Rückholungskonzept nicht beauftragt: A2B beendet Gespräch mit dem BfS ***aktualisiert***




Wolfenbüttel. Mit einem Paukenschlag endete ein Gespräch zwischen der Asse-2-Begleitgruppe (A2B) und Vertretern von BfS und Asse GmbH. Eigentlich wollte sich die Gruppe angesichts der aktuellen Berichterstattung auf der BfS-Homepage über die jüngsten Maßnahmen und vor allem das Konzept zur Rückholung des Atommülls aus dem ehemaligen Salzbergwerk informieren lassen.

Doch dann überraschten die Gastgeber vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Asse GmbH mit zwei Neuigkeiten, die den Auszug der gesamten A2B zur Folge hatte. Einerseits musste Jörg Tietze vom BfS einräumen, dass das Konzept zur Rückholung noch nicht beauftragt wurde. Im April war dagegen vereinbart worden, dass dieses Konzept bei einer Produktionsdauer von sechs Monaten in Kürze fertig sein sollte.

Nun kündigte Tietze an, dieser Zeitpunkt werde sich verschieben. Mehr noch: "Bei der Beauftragung handelt es sich nicht um das Rückholungskonzept, sondern eine Vorstudie."

"Das ist skandalös", reagierte Schillmann als Umweltdezernent des Landkreises. "Wir sind davon ausgegangen, dass der Auftrag längst erteilt worden ist." Auch Experte Ralf Krupp konnte es nicht fassen: "Zwei Teilaufträge zu bilden, ist absolut widersinnig und verzögert die Rückholung um viele Monate." Das Rückholungskonzept sei die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen. "Meiner Meinung nach zäumt das BfS das Pferd von hinten auf."

Die Wogen gingen weiter hoch, als die Gastgeber von in Kürze geplanten Verfüllungsmaßnahmen auf der 750 Meter-Sohle berichteten. Beim Thema Verfüllung schrillen in der A2B stets die Alarmglocken, weil das ursprüngliche Schließungskonzept des Atommüll-Lagers die Vollverfüllung des Bergwerks vorsah.

Nun versicherten BfS und Asse GmbH, das streckenweise Zubetonieren einer Sohle vor Kammer 12 sei unproblematisch und jederzeit rückgängig zu machen. Außerdem stelle dies eine unvermeidliche Vorarbeit für die Verfüllung des Blindschachtes 3 dar. Doch damit wollte sich die A2B nicht zufrieden geben. Wichtige Fragen der Drainage seien ungeklärt. "Es steht zu vermuten, dass sich strahlungsbelastete Lauge einen neuen Weg durch das Gebirge sucht, wenn die geplante Verfüllung vorgenommen wird", kritisierten die A2B-Experten.

Gerade vor dem Hintergrund, dass noch kein Rückholungskonzept vorliege, seien die Konsequenzen dieser Verfüllung, so kleinräumig sie auch sei, nicht absehbar. Die A2B könne diese und künftige Einzelmaßnahmen vor Kenntnis des Rückholungskonzeptes nicht akzeptieren, insbesondere, wenn nicht nachgewiesen werde, dass diese Maßnahmen zur Stabilisierung und Sicherung des Bergwerks unvermeidlich sind.

Die Zusammenarbeit zwischen BfS, Asse GmbH und der A2B trage nicht mehr ausreichend dem Umstand Rechnung, dass mittlerweile die Rückholung der Atomfässer beschlossen und gesetzlich verankert ist. Allen Beteiligten sollten deshalb dringend überlegen, wie die Rückholung beschleunigt werden kann.

Nach dem Auszug aus der Infostelle Asse versicherte Schillmann, die Gruppe wolle die Zusammenarbeit nicht grundsätzlich aufkündigen. "Unsere weiteren Kontakte bleiben bestehen." Gleichwohl habe das BfS den gemeinsamen Weg verlassen. "Jetzt müssen schnellstmöglich Ergebnisse auf den Tisch, dann treten auch wir wieder in die Gespräche ein."

Schillmann verdeutlichte, dass die Untätigkeit in Sachen Rückholungskonzept das Risiko für die Bevölkerung erhöhe. Das gelte auch für die strittige Verfüllung. "Für mich ist kein Grund erkennbar, warum das jetzt sein muss. Dass die geplante, streckenweise Verfüllung einer Sohle vor der Kammer 12 aus Sicherheitsgründen sofort erforderlich sei, wurde weder von BfS noch von der Asse GmbH erläutert."
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat sich in einer E-Mail durch Pressereferentin Monika Hotopp an unsere Redaktion zu der Kritik des Asse II-Koordninationskreises geäußert. Wir veröffentlichen die Stellungnahme an dieser Stelle unkommentiert und ungekürzt. 

Die Darstellungen in der Presseinformation der Asse-2-Begleitgruppe sind in mehreren Punkten unzutreffend. Die Behauptung, das BfS habe keine Konzeptstudie zur Rückholung in Auftrag gegeben ist falsch. Seit April wird eine entsprechende Studie erarbeitet, die Asse-2-Begleitgremien sind sogar bei der Leistungsbeschreibung für den Auftrag beteiligt worden. Auch die Darstellung, die Begleitgruppe sei von Nachrichten des BfS zu Arbeiten auf der 750-Meter-Sohle "überrascht" worden, ist falsch. Die Sitzung ist sogar ausschließlich zu diesem Zweck und nach Rücksprache mit der Asse-2-Begleitgruppe einberufen worden, nachdem es in den Monaten zuvor zu diesem Thema bereits einen intensiven fachlichen Austausch gegeben hatte. Dabei wurden etwa Fragestellungen wie die der Drainagesysteme diskutiert und teilweise vom BfS in die Planungen bereits mit übernommen.

Zu den Darstellungen der Asse-2-Begleitgruppe nimmt das BfS wie folgt Stellung:

1. Die von den Bürgerinitiativen angesprochene Planung zur Rückholung ist seit mehreren Monaten in Arbeit.  Die DMT hat vom BfS den Auftrag, eine Planung zur "Konkretisierung der Machbarkeitsstudie zum optimalen Vorgehen bei der Rückholung der LAW-Gebinde" zu erstellen. Die DMT arbeitet seit Ende April 2013 daran und will Ergebnisse noch 2013 vorlegen. An der Leistungsbeschreibung für die Beauftragung hat das BfS die Asse-Begleitgremien beteiligt.

2. Die Konzeption der Herstellung von Stabilität durch das Verfüllen von Hohlräumen, in denen keine radioaktiven Abfälle lagern, ist eine zentrale Voraussetzung für die Rückholung (und behindert sie nicht).

3. Die Arbeiten sind darüber hinaus zum Schutz der Bevölkerung und des Personals notwendig. Sie sollen die Grube insgesamt stabilisieren und die Wahrscheinlichkeit eines unbeherrschbaren Wassereintritts bzw. dessen Auswirkungen verringern.

4. Auch die Aufsichtsbehörden über das BfS fordern die Umsetzung dieser Arbeiten. Das BfS hat zudem seiner Fach- und Rechtsaufsicht, dem Bundesumweltministerium, über den Stand der Planungen berichtet und diese um Zustimmung für die geplanten Arbeiten gebeten. In Übereinstimmung mit dem Bundesumweltministerium kann in Kürze mit den Arbeiten auf der 750-Meter-Ebene begonnen werden.

5. Die geplanten Vorsorgemaßnahmen im Falle eines unbeherrschbaren Wasserzutritts werden seit 2010 öffentlich diskutiert. Das BfS hat die Asse 2 Begleitgruppe <http://www.asse-2-begleitgruppe.de/> über diese Planungen laufend informiert, sich ihrer Kritik gestellt und Anregungen in das Konzept der Vorsorgemaßnahmen <http://www.endlager-asse.de/SharedDocs/Glossareintraege/DE/V/vorsorgemassnahmen.html?view=renderHelp%5bCatalogHelp%5d> einfließen lassen. Die Arbeiten hat das BfS 2013 zunächst zurückgestellt, um das Vorgehen erneut mit den Begleitgremien der Asse zu erörtern, die Kritik an einem Teil der geplanten Arbeiten geäußert hatten. Fachgespräche zu den geplanten Arbeiten wurden deshalb ab April 2013 mit den beteiligten Gremien noch einmal intensiviert. Dabei wurde insbesondere auch Anregungen der Arbeitsgruppe Optionenvergleich-Rückholung aufgenommen, etwa zu Drainagen auf der 750-Meter-Ebene.

6. Das BfS hat nach dem intensiven fachlichen Austausch die Asse-2-Begleitgruppe in einem eigens und in Abstimmung mit der Begleitgruppe zu diesem Thema organisierten Fachgespräch am 07.08.2013 darüber informiert, die Arbeiten in absehbarer Zeit starten zu wollen. Dieses Gespräch hatte das BfS kurzfristig am 06.08. und auf Bitte eines Sprechers der Begleitgruppe für den Abend am 07.08.2013 organisiert. Die Asse-2-Begleitgruppe hat das Gespräch am 07.08. nach knapp zweistündiger fachlicher Darstellungen und Beantwortungen aller fachlicher Fragen durch BfS und Asse GmbH abgebrochen, ohne dem BfS seine Gründe gegen die geplanten Arbeiten auf der 750-Meter-Ebene deutlich zu machen.

7. Die geplanten Vorsorgemaßnahmen werden noch bis 2021 dauern, parallel dazu laufen die Rückholungsarbeiten. Zunächst werden Bereiche vor den Kammern 10 und 12 mit Salzbeton stabilisiert. Diese Bereiche sind über die Jahrzehnte der Offenhaltung besonders stark beansprucht worden und aus Sicherheitsgründen teilweise bereits für den Betrieb gesperrt worden. Einlagerungskammern werden dabei aber nicht verfüllt.

8. Die Rückholungsarbeiten werden durch die geplanten Arbeiten auf der 750-Meter-Ebene nicht beeinträchtigt. Derzeit wird ein Konzept zu möglichen Zugangsvarianten zu den Einlagerungskammern für die Rückholung <http://www.endlager-asse.de/DE/4_WasWird/Stilllegungsplanung/rueckholung/bergmaennische_rueckholung.html> erarbeitet, in dem verschiedene Alternativen, wie der Zugang zu den Abfällen in den Einlagerungskammern optimal stattfinden kann, erarbeitet werden. Dazu gehören Varianten des Zugangs über die 750-Meter-Ebene wie auch über darüber liegende Ebenen. Bei allen Varianten ist zunächst die Stabilisierung der derzeit bestehenden Bereiche auf 750 und 725 Meter erforderlich. Falls sich die Rückholung von der 750-Meter-Ebene als zweckmäßig erweisen sollte, müsste dieser Bereich ohnehin zunächst mit Beton stabilisiert und in einem größeren Querschnitt als bisher vorhanden aufgefahren werden.


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