Lessing-Preis für Kritik geht an die Journalistin Vanessa Vu

Die Preisverleihung dazu soll am 8. Mai im Lessingtheater in Wolfenbüttel stattfinden.

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Symbolbild | Foto: Anke Donner

Wolfenbüttel. Die Lessing-Akademie Wolfenbüttel hat gemeinsam mit der Braunschweigischen Stiftung und der Stadt Wolfenbüttel die diesjährigen Preisträger des Lessing-Preises für Kritik bekanntgegeben. Wie die Lessing-Akademie am Freitag mitteilte, geht der Preis in diesem Jahr an die Journalistin Vanessa Vu.


Die Preisträgerin darf eine Förderpreisträgerin oder einen Förderpreisträger eigener Wahl bestimmten. Diesen werden in diesem Jahr die Künstlerin Moshtari Hilal und der Wissenschaftler Sinthujan Varatharajah erhalten. Die Preisverleihung dazu soll am 8. Mai im Lessingtheater in Wolfenbüttel stattfinden. Die Laudatio wird Bascha Mika halten ‒ Journalistin und Publizistin sowie Professorin an der Universität der Künste Berlin.

5.000 Euro Förderpreis


Vanessa Vu hat für den Förderpreis die Künstlerin Moshtari Hilal und den politischen Geographen Sinthujan Varatharajah vorgeschlagen. Moshtari Hilal, 1993 in Kabul (Afghanistan) geboren, ist freischaffende Künstlerin, Illustratorin, Kuratorin und Autorin. Sie lebt in Hamburg. Ausgangspunkt für ihre Arbeiten ist neben ihrem Körper ihre eigene Biografie sowie ein Archiv an Fotos, Erinnerungen und Erzählungen. Gezielt hinterfragt sie Stereotype, etwa in Bezug auf die eigene und fremde Körperwahrnehmung sowie der bildnerischen Darstellung von Identität.

Sinthujan Varatharajah, 1984 in Jaffna (Sri Lanka) geboren, befasst sich in seiner Forschung mit Vertreibungen, Staatenlosigkeit und räumlichen Ungleichheiten, etwa mit den Situationen in Heimen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Er ist zu- dem politischer Berater der Organisation Open Society Foundation, die sich mit der Bekämpfung von Diskriminierung, der Verbesserung des Zugangs zu und der Teil- habe an Bildung und Gesundheitsversorgung sowie der Wahrung digitaler Freiheiten beschäftigt.


Der Lessing-Preis für Kritik ist mit insgesamt 20.000 dotiert und wird seit dem Jahr 2000 gemeinsam von Lessing-Akademie e.V. Wolfenbüttel und der Braunschweigischen Stiftung verliehen. Seit 2019 ist als dritte preisvergebende Einrichtung die Stadt Wolfenbüttel hinzugekommen. Mit dem Lessing-Preis für Kritik wird, nach dem Vorbild Lessings, Kritik in einem elementaren, fachübergreifenden, auch gesellschaftlich wirksamen Sinn ausgezeichnet, eine bedeutende, geistig und institutionell unabhängige, risikofreudige kritische Leistung.

Die Jury


Zur Jury für den Lessing-Preis für Kritik 2022 gehörten die Münchener Publizistin Dr. Franziska Augstein, Prof. Dr. Cord-Friedrich Berghahn, Germanist aus Braunschweig und Präsident der Lessing-Akademie, der Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Prof. Dr. Peter Burschel, die Schriftstellerin Lena Gorelik, die Präsidentin der TU Braunschweig, Prof. Dr. Angela Ittel, und der in Berlin lebende Publizist Albrecht von Lucke.

Die Preisträgerin Vanessa Vu


Vanessa Vu, 1991 geboren als Vũ Hồng Vân, ist Tochter vietnamesischer Einwanderer. Die Familie verbrachte ihre ersten Jahre in Deutschland in einem Asylbewerberheim im niederbayerischen Pfarrkirchen. Nach dem Abitur studierte Vu Ethnologie und Völkerrecht an der Ludwig Maximilians Universität München, Sozialwissenschaften an der Université de Paris und Südostasien-Studien mit Schwerpunkt auf Ethnizität und Konflikt an der SOAS University of London. Anschließend absolvierte sie die Deutsche Journalistenschule in München. Sie war Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung, die sie im Programm »Medienvielfalt, anders« förderte.

Seit 2017 arbeitet Vu als Redakteurin bei der ZEIT. Sie begann zunächst im Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. 2018 konzipierte sie die Serie Alltag Rassismus mit mehreren eigenen Beiträgen. Zudem moderierte sie zeitweise den Nachrichten- podcast Was Jetzt? 2019 wechselte Vu in das neu gegründete »Ressort X«, das vor allem Themenschwerpunkte setzt, etwa über die Ost-West-Wanderungen nach 1990, über Polizeigewalt oder Vermögensungleichheit. Für dieses neue Ressort schrieb sie mehrere Reportagen, unter anderem über Schönheitsoperationen in Südkorea, Gen- der und Mobilität oder Wirtschaftsmigration aus Zentralvietnam.

Neben ihrer Arbeit bei der ZEIT hostet Vu zusammen mit Minh Thu Tran seit 2018 den unabhängigen Podcast Rice and Shine, der nach Halbe Katoffl der zweite deutschsprachige Podcast ist, der sich explizit mit postmigrantischen Lebensrealitäten und Perspektiven auseinandersetzt. Vu und Tran beschäftigen sich darin insbesondere mit der vietdeutschen Diaspora in Form von Gesprächen, Interviews, Reportage-Elementen und Storytelling-Folgen. Der Podcast hat eine breite Öffentlichkeit erreicht und ist mehrfach ausgezeichnet worden. Große Aufmerksamkeit in der Öffentlickeit erhielt der Podcast mit der Folge Hamburg 1980: Als der rechte Terror wieder auf- flammte. In ihr berichten Vu und Tran über die Schicksale der sogenannten ›boat pe- ople‹, die im Zuge des Vietnamkrieges auch nach Deutschland kamen und sich in ihrem Exil neuen Herausforderungen stellen mussten.

Zudem tritt Vu als Speakerin und Moderatorin auf, gibt Workshops rund um Journalismus und Podcasting und spricht sich für vielfältigere Stimmen im deutschen Journalismus aus. Seit 2021 lädt sie Gäste in ihr ›Klassenzimmer‹ an der Berliner Schaubühne ein, um mit ihnen über tagesaktuelle Themen zu diskutieren.


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