Von Schweinehaltungsanlagen gehen Schadstoffe wie Stäube und Ammoniak sowie Gerüche aus, die die Nachbarschaft und die Umwelt erheblich belasten können. Aus Tierhaltungsbetrieben können zudem Pilze, Bakterien und Viren in die Luft gelangen und so die Gesundheit der Anwohnerinnen und Anwohner beeinträchtigen. Niedersachsen fordert wegen dieser Belastungen daher jetzt den Einbau von Abluftreinigungsanlagen in großen Mastbetrieben mit mehr als 2000 Schweinen. „Damit stellen wir sicher, dass große Schweinehaltungsanlagen dem aktuellen Stand der Technik entsprechen und die Anwohnerinnen und Anwohner so gut wie möglich geschützt werden", sagte Umweltminister Stefan Wenzel heute in Hannover.
Dem Runderlass des Umwelt-, des Landwirtschafts- und des Sozialministeriums zufolge ist ab sofort in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen von großen Schweinehaltungsanlagen der Einbau von Abluftreinigungsanlagen festzuschreiben. Als groß gelten Ställe mit mehr als 2000 Mastschweineplätzen, 750 Sauenplätzen oder 6000 Ferkelplätzen. Dort, wo dies bei bestehenden Anlagen technisch möglich und verhältnismäßig ist, ist der Einbau eines zertifizierten Filters nachträglich anzuordnen. Für bestehende Anlagen gilt eine Umsetzungsfrist von fünf Jahren.
Ab sofort sind außerdem in den Genehmigungsverfahren für Schweine- und auch für Geflügelhaltungsanlagen Sachverständigengutachten zu Bioaerosolemissionen zu fordern, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind. Im Rahmen dieser Gutachten sind die gesundheitlichen Risiken durch Bioaerosolemissionen zu bewerten und durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. Dies betrifft Anlagen mit mehr als 1500 Mastschweineplätzen beziehungsweise mehr als 15.000 Legehennen oder 30.000 Mastgeflügelplätzen.
Der „Filtererlass" beruht auf einer gemeinsamen Initiative des Umwelt-, des Landwirtschafts- und des Sozialministeriums. Beteiligt wurden die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenver-bände, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie das Landvolk Niedersachsen. Der Erlass berücksichtigt auch die wirtschaftlichen Aspekte der Tierhaltungsanlagen.
Agrarminister Christian Meyer erklärte: „Mit den neuen Regelungen kommen wir gerade in einem tierhaltungsintensiven Land wie Niedersachsen dem Wunsch vieler Kommunen und Bürgern nach einheitlichen Standards und einem hohen Schutzniveau von Umwelt und Nachbarschaft nach. Die Auflagen betreffen nur Großbetriebe und stärken eine gesellschaftlich akzeptierte bäuerliche Landwirtschaft. Auch von den vom jetzigen Erlass nicht betroffenen Tierhaltungsanlagen können Belastungen für Mensch und Umwelt ausgehen."
Die Landesregierung sieht im gemeinsamen Erlass daher nur einen ersten Schritt für ein höheres Schutzniveau bei der Genehmigung großer Stallhaltungsanlagen. Gemeinsam mit den Kommunen, Wissenschaft und Verbänden soll daher auch die Ausweitung der Filterpflicht auf andere Tierhaltungsanlagen wie Geflügel, Detailregelungen zum Keimschutz und die Tierrettung im Brandfall besser geregelt werden. Niedersachsen schreibt Abluftreinigungsanlagen als zweites Bundesland nach NRW vor. „Der Bundesumweltminister ist aufgefordert, den Stand der Technik für ganz Deutschland festzuschreiben", forderte Wenzel.
„Unsere Sorge gilt dem Wohlbefinden der Menschen in der Nachbarschaft solcher Betriebe. Gerade in ländlicheren Gegenden erwarten zum Beispiel Eltern ein gesundes Umfeld für ihre Kinder. Die Abluftreinigungsanlagen sind ein Beitrag dazu", betonte Sozialministerin Cornelia Rundt.
Der Niedersächsische Landkreistag (NLT) begrüßt den gemeinsamen Erlass der beteiligten Ministerien als wichtigen Schritt in die richtige Richtung: „Seit Dezember 2010 haben wir die Landesregierung immer wieder um entsprechende Hinweise gebeten, um landesweit rechtssicher Genehmigungen in immissionsschutzrechtlichen Verfahren erteilen zu können. Insbesondere für die großen Schweinemastanlagen ist nunmehr ein Stück Planungssicherheit erreicht. Das hilft allen - den Bürgerinnen und Bürgern, den Genehmigungsbehörden, aber auch den potenziellen Investoren", erklärte NLT-Geschäftsführer Prof. Dr. Hubert Meyer.
Besondere Probleme bereiteten vor Ort aber auch die großen Geflügelställe, so Prof. Dr. Hubert Meyer weiter. Es sei gut, dass nunmehr die Voraussetzungen für das Einfordern von Gutachten zur Keimbelastung geklärt sind. Sobald weitere zertifizierte Anlagen zur Minderung von Staub- und Ammoniakemissionen auf dem Markt seien, müsse der Einbau von solchen Filtern auch für die großen Geflügelställe obligatorisch werden, forderte Prof. Dr. Hubert Meyer. Die gemeinsame Vorstellung des Erlasses durch die verantwortlichen Ressortchefs der Landesregierung und den NLT bewertete der NLT-Geschäftsführer als ermutigendes Signal für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Landes- und Kommunalbehörden für einen wirksamen Umwelt- und Verbraucherschutz.
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