"Polemische und unsachliche Kampagne"

von Thorsten Raedlein




Wolfenbüttel. Vor kurzem wurde vom stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion,Frank Oesterhelweg, die gesetzliche Erlaubnis zur Bejagung des streng geschützten Wolfes gefordert (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Hierzu erreichte die Redaktion nun eine Entgegnung der örtlichen Naturschutzverbände, die wir – wie immer unkommentiert und ungekürzt – im Anschluss veröffentlichen.
Erst seit 2012 ist der Wolf auch in Niedersachsen durch natürliche Ausbreitung wieder heimisch. Zurzeit sind fünf Rudel mit Nachwuchs im letzten Jahr bekannt, hinzu kommen einige Einzeltiere bzw. Paare ohne Nachwuchs. Die aktuelle Gesamtzahl an Wölfen wird von der Wolfsbeauftragten der Landesjägerschaft (LJN) auf rund 50 Tiere geschätzt. Zur Relation: Niedersachsen ist ein großes Flächenland mit einer Gesamtfläche von über 47.000 Quadratkilometer.

Der Wolf ist auf dem Vormarsch in unserer Kulturlandschaft. Wer behauptet, er könne hier nicht leben und hätte deshalb nichts bei uns zu suchen, dem beweist er gerade das Gegenteil. Eine Koexistenz ist möglich, das zeigen uns andere Länder mit bedeutend größeren Vorkommen des Wolfes. Voraussetzung dafür ist Offenheit im Denken und die Einsicht in ökologische Zusammenhänge. Der Wolf gehört hier bei uns zum natürlichen Arteninventar.

Die Naturschutzverbände NABU und BUND begrüßen die natürliche Rückkehr des Wolfes über 150 Jahre nach seiner Ausrottung durch den Menschen. Selbst die Landesjägerschaft steht der Rückkehr nach Aussage ihres Geschäftsführers ausnahmslos positiv gegenüber. Durch ihr Wolfsmonitoring mit derzeit über 140 ehrenamtlichen Wolfsberatern  trügen sie entscheidend zur Förderung der Akzeptanz des Wolfes bei. Dieses Vorgehen würde bei den Untergliederungen breite Zustimmung erfahren und von diesen bis an die Basis umgesetzt.

Die Hauptnahrung des Wolfes sind Rehe, Rotwild und Wildschweine. Nur gelegentlich kommt es zu Übergriffen auf Nutztiere. Das Umweltministerium hat Ende November 2014 eine Richtlinie zur Schadensregulierung erlassen. Den geschädigten Nutztierhaltern wird der wirtschaftliche Verlust erstattet, wenn der Wolf als Verursacher nachgewiesen wurde. Ebenso gibt es finanzielle Hilfe für Präventionsmaßnahmen wie die Verstärkung von Elektrozäunen und die Anschaffung von Herdenschutzhunden.

Dort wo der Wolf jetzt wieder lebt, muss der Schutz der Herden auf Grünland verbessert werden – das ist unstrittig und in aller Interesse. Im Landkreis Wolfenbüttel gibt es jedoch kaum Grünland und entsprechend auch nur verschwindend wenig Viehhaltung auf Weiden. Denn laut Aussagen des hiesigen Landvolkes sei es gut und richtig, hier auf den sehr guten Böden keine Grünlandwirtschaft zu betreiben, sondern fast ausschließlich Ackerbau.

Die für den Raum Braunschweig/Wolfenbüttel behaupteten „zahlreichen Sichtungen“ von Wölfen halten einer tatsächlichen Überprüfung nicht stand. Nach Gesprächen mit zwei Wolfsberatern für die Landkreise Wolfenbüttel und Helmstedt (Forstfachleute) steht indes fest: In dieser Region ist bisher erst eine einzige Meldung einer Wolfssichtung als zutreffend nachgewiesen worden: Im Frühjahr 2014 in der Nähe von Meine. Alle anderen Schilderungen von angeblichen Wolfssichtungen konnten bisher nicht durch eindeutige Nachweise bestätigt werden – und gehören somit bis auf weiteres in das Reich der freien Erzählungen…

Insgesamt lässt sich also über den Beitrag  des Herrn CDU-Fraktionsvize festhalten: Es handelt sich dabei erneut um eine polemische und unsachliche Kampagne. Hierzu zählt insbesondere die wahrheitswidrige Mär von der angeblichen „Lebensbedrohlichkeit“ des Wolfes für den Menschen. Dieses Märchen ist durch nichts zu belegen.

Der Schutz des Wolfes ist Bestandteil des internationalen Artenschutzes. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen sind EU-Recht und gelten somit für ganz Europa. Maßstab ist der in der FFH-Richtlinie geforderte „günstige Erhaltungszustand“ dieser Art. Die Naturschutzverbände wehren sich daher im Einklang mit diesem EU-Recht energisch gegen jegliche Angriffe auf den Schutzstatus des Wolfes.


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