Wolfenbüttel. Nach Angaben der Landessuchtstelle Schleswig-Holstein beeinflusst das Smartphone immer stärker das tägliche Leben der Jugendlichen. Viele junge Menschen würden es demnach mit dem Konsum übertreiben. Jedes zweite Kind hat ein Handy. Diese Zahlen nannte der Verband Bitkom in Berlin. Bei den 19-Jährigen sind es 95 Prozent. Um zu erfahren, wie es um die Situation in der Lessingstadt bestellt ist, hat RegionalWolfenbüttel.de beim Zuständigen für Suchtprävention vom Lukas-Werk, Carsten Feilhaber, nachgefragt.
"Seuche der Neuzeit"
Diesen Trend zum Rund-Um-Die-Uhr-Erreichbar-Sein, der sich zudem nicht erst seit Kurzem abzeichne, beobachtet auch Carsten Feilhaber. Er bezeichnet die Smartphones als "Seuche der Neuzeit". "Einmal damit angefangen, ist es schwer, wieder davon loszukommen. Es gibt ein paar, die es bewusst steuern können und wissen, wann ein Smartphone in die Tasche gehört.", berichtet der Suchtberater, auch wenn dies die Minderheit darstelle. "Es gibt aber auch Leute, die ohne ihr Handy nichts mehr unternehmen."
Das Problem von jederzeit und überall
Wird dieses Verhalten übertrieben, könne man schon von einer Art Sucht sprechen, so Carsten Feilhaber und das birgt auch Gefahren. Das Lukas-Werk ist oft zu Besuch an den Schulen, um über Süchte jeglicher Art aufzuklären. Auch hier viel das Thema "Smartphones" bereits an der ein oder anderen Stelle. "Ab der achten Klasse sieht man fast keinen Schüler mehr, der kein Handy besitzt.", so Carsten Feilhaber. Mitunter können man sogar beobachten, dass manche Schüler sogar nervöse Züge zeigen, weil sie während der Unterrichtszeit nicht ihr Handy benutzen dürfen. Das erste, was nach dem Klingelzeichen passiert, sei der Blick auf das Handy. Diese Abhängigkeit und das suggerierte Gefühl, direkt auf eingehende Nachrichten zu antworten, können bereits als Zwang angesehen werden. Zudem sprechen Smartphones verschiedenste Reize an, sodass das Gehirn andere Dinge nicht mehr so gut verarbeiten kann. "Die optischen, akustischen und auch kommunikativen Reize führen dazu, dass etwa zuvor gelernter Stoff vergessen wird. Wenn man das Gehirn nicht anstrengt, verlernt man es eben.", verdeutlicht Carsten Feilhaber.
"Entweder Kippe oder Smartphone": Schlechte Vorbilder
Das Problem dieses Abhängigkeitsproblems sieht Carsten Feilhaber im Elternhaus selbst. Kinder suchen sich Vorbilder und oft leben Eltern, auch wenn unbewusst, den abhängigen Umgang mit dem Smartphone vor. So erhalten Kinder im Alter von sieben oder acht Jahren bereits ein eigenes Handy, damit sich die Eltern auch während der Schulzeit nach dem Wohlergehen des Kindes erkundigen können. "Völlig unnötig", betont Carsten Feilhaber. "Während des Schulbesuches tragen die Lehrer die Verantwortung. Ein Handy in dem Alter hat hier also keine sachliche Notwendigkeit." So werde also in frühen Jahren schon ein falsches Bild vermittelt.
Man muss nicht immer erreichbar sein
Nichtsdestotrotz betont Carsten Feilhaber, dass man dem Thema "Smartphone" nicht ganz so negativ entgegentreten sollte. Immerhin ermöglicht es, sich auf unkompliziertem Wege auszutauschen, zu verabreden und miteinander zu kommunizieren. Man kann Emotionen und Momente per Video oder Bild festhalten und andere daran teilhaben lassen. "Man muss lediglich wissen, wann man es in der Tasche lassen sollte." Auch ein häufiger Gebrauch sei nicht beunruhigend, so lange man auch noch den Blick für andere Dinge habe. Carsten Feilhabers Tipp ist also: "Das Telefon einfach auch mal aus der Hand legen."
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