Schockiert und berührt zeigte sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen am Ende des Tagesprogramms am gestrigen Montag. Was er im und am Asseschacht gesehen und gehört hat, hat ihn schwer beeindruckt - und ihm gezeigt, dass er schon früher hätte kommen sollen.
"Man muss nicht immer alles richtig finden, was man tut", sagte Röttgen in der Pressekonferenz am Montag auf die Frage, warum er zweieinhalb Jahre mit dem Besuch der Asse gewartet hat. Er habe kommen wollen, "wenn ein neuer Sachverhalt da ist". Das habe sich nun einmal hingezogen. Aber: "Wenn ich mir die Eindringlichkeit des heutigen Tages klar gemacht hätte, wäre ich eher gekommen."
Nachdem er sich zum ersten Mal selbst einen Eindruck von dem maroden Endlager verschaffen konnte, wird Röttgen deutlich. "Unvorstellbar" nennt er die Tatsache, dass in der Asse 126 000 Fässer Müll eingelagert wurden. "Das zeigt ein Maß an Unverantwortlichkeit, das sprachlos macht." Auch die Gespräche mit Bürgern haben zu seinem neuen Bild von der Lage beigetragen, denn über die Sorgen der Menschen sagt die Besichtigung des Schachtes nichts aus. "Es berührt mich, wenn eine Mutter mit Tränen in den Augen von ihren Ängsten berichtet", sagte Röttgen. "Und dazu hat sie auch jedes Recht."
Die Aufgabe sei, die Folgen eines Skandals zu beseitigen. Die Aufarbeitung dessen, was passiert ist, sei wichtig, doch man müsse auch den Blick nach vorne richten. Immer wieder betont Röttgen das Ziel und nutzt dafür die Worte einer Bürgerin, die er am Morgen gehört hat: Die Fässer müssen "raus, so schnell wie möglich, so sicher wie möglich." Dafür müsse man jetzt klare Schritte definieren und Fristen setzen. Auch Wolfram König, der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), pflichtete dem Minister hier bei. Was zu tun ist, sei klar, der Zeitplan müsse jedoch in den kommenden zwei Monaten aufgestellt werden. Besonders wichtig sei es, die Anlage zu stabilisieren und die Organisation zu beschleunigen. "Wir werden einen enorm langen Zeitraum brauchen, um die Rückholung vorzunehmen", sagte König. "Das wird Jahre dauern, eher Jahrzehnte."
BfS soll nicht geschwächt werden
Landrat Jörg Röhmann freute sich über Röttgens Anwesenheit. Es habe zwar lange gedauert, bis er kam, doch die Gespräche seien gut verlaufen. Einige strittige Themen gab es dennoch. Besonders der zukünftige Aufgabenbereich des BfS bereitete dem Landrat Sorgen. Denn obwohl Röttgen betonte, dass die Asse-Arbeit des Amtes durch das neue Bonner Institut nicht entmachtet, sondern sogar gestärkt werden solle, sei noch nicht klar, ob das auch für alle anderen Aufgaben des BfS gelten wird. Röhmann machte deutlich, dass er ein großes Interesse daran habe weiter mit dem BfS zusammen zu arbeiten.
Dass ein neues Institut in Bonn geschaffen werden soll, hat Röttgen bereits einige Kritik eingebracht. Am Montag musste er dazu Fragen von Bürgern und Journalisten beantworten: etwa ob es kein Zufall sei, dass dieses Institut ausgerechnet in seinem Wahlkreis entstehen soll. Röttgen betonte wie schon am Vormittag im Bürgergespräch, dass sich das neue Institut um die Endlagersuche für hochradioaktiven Abfall kümmern soll und diese Dimension weit über Landkreisinteressen hinausgehe. "Es geht nicht um meinem Wahlkreis." Die Absicht, dem BfS Kompetenzen in Sachen Asse zu entziehen "bestand nicht und besteht nicht", sagte der Minister.
Das neue Institut solle eine neue Aufgabe erfüllen und wissenschaftlich und unabhängig nach einem Endlager suchen. Wichtig sei die Integrität dieser Institution, denn davon sei abhängig, wie das Ergebnis akzeptiert werde. "Die Menschen am Endlagerort sollen die Entscheidung nicht gut finden, aber sie sollen sie respektieren", sagte Röttgen. "Wir wollen den Müll weder räumlich exportieren, noch die Entscheidung auf andere Generationen verlagern."
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