Wolfenbüttel. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) will als Betreiber des havarierten Atommüll-Endlagers Asse II ein Zwischenlager für die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle unmittelbar neben der Schachtanlage errichten. Asse-ferne Standorte seien nicht einmal geprüft worden, wie beispielsweise vom Asse-2-Koordinationskreis (A2K) gefordert. Dies geht aus der Beantwortung einer Anfrage des Wolfenbütteler Bundestagsabgeordneten Victor Perli (Die Linke) hervor. Die BGE bestätigte die Pläne gegenüber regionalHeute.de. Das Lager soll bis 2033 fertiggestellt werden.
Einen Baubeginn hingegen teilte die BGE unserer Redaktion nicht mit. Perli fragt in seinem Schreiben an das Bundesumweltministerium ganz offen: "Wann und in Abstimmung mit wem hat die Bundesregierung die 'politische Entscheidung' getroffen, dass ein Atommüll-Zwischenlager direkt oberhalb des instabilen Atommülllagers Asse II und in der Nähe von Wohnbebauung errichtet werden soll, ohne den vom Asse-Begleitprozess aus Bürgern, Kommunen und Wissenschaft einhellig geforderten Standortvergleich zwischen Asse-nahen und konkreten Asse-fernen Standorten durchzuführen?" Die Antwort aus dem Bundesministerium auf diese Frage blieb eher diffus: "Das Bundesumweltministerium trägt (...) die Festlegung, das Zwischenlager für die aus der Schachtanlage Asse II zurückzuholenden radioaktiven Abfälle in der Nähe des Bergwerkes zu errichten, ausdrücklich mit und steht zu dieser Entscheidung." Bereits der frühere Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) habe ein Asse-nahes Zwischenlager bevorzugt und "dessen Vorteile seit dem Jahr 2010 der Asse II-Begleitgruppe zu vermitteln versucht." Weder das Umweltministerium, noch der jeweilige Betreiber hätten eine Zustimmung für die Prüfung Asse-ferner Standorte gegeben, so das Umweltministerium weiter.
"Ein Asse-ferner Standort ist nicht möglich"
Ähnlich absolut drückt sich auch die BGE gegenüber regionalHeute.de aus. "Eine Abwägung zwischen Asse-nahen und Asse-fernen Standorten ist hier nicht möglich", erläutert die BGE und führt aus: Eine Anlage zur Abfallbehandlung (Konditionierung) muss zwingend vor Ort errichtet werden. Ein Zwischenlager für die neu verpackten Abfälle könnte auch an einem anderen Standort errichtet werden. Auch in diesem Fall wird vor Ort ein größeres Lager benötigt, in dem Abfälle im Zeitraum zwischen der Rückholung und der Abfallbehandlung sowie im Zeitraum zwischen Abfallbehandlung und Abtransport zwischengelagert werden. Ein Zwischenlager an einem Asse-fernen Standort führt also nicht dazu, dass vor Ort kein Lager benötigt wird." Ein zusätzliches Zwischenlager an einem Asse-fernen Standort erfordere Transporte, die im Falle eines Zwischenlagers vor Ort entfielen, meint die BGE und argumentiert: "Diese Transporte führen zu einer Strahlenbelastung des Transportpersonals, die durch ein Zwischenlager vor Ort vermieden wird. Eine konkrete Abwägung unterschiedlicher Standorte kann an diesem Ergebnis nichts ändern und ist daher nicht sinnvoll."
"Eine schlimme Behördenarroganz"
Für die Asse-2-Begleitgruppe sei die "vorzeitige Festlegung auf ein assenahes Zwischenlager nicht akzeptabel". Die wissenschaftliche "Arbeitgruppe Optionen - Rückholung" (AGO) innerhalb der A2B sei zu dem Schluss gekommen, dass das Ergebnis des Auswahlverfahrens nicht ausreiche, um eine abschließende Standortentscheidung zu treffen. Auch Victor Perli zeigt sich nicht unbedingt zufrieden über die Antworten, die er vom Umweltministerium erhielt: "Bei der Zwischenlager-Standortentscheidung erleben wir eine schlimme Behördenarroganz im Umgang mit unserer Region. Die Rückholskizze wurde ohne Begründung extrem verspätet vorgelegt. Die Asse-Begleitgruppe hat eher zufällig in einer Liveschalte von Umwelt-Staatssekretär Flasbarth erfahren, dass die Bundesregierung bereits politisch über den Standort entschieden hat", meint Perli und kritisiert, dass die Forderungen der Begleitgruppe ignoriert worden seien.
Eine "unfaire" Standortentscheidung
Perli erklärt weiter: "Parlamentarische Anfragen nach den technischen und fachlichen Gründen für den Verzicht auf einen alternativen Standortvergleich werden de facto nicht beantwortet. Umweltministerin Schulze (SPD) kümmert sich überhaupt nicht um die Asse. Die Verantwortlichen in Berlin haben wohl vergessen, dass der Bund die Verantwortung für die skandalöse Einlagerung von Atommüll in das marode Bergwerk trägt. So geht man nicht mit einer Region um, die seit Jahrzehnten unter der Fehlentscheidung leidet. Die unfaire Standort-Entscheidung muss korrigiert werden."
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