Schloss-Museum: Zwischen Kunst, Kindern und Kommerz - Käthe Kruse und die Reformbewegungen


| Foto: Ado



[image=5e1764b7785549ede64ccb54]2010 wurde die berühmteste deutsche Puppe 100 Jahre alt. Angefangen hatte alles kurz vor Weihnachten 1905, als Käthe Kruse mit ihrer ältesten Tochter Marie und der zweiten Tochter Sophie, die damals noch ein Säugling war, in der Künstlerkolonie auf dem Monte Verità in der Schweiz lebte. Marie wollte „auch ein Kind, wie die Mama und die Mutter Maria“ haben. Der Wunsch nach einer Puppe wurde dem Vater der Kinder, dem Bildhauer und Berliner Sezessionisten Max Kruse, mitgeteilt. Der fand die damaligen kommerziell hergestellten Puppen zu wenig kindgerecht und forderte seine Frau auf: „Macht euch doch selber welche!“ Der Rest ist Puppengeschichte.

Zunächst aus einem Handtuch und warmem Sand hergestellt, wandelte sich die Puppe mehr und mehr und zeugte von dem - damals als avantgardistisch empfundenen - Reformgedanken, der das Kinderspielzeug Puppe revolutionieren sollte. 1910 stellte Käthe Kruse ihre „Puppen aus eigener Hand“ in einer Ausstellung des Kaufhauses Tietz in Berlin erstmals der Öffentlichkeit vor. Doch die berühmte Käthe-Kruse-Puppe ist nicht allein Käthe Kruse selbst zuzuschreiben: Vorlage der berühmten Puppe I war ein Kopf des Barock-Künstlers François Duquesnois (Duquesnoy), genannt „Il Fiammingo“. Andere Köpfe von Käthe-Kruse-Puppen schuf Igor von Jakimow, ein Schwiegersohn Max Kruses. Auch Arthur Lewin-Funcke, in dessen Atelier Max Kruse jahrelang Leiter der Bildhauerklasse war sowie Ehemann Max Kruse selbst, trugen - wenigstens ideell - zur künstlerischen Form der Puppe bei.

In der Ausstellung wird die Entwicklung der Käthe-Kruse-Puppen zu den verschiedenen Typen seit den Anfängen dargestellt. In Spielszenen aufgebaut, werden die Puppen mit ihrer Entstehungsgeschichte in einzelnen Vitrinen gezeigt. Ergänzt wird die Ausstellung durch Fotos und Persönliches von der Familie Kruse. Besonderes Augenmerk verdienen jedoch die originalen Kunstwerke: Originale von Max Kruse aus Firmenbesitz, dazu zwei Bronzeplastiken von Igor von Jakimow, die seine beiden Jungen darstellen, daneben der Fiamingo-Kopf, der Vorlage für Puppe I war sowie ein originaler Gips-Werkstattabguss Lewin-Funckes aus seinem in Familienbesitz befindlichen Nachlass, die seinen Einfluss auf die Puppengeschichte belegen.

Die erwähnten Kunstwerke sind bisher nur selten in der Öffentlichkeit gezeigt worden. Die Ausstellung ist in Zusammenarbeit mit Karin Schrey entstanden und wird unterstützt von der Käthe Kruse Manufaktur Donauwörth, dem Museum Schloss Salder, dem Museum der Stadt Ratingen und dem Kunstforum Ostdeutsche Galerie.

Wolfenbüttel, Museum im Schloss, 21. Oktober 2011 bis 11. März 2012


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