mit dem Verkaufserlös das Stiftungskapital anzureichern, wurde bisher erfolgreich angenommen. Allerdings werden die Kronenkorken keinen bedeu-tenden Betrag leisten, um die Fehlsumme von 2,5 Mio erkennbar zu reduzieren. Das bishe-rige Sammelergebnis - Ende 2013 - betrug nach knapp einem halben Jahr drei Tonnen. In Geld umgesetzt: 900 Euro.

Die MuseumsStiftung wird von drei Gremien gebildet: Vorstand, Kuratorium und Beirat. Vie-le bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sind in diese Gremien berufen worden: Ruth Naumann, Dieter Hergesell, Karl-Heinz Mühe, Charlotte Papendorf, Jürgen Ahrens, Christina Steinbrügge, Axel Richter, Peter Haller, Karl-Heinz Mühe, Marcus Bosse, Tobias Henkel, Dietrich Fürst, Kurt Gliwitzky, Gerhard Glogowski, Gerd-Ulrich Hartmann, Julius von Ingelheim, Björn Reckewell, Dr. Rüdiger Scheller, Sabine Sternberg, Jörg Röhmann. Wesentliche Aufgabe des Beirates ist es jetzt, die Stiftung bei der Beschaffung von weiterem Kapital und in ihrer Anlagestrategie zu unterstützen und zu beraten.

Öffentlich ist bisher nicht bekannt geworden, welche weiteren Maßnahmen zur Akquirierung von Geldern geplant sind.

Warum, kann man fragen, soll das kleine Museum in dieser fast ausweglos erscheinenden Situation gerettet werden? Wahrscheinlich sehen die meisten Menschen in Till Eulenspiegel nur einen lustigen Witzbold, der anderen Menschen Streiche spielte und eben manchmal auch ein wenig bösartig war. Möglicherweise vermuten sie auch, dass Eulenspiegel tatsächlich ca. 1300 in Kneitlingen geboren wurde und wirklich gelebt hat. Tatsache ist aber: Eulenspiegel wurde nicht in Kneitlingen geboren, hat nicht im Braunschweiger Land oder anderswo gelebt, ist auch nicht in Mölln gestorben und ist für seine Streiche nicht verantwortlich. Von der sicher reizvollen Annahme, er habe gelebt, müssen wir uns trennen! Man glaubt ja auch nicht, dass „Hans im Glück“ durchs Weserbergland wanderte und dass „Max und Moritz“ irgendwo zwischen Wolfenbüttel und Wiedensahl eine Brücke ansägten, von der aus „Schneider Böck“ ins „Wasser mit Gebrause“ stürzte. Oder glaubt jemand, dass die Kratzspuren am Braun-schweiger Dom von einem Löwen stammen, der Herzog Heinrich besuchen wollte?

Eulenspiegel ist eine literarische Figur, geboren Anfang des sechzehnten Jahrhunderts im Kopf eines Schriftstellers, der Hermann Bote aus Braunschweig sein kann - aber möglicher-weise auch ein anderer Autor war. Der Dichter ließ Eulenspiegel literarisch in Kneitlingen zur Welt kommen und ihn über das Braunschweiger Land hinaus die Streiche spielen, die sich der Autor ausgedacht hatte. Nach Ansicht des Eulenspiegel-Forschers Frank Thunack verschlei-ern die Inhalte der Historien konkrete geschichtliche Hintergründe. Das Eulenspiegel-Urbuch, nach Ansicht des wissenschaftlichen Museumsberaters Alexander Schwarz, ein Prosa-Roman, errang schon bald nach der Veröffentlichung im sechzehnten Jahrhundert großen Ruhm. Das Buch wurde zum einzigen literarischen Werk der Braunschweigischen Landschaft in der Weltliteratur - und blieb es seit mehreren Jahrhunderten. Es ist in 260 Sprachen übersetzt wor-den. Schon bald nach seinem Erscheinen wurde es zu einem „Bestseller des Abendlandes“ (Wikipedia). Allein während des 16. Jahrhunderts erschienen mindestens 35 Ausgaben in Deutschland. Bereits zu dieser Zeit wurde es in die meisten Sprachen Europas übersetzt. Dazu beigetragen hat sicher die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg nur knapp 60 Jahre vor der Veröffentlichung des Eulenspiegel. Es ist sicher ein reiner Zufall - obwohl, bei Eulenspiegel muss man vorsichtig sein -, dass es in Schöppenstedt seit 2013 ganz in der Nähe des Eulenspiegel-Museums einen "Historischen Bücherhof" mit einer "Schauwerkstatt des Deutschen Buchbindereimuseums" im Gutenberg-Museum in Mainz gibt.

Unserem Kneitlinger Eulenspiegel ähnlich Figuren sind in fast allen Erdteilen überliefert. Nur ein Beispiel: In ihrer Autobiografie "Under My Skin" beschreibt Doris Lessing einen Freund, mit dem sie in Rhodesien eine kurze Affäre hatte: He was like Till Eulenspiegel or the Baron Münchhausen, a magican from a world where it was natural to laugh, insult government and authority, where poverty was just a big joke. (S. 355)

Das Buch und die daraus entstandene und seit Jahrhunderten immer noch lebendige literari-sche und musikalische Kultur und Wissenschaft ist ein bedeutsames Kulturgut des Braun-schweiger Landes, nicht weniger als ein Weltkulturerbe. Hieraus erwächst die Bedeutung des Buches und der Romanfigur Eulenspiegels für unsere Region: Das Museum in Schöppenstedt bewahrt seit Jahrzehnten diese frühe kulturelle Leistung eines Autors aus dem 16. Jahrhun-dert, der seinen Roman in dieser Region spielen ließ. Mit der Schließung des Museums würde dieser Beitrag aus der kulturellen Überlieferung des Braunschweiger Landes allmählich ver-loren gehen. Die Bedeutung des Museums lässt sich auch durch die dortige Bibliothek erken-nen. Erich Leimkugel begann einst mit einer Sammlung von ca. einhundert Büchern zum The-ma Eulenspiegel. Der „Katalog der Eulenspiegel-Literatur“ des Schöppenstedter Museums von Walter Hinz aus 1984 enthält bereits eine immense Zahl an Büchern und anderen Publi-kationen. Bewahrt werden einige Tausend Bücher aus mehreren Jahrhunderten, Skulpturen, Musikstücke, Gemälde, Grafiken, Zeichnungen, Radierungen, Filme und sonstige Devotiona-lien. Nicht nur die Sammlung ist international, sondern auch die Beachtung des Museums an-sich. Ein Beispiel: 1976/77 erwarb der Freundeskreis Till Eulenspiegels an Erich Kästners Eulenspiegel-Buch ausgerichtete Ausgaben in diesen Sprachen: Chinesisch, Thailändisch, in den vier indischen Sprachen Bengali, Hindi, Marathi und Urdu, Spanisch. Jahrzehntelang wurden bekannte Persönlichkeiten des Öffentlichen Lebens - Bundeskanzler, vier Minister-präsidenten, Künstler u.a. - durch den Freundeskreis Till Eulenspiegels mit dem Ehrentitel „Bruder Eulenspiegel“ ausgezeichnet. Seit 1960 erscheinen die Eulenspiegel-Jahrbücher mit vielen Auslegungen der Romanfigur und Informationen über die vielfältige Rezeption des Buches in der ganzen Welt.

Ich möchte den Wolfenbütteler Schriftsteller und Altphilologen Wilhelm Brandes aus seinem 1924 in Wolfenbüttel erschienenen Buch „Braunschweigs Anteil an der Entwicklung der deutschen Literatur“ zitieren, in dem er auf das Eulenspiegel-Buch einging und Hermann Bothe für den Autor hält: So kann man sagen, daß der Parteigänger der Patrizier in Till den Bauernwitz zum Bundesgenossen genommen hat, um die Gegner unten und oben dem Lachen der Welt preiszugeben. Und er hat damit einen beispiellosen Erfolg gehabt, denn kein deut-sches Volksbuch ist so oft erneuert und aufgelegt, wie der Eulenspiegel, keins hat einen so internationalen Namen ringsum auch bei den Romanen gewonnen, ja kein dichterischer Schatten dieser Zeit außer dem Doktor Faustus ist so oft in den folgenden Jahrhunderten wieder heraufbeschworen und mit neuem Leben und Sinn erfüllt, wie der des Kneitlinger Bauernjunge. (S. 22/23)

Zum Eulenspiegel-Museum: Ende der 1928er/1930er Jahre begann der in Schöppenstedt ge-borene und damals in ganz Deutschland bekannte Ballonfahrer und Apotheker Erich Leim-kugel, Eulenspiegel-Bücher zu sammeln. Im Hinterhaus seines Elternhauses richtete er ein kleines Heimatmuseum ein. Das Museum und die stetig wachsende Bücher- und Skulpturen-sammlung kam Mitte der 1930er Jahre in das Blickfeld der nationalsozialistischen Heimat-kultur. Das 1940 erschienene Eulenspiegel-Buch des Braunschweiger Schriftstellers Professor Ernst August Roloff legte unter anderem die Grundlage für einen ideologischen Missbrauch der Eulenspiegel-Figur. Leimkugel wohnte in Essen und betrieb dort eine Apotheke und besuchte Schöppenstedt immer wieder, um am Aufbau des Museums mitzuwirken. In Essen gehörte er zum bürgerlichen NS-Widerstand, war ein guter Bekannter von Theodor Heuß und half NS-Verfolgten bei der Flucht ins Ausland. 1945 gehörte er zu den Gründern der FDP. 1947 schenkte er die Eulenspiegel-Sammlung seiner Heimatstadt, er starb im gleichen Jahr.

Das Museum wurde also vor bald achtzig Jahren gegründet! Damit gehört es zu den ältesten Museen in der Region Braunschweig und ist offenbar das älteste Museum im Landkreis Wol-fenbüttel: Das hiesige Schlossmuseum wurde in den 1950er Jahren gegründet, das frühge-schichtliche Museum in der Kanzleistraße wurde Anfang der 1960er Jahre eingerichtet. Die klassischen Braunschweiger Museen - Landesmuseum, Städtisches Museum, Herzog-Anton-Ulrich-Museum und Naturhistorisches Museum - sind als ehemalige Hauptstadteinrichtungen selbstverständlich die älteren Häuser.

Außer dem in Schöppenstedt gibt es noch weitere Eulenspiegel-Museen: In Mölln wurde es 1996 eröffnet. Nur ein paar Kilometer von Mölln entfernt liegt das Dorf Groß Pampau, in dem der Lauenburgische Eulenspiegel geboren sein soll. Charles de Coster ließ seinen flämischen Uilenspiegel - ebenfaklls Weltliteratur - in Damme zur Welt kommen. Aus einer seit 1979 entstandenen Eulenspiegel-Kollektion entstand 1980 das berühmte Museum In Flandern. An-geschlossen an das Bernburger Museum ist ein hoher Bergfried am Schloss, in dem die Bern-burger Historie Eulenspiegels spielt. Ganz oben unterm Dach in der Türmerstube sitzt Eulen-spiegel und erzählt seine Historie.

Till Eulenspiegel ist die Hauptfigur in dem literarischen Werk eines Autors, über dessen Iden-tität sich Eulenspiegelexperten bisher noch nicht einigen konnten. Einige Eulenspiegelfor-scher nehmen an, es handele sich um den Braunschweiger Zollschreiber Hermann Bote. Das Werk erschien am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts und trägt den Titel: „Till Eulenspie-gel aus dem Lande Braunschweig - Wie er sein Leben vollbracht hat“. Der Autor lässt seine Romanfigur durch viele deutsche Städte und Dörfer ziehen und dort seine „Schalkheiten“ begehen, aber auch im Vatikan, in Dänemark, Polen, Holland und der Tschechoslowakei. Allein im Braunschweiger Land spielen 16 der 96 Historien. Über die Frage, ob Eulenspiegel gelebt hat, gibt es unter den Forschern eine beinahe einhellige Meinung: Till Eulenspiegel hat nicht gelebt. Nichtsdestotrotz: Das Motto des Freundeskreises Till Eulenspiegels, der noch weitere Mitglieder sucht, lautet: Hei lewet noch! Thomas Parr schrieb in der BZ im August 2013: Till Eulenspiegel kommt aus dem Braunschweiger Land und zu recht sind die Men-schen in der Region stolz auf die Streiche, die er hier gespielt hat.

Spuren des Kneitlingers sind in der gesamten Braunschweiger Landschaft zu finden, in vielen Städten Deutschlands und vor allem in Braunschweig: Wer dem Braunschweiger Rathaus zu-strebt und es auch betritt, kann es kaum vermeiden, mit Eulenspiegel in Berührung zu kom-men. In der Fußgängerzone fallen zwischen der Pflasterung die farbigen Narren-Symbole auf. Mitte der 1970er Jahre gehörte auch Braunschweig zu den Eulenspiegel-Städten, die be-schlossen, ein Symbol der Freundschaft an ihren Rathäusern anzubringen. Links neben dem Rathaus-Portal hängt seitdem an der Außenwand die „Freundschaftsplakette der Eulenspiegel-orte“ in Deutschland und Belgien. (Kneitlingen, Schöppenstedt, Helmstedt, Eisleben, Erfurt, Frankfurt, Köln, Nürnberg, Büsum, Goslar, Einbeck, Rostock, Wolfenbüttel, Braunschweig, Berlin-Reinickendorf, Damme, Antwerpen, Mölln und Brügge.) Selbst die Rathaustür - am Knauf - schmückt ein Eulenspiegelportrait. An vielen Stellen der Stadt trifft man auf Eulen-spiegelspuren: Von der Eulenspiegeltwete über den Eulenspiegelbrunnen und den Fassaden-malereien in der Kreuzkampstraße bis hin zum Kleidersellerweg und weiter zum Grünen Jäger, usw.

Wie also kann Eulenspiegel gerettet werden? Kronenkorken und einzelne private Spenden können nur wenig hilfreich sein, das Defizit von 2,5 Millionen Euro zu verringern. Ob sich die Braunschweiger Kulturstiftungen NORD/LB · ÖFFENTLICHE und Braunschweiger Kul-turbesitz mit erklecklichen Summen beteiligen werden, ist zumindest bisher öffentlich nicht bekannt. Unterstützt worden ist das Museum schon mehrfach durch die Volkswagenstiftung. Der Landkreis Wolfenbüttel hat sich bereits mit 200.000 Euro beteiligt, sollte aber angesichts einer derzeit günstigen Finanzlage einen weiteren hohen Beitrag leisten. Die Stadt Braun-schweig müsste schon allein durch ihre Verbundenheit mit Eulenspiegel und dem möglichen Autor Hermann Bote den Drang verspüren, finanziell zu helfen. Tippt man in der Suchfunk-tion der Braunschweiger Website „Eulenspiegel“ ein, erhält man 78 Aufrufe, und mindestens einen sogar in Englisch. Gerd Biegel, mit seiner Verwurzelung in Braunschweig und seinem offensiven Geschichtsbewusstsein, sollte sein Talent dem Museum zur Verfügung stellen. Bleibt noch das Land Niedersachen, das mit seiner undifferenzierten Forderung des Einstel-lens von Freiwilligen Leistungen der Kleinstadt Schöppenstedt dieses riesige Problem auf-gebürdet hat. Wenn es auch in Hannover liegt, hat das Parlament schon allein eine historische Verpflichtung, einem Museum im Braunschweiger Land das Überleben zu sichern!

Eine interessante Rolle spielt hierbei auch die ehemalige Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Johanna Wanka, gerade erneut berufen als Bundesministerin für Bildung und Forschung. Sie nahm am 8. Februar 2012 als niedersächsische Ministerin an einem „Öffentlichen Fachgespräch zur Kulturfinanzierung in den Kommunen“ des Bundes-tagsausschusses für Kultur und Medien in Berlin teil. Im Protokoll wird Sie unter anderem so zitiert: Zwischen 102 Kommunen und der Landesregierung gibt es Verträge über Entschul-dungen in Millionenhöhe. Es ist für die Kulturfinanzierung außerordentlich wichtig, dass es an vielen Stellen zum ersten Mal wieder Luft zum Atmen und für Überlegungen gibt, wie man weiter vorgehen will. Die Wirkung ist schon sichtbar, wenn ich zum Beispiel an die Gemeinde Schöppenstedt denke, die von einer riesigen Schuldenlast befreit wird und deshalb überlegen kann, wie das Till-Eulenspiegel-Museum, das überregional von Bedeutung ist, auf eine stabile Basis gestellt werden kann. Da wird jetzt ein Stiftungsmodell entwickelt, in das die Kommune selbst einsteigen will. Ich glaube, ein wichtiger Nebeneffekt des Zukunftsvertrages ist, dass

die Landesseite strikte, harte Forderungen stellt, damit die Entschuldung nicht dazu führt, dass in wenigen Jahren die Gesamtsituation in den Gemeinden erneut in Schieflage gerät.

Wankas Äußerungen, in denen ein wenig Selbstlob mitschwingt, mögen berechtigt sein, doch so einfach, wie sie es sich vorstellte, ist es nun mal nicht. Es ist hier etwas geschehen, wie schon so oft: Das Land, sprich: die Landtagsabgeordneten!!, macht Gesetze mit finanziellen Auswirkungen und überlässt das Bezahlen den Kommunen. Wie stehen die Landtagsabgeord-neten der Region Braunschweig zu diesem Dilemma? Sie kennen es, denn ich habe sie infor-miert. Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, mit der die Problematik einer größeren Öffentlich-keit bekannt gemacht werden kann: Den drei in Hannover spielenden Historien nun eine vier-te hinzufügen? Die 67. Historie sagt, wie Eulenspiegel zu Hannover in eine Badestube schiß und meinte, sie sei ein Haus der Reinheit.


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