Wolfenbüttel. Anfang 2021 zog das Wolfenbütteler Standesamt von seinem angestammten Standort in das Ausweichquartier in die Villa Seeliger, da das Gebäude am Stadtmarkt 15 umfassend saniert werden musste (Details zu der Maßnahme lesen Sie hier). Der ursprüngliche Plan sah eine Fertigstellung des Projektes Anfang 2025 vor, was offensichtlich nicht eingehalten werden konnte. Im Rahmen der Sitzung des städtischen Bauausschusses am 28. Oktober äußert sich die Verwaltung nun zu Kosten und Zeitplan.
Bereits in seiner Sitzung am 9. September hatte die Verwaltung den Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt mündlich darüber informiert, dass trotz umfangreicher Voruntersuchungen weitere unerwartete und zusätzlich zu sanierenden Schädigungen der Bausubstanz aufgetreten seien, die den Bauablauf der Baustelle Stadtmarkt 15 verzögerten. Jetzt folgt eine schriftliche Vorlage zu den Verzögerungen im Bauablauf und den Kosten.
"Es wurde schlecht gearbeitet"
Die meisten Schäden seien im Vorfeld erfasst worden. Dennoch blieben Schäden verborgen, die erst im Zuge der Sanierungen erkennbar wurden. Wesentliche Aspekte, die zu Verzögerungen geführt hätten, listet die Verwaltung im Detail auf. Demnach führten die bereits eingetretenen Bauzeitverzögerungen aus zusätzlichen Schädigungen dazu, dass ursprüngliche Vertragstermine nicht mehr gelten würden. Bei einigen Gewerken sei es in der Folge zu schleppendem Baufortschritt und schlecht ausgeführten Leistungen gekommen. Kündigungen seien erwogen, aber wegen der zusätzlich zu erwartenden Zeitverluste nicht vollzogen worden.
Aufgrund der Bauverzögerungen durch Schadenbefunde habe zudem die Dacheindeckung nicht planmäßig abgeschlossenen werden können. Wiederholt sei es durch Ausführungsfehler zu Wassereinbrüchen durch eine mangelhafte Voreindeckung gekommen. Hier mussten Schäden dokumentiert, Bauteile getrocknet und saniert werden.

Auch keine schlechte Location: Hier in der Seeliger Villa ist das Standesamt "vorübergehend" untergekommen. Foto: Matthias Kettling
Asbest gefunden
Weitere wesentliche Maßnahmen, welche vorab nicht bekannt waren, wurden während des Bauablaufes zusätzlich notwendig. Unter anderem wurde im zukünftigen Technikraum eine historische Wandbespannung freigelegt. Nach einem restauratorischen Konzept erfolgte eine Sicherung und Visualisierung der Bespannung im Technikraum. Im Trausaal wurde hingegen im Bereich der Heizkörper Asbest gefunden. Die Entsorgung erfolgte mit Einhausung durch Fachfirmen und mit denkmalrechtlich abgestimmtem Schutz der historischen Heizungsbekleidung.
Doch das ist bei Weitem nicht alles: In Decken und Außenwänden wurden viele zusätzliche Stellen mit Hausschwammbefall, Pilz- und Insektenbefall gefunden. Hier mussten zunächst für die Sanierung zusätzliche statische Abfangungen denkmalgerecht subtanzschonend konstruiert und gebaut werden. Durch die fehlende Giebelwand der Nachbarbebauung musste der Wohnraum der Nachbarn für die Sanierung mit Schutzwänden gesichert werden. Die Sanierung einer verdeckten großen Schädigung der tragenden Fachwerkaußenwand am Mittelrisalit zur Stadtmarktseite erfordert eine Stützkonstruktion von außen, um den hochwertigen Stuck des Trausaals nicht zu schädigen.
Jeder Ziegel einzeln
Zudem liegt die Tücke häufig im Detail: Für die denkmalgerechte Verwendung von Altziegeln für das Dach müsse jeder einzelne Ziegel vor der Verlegung auf Größe und Zustand bewertet und durch eine Bohrung gesichert werden, da die geringe Maßhaltigkeit keine Windsicherung durch die sonst übliche Klammerung zulasse.
Keine freie Fassade vor Weihnachten
Doch wie geht es jetzt weiter? Der Rückbau des Gerüstes an der Westfassade sollte eigentlich noch im November für die freie Fassadenansicht Weihnachten 2025 erfolgen, heißt es in der Vorlage. Dieses Ziel werde durch die beschriebenen, weiteren aufgetretenen massiven Bauschädigungen an der Fassade nicht erreicht, da die statische Sanierung der Fachwerkkonstruktion vor der Fassadensanierung erfolgen müsse. Die Verwaltung rechne mit der Fertigstellung der Baumaßnahme Ende Juni 2026.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die aktuell prognostizierten Kosten von 7,20 Millionen Euro liegen innerhalb des beschlossenen Maßnahmenbudgets von 8,50 Millionen Euro, das bereits eine Zulage für Unvorhergesehenes festgelegt hatte.