Der geplante Ausbau der A 39 wird nach Einschätzung des Landesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU) nicht nur an der fehlenden Finanzierung, der Konkurrenz anderer Verkehrsprojekte und an gravierenden Verfahrensfehlern scheitern, sondern auch an einem streng geschützten Vorkommen der Grauammer (Ortolan) zwischen der B 71 und Bad Bodenteich.
Für den Schutz dieser stark gefährdeten Vogelart habe das Land Niedersachsen auch europaweit eine besondere Verantwortung, weil im östlichen Landkreis Uelzen und im Wendland die letzten wesentlichen Standorte vorgefunden würden, die durch den vordringenden Maisanbau und den Rückgang von Hackfrüchten zusätzlich bedroht seien.
Was das Bundesumweltministerium in seiner Stellungnahme zur Linienbestimmung der geplanten A 39 hinsichtlich der Durchschneidung des Vogelschutzgebiets Ostheide schon angemahnt habe, das bewahrheitet sich laut LBU nun: Die A 39 zerstöre mit ihrer Trasse nicht nur zahlreiche Ortolan-Brutstätten, sondern trenne etwa 70 Brutpaare von den anderen Populationen ab, wobei diese „Verinselung“ durch naturschutzrechtliche Kompensations-Maßnahmen nicht ausgleichbar sei. Dass in diesem Falle dürfte die A 39 nicht gebaut werden dürfe, sei den A-39-Planern bewusst und erkläre deren immer umfangreichere Aktivitäten, doch noch irgendeine Möglichkeit zum Ausgleich zu finden.
Laut LBU haben mehrere Ortolan-Experten darauf hingewiesen, dass eine von anderen Populationen abgeschnittene und verinselte Ortolan-Population von 70 Brutpaaren auf Dauer in ihrer Existenz bedroht sei. Dies liege an einer Besonderheit dieser Vogelart, bei der die verinselten standorttreuen Männchen westlich der A 39 auf den jährlichen Zuflug junger Weibchen aus dem Bereich östlich der Autobahn angewiesen seien. Da die Singgemeinschaften und Kontaktmöglichkeiten der Ortolane aber durch die A 39 abgeschnitten würden, käme es zu einem Aussterben der westlichen Populationen.
Da dies von der EU nicht hingenommen würde, müssen die Planer laut LBU noch vor der Planfeststellung dezidiert nachweisen, dass der Erhalt auch dieser verinselten Populationen durch Naturschutzmaßnahmen gesichert werden könne. Da der Ortolan auf sandige, trockene Standorte auf extensiv mit Sommergetreide bewirtschafteten Kleinflächen entlang von Baum- und Heckenstrukturen angewiesen sei, suchten die Planer deshalb derzeit im Verbund mit der Landwirtschaftskammer nach Landwirten, die im Vertragsnaturschutz solche Bewirtschaftungsmethoden und die Schaffung von Saumstrukturen auf mindestens 200 Hektar Acker durchführten oder gar mit Schlagverkleinerungen einverstanden seien.
Dass laut Landwirtschaftskammer-Kreisstelle bisher kein Landwirt einen solchen Vertrag – trotz massiver Anwerbeveranstaltungen – abgeschlossen hat, führt Günter Schäfers als Sprecher der LBU-Regionalgruppe Ostheide auf folgende Umstände zurück: Eine solche Bewirtschaftung mit extensivem Sommergetreide, weitem Saatreihen-Abstand und Einschränkungen der Beregnung sei unrentabel und nur gegen Prämien im Vertragsnaturschutz möglich. Die nun vom a-39-verantwortlichen Bundesverkehrsministerium zusätzlich angebotenen Ortolan-Schutz-Programme mit ihren zusätzlichen Bewirtschaftungs-Auflagen würden jedoch nicht besser entgolten als ähnliche Programme des Landes Niedersachsen ohne diese Zusatzauflagen. Außerdem seien viele Landwirte abgeschreckt durch die zu erwartenden häufigen Kontrollbesuche von Naturschutz-Beauftragten auf ihren Äckern, durch die Sorge vor möglichen Durchteilungen von großen Feldern und einer Beeinträchtigung ihrer Pläne zum Bau von Biogasanlagen. Zudem, so Schäfers, hätten die Verantwortlichen versäumt, das neue Programm bei der EU genehmigen zu lassen, weshalb ggf. abgeschlossene Verträge sogar rückgängig gemacht werden müssten.
LBU-Vertreter Schäfers begrüßte es, dass kürzlich auch der Bauernverband die Bedrohung des Ortolan und anderer Vogelarten infolge der Zerschneidung durch neue Autobahnen kritisiert habe. „Das beste Förderungsprogramm für den bedrohten Ortolan“, so LBU-Vertreter Schäfers, „ist die Beendigung der ohnehin perspektivlosen Planung einer zerstörerischen A 39.
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