So lief das Fest für die Demokratie auf dem Schlossplatz

Bürgermeister Ivica Lukanic warnte vor grundlos geschürten Ängsten und extremistischen Strömungen. Zudem warb er für ein versöhnliches Miteinander.

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Auf dem Schlossplatz fand am Samstagmittag das Fest für die Demokratie statt.
Auf dem Schlossplatz fand am Samstagmittag das Fest für die Demokratie statt. | Foto: Werner Heise

Wolfenbüttel. Zur symbolischen Uhrzeit "fünf vor Zwölf" startete am heutigen Samstag auf dem Schlossplatz unter dem Motto "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ein Fest für die Demokratie. Neben Wolfenbüttels Bürgermeister Ivica Lukanic sprachen auch Landrätin Christiana Steinbrügge und Marty Falk von der Stadtjugendpflege. Die Braunschweiger Band Jazzkantine sorgte für musikalische Unterhaltung - und das ohne Gage.



Über die Zahl der Teilnehmer gingen die Einschätzungen auseinander. Während Stadtsprecher Thorsten Raedlein vor Ort von rund 3.000 Personen sprach, waren es nach Ansicht der Polizei zum Zeitpunkt der Redebeiträge höchstens 1.500 und weniger als bei der Veranstaltung Anfang Februar.

Bürgermeister Ivica Lukanic war der Hauptredner beim Demokratiefest.
Bürgermeister Ivica Lukanic war der Hauptredner beim Demokratiefest. Foto: Werner Heise


In seiner Rede erinnerte Ivica Lukanic einmal mehr an die vom Recherchenetzwerk Correktiv aufgedeckten Geheimpläne von Neonazis, finanzstarken Unternehmen, hochrangigen AfD-Politikern und Mitgliedern der Werteunion über die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland, darunter auch Menschen mit Deutscher Staatsbürgerschaft. Lukanic bedauerte, dass von den AfD-Politikern vor Ort niemand diese Pläne verurteilt habe. Das mache ihn unglaublich traurig.

"Bisher schweigende Mehrheit"


Weiter warnte der Bürgermeister angesichts der Europawahl im Juni davor, Extremisten gleich welcher Art, bei Wahlen Verantwortung in die Hände zu legen. Demokratien und ihre Verfassungen seien nicht immun gegen extremistische Strömungen. Er begrüße die zahlreichen Demonstrationen der letzten Wochen auch in unserer Region. Dies zeige, dass die bisher schweigende Mehrheit die Straßen nicht den Demagogen und Extremisten überlassen werde.

"Wenn die Grundwerte der Demokratie in Frage gestellt werden, ist es verdammt nochmal unsere Pflicht und unsere Verantwortung, darauf zu reagieren", betonte Lukanic. Deshalb habe man für das Motto auch den ersten Satz des ersten Artikels des Grundgesetzes "Die Würde des Menschen ist unantastbar" gewählt.

"Keinen Grund, Angst zu haben"


In der Bevölkerung würden derzeit viele Ängste geschürt. Dabei gebe es keinen Grund, Angst zu haben, so Lukanic. Zwar gebe es Herausforderungen, doch die könne man gemeinsam bewältigen. Deutschland habe weltweit eines der besten Sozialsysteme und sei finanziell und wirtschaftlich gut aufgestellt. Man sei Teil der Europäischen Gemeinschaft und Teil der NATO. Man habe kluge Köpfe, die sich tagtäglich darum bemühten, Lösungen zu suchen und diese auch finden würden.

Das Schüren von Angst sei zum Leitmotiv einiger politischer Akteure geworden. "Sie wollen uns Angst machen und Angst einreden. Sie zielen darauf ab, unsere Gesellschaft zu spalten und Menschen gegeneinander aufzubringen. Sie wollen unser seit Generationen gemeinsam aufgebautes Deutschland beschädigen. Wir stehen hier um zu zeigen, dass wir das nicht dulden", betonte der Bürgermeister.

"Fakten auf den Tisch"


Angst sei bei der Bewältigung von Herausforderungen kein guter Berater. Es sei wie mit der unbegründeten Angst vor dunklen Räumen. Da helfe nur eines: Lampe an, Licht in die Finsternis und Fakten auf den Tisch. Das sei der Grund, warum man heute niemand verurteilen oder anklagen wolle. "Wir sind nicht hier, um dagegen zu sein, sondern wir wollen ein Fest der Demokratie feiern", so Lukanic.

In seinem abschließenden Appell warb er für einen wertschätzenden Umgang im Alltag miteinander, für offen und ehrlich geführte Diskussionen, für die Bereitschaft, unbequeme Wahrheiten zu ertragen. "Die Stärke unserer Demokratie liegt nicht in Gesetzen und Verordnungen, sie liegt in uns selbst. Lasst uns in unserem täglichen Handeln füreinander einstehen", so Ivica Lukanic. Dabei solle man gegen Ungerechtigkeit aufstehen, aber immer versöhnlich bleiben.

Marty Falk wandte sich ausdrücklich gegen die AfD.
Marty Falk wandte sich ausdrücklich gegen die AfD. Foto: Werner Heise


Weniger versöhnlich zeigte sich Marty Falk von der Stadtjugendpflege. In seiner Rede prangerte er die AfD deutlich an. Die Recherche von Correktiv habe das gezeigt, was man schon lange gewusst habe: Die AfD sei eine Partei, die gegen alle demokratischen Grundwerte stehe. Eine Partei, die sich als Sprachrohr des Volkes sehe, aber Politik für die oberen Zehntausend mache. Eine Partei, die mit aller Macht versuche, alles einzureißen, was unsere Eltern und Großeltern aufgebaut haben, um uns zurück in das Jahr 1933 zu katapultieren. Man habe den Gegner eindeutig ausgemacht. Die AfD sei keine Alternative. Die AfD sei keine demokratische Partei. Und erst recht sei die AfD keine wählbare Option.

Christiana Steinbrügge, Landrätin des Landkreises Wolfenbüttel, erinnerte an Willy Brandt.
Christiana Steinbrügge, Landrätin des Landkreises Wolfenbüttel, erinnerte an Willy Brandt. Foto: Werner Heise


Zuvor hatte Wolfenbüttels Landrätin Christiana Steinbrügge an Willy Brandts Regierungsantritt 1969 unter dem Motto "Mehr Demokratie wagen" erinnert. Nun müsse man in Zeiten einer Vielzahl von Krisen und in der einige Angst vor dem Kontrollverlust über das eigene Leben hätten, die Demokratie neu wagen. Auch Steinbrügge betonte, dass man mit dieser Veranstaltung für etwas - nämlich Demokratie und Menschenrechte - einstehen wolle. "Wir verkleinern unsere Möglichkeiten, wenn wir nur gegen etwas sind. Aus Ablehnung, Abrenzung und Hass entspringt nichts Lebendiges", so die Landkreis-Chefin.

Die Jazzkantine hatte sofort zugesagt, auf der Veranstaltung zu spielen. Und das ohne Honorar.
Die Jazzkantine hatte sofort zugesagt, auf der Veranstaltung zu spielen. Und das ohne Honorar. Foto: Werner Heise


Im Anschluss folgte der Auftritt der Jazzkantine, bei dem es vor der Bühne deutlich voller wurde. Im Rahmen des Festes für die Demokratie gab es zudem weitere Aktionen. Am Stand der Stadtjugendpflege konnte man sich einen Button mit dem Motto der Veranstaltung "Die Würde des Menschen ist unantastbar" abholen. Zudem konnten die Besucher Zettel mit ihren Gedanken, was für sie Demokratie bedeutet, ausfüllen. Mit diesen sollte dann ein "Baum der Demokratie" geschmückt werden, kündigte Lukanic in seiner Begrüßung an.


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