Staatsanwaltschaft Braunschweig: Haftbefehl gegen Göttinger Transplantationschirurgen




Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig hat das Amtsgericht Braunschweig gegen einen ehemaligen leitenden Transplantationschirurgen der Universitätsklinik Göttingen Haftbefehl erlassen. Der Beschuldigte wurde am Morgen des 11.1.2013 festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt.

Gegen den Beschuldigten besteht der dringende Tatverdacht des versuchten Totschlags in 9 Fällen sowie in jeweils einem Fall der schweren Körperverletzung und der Körperverletzung mit Todesfolge.

Ihm wird vorgeworfen, in 9 Fällen bei der Meldung von Patientendaten an die zentrale Vergabestelle von Spenderorganen „Eurotransplant" bewusst wahrheitswidrig angegeben zu haben, dass bei diesen Patienten im Zeitraum von zwei Wochen vor der Meldung mindestens zweimal eine Dialyse durchgeführt werden musste. Durch diese Falschangabe rückten diese Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan so weit nach oben, dass ihnen innerhalb kürzester Zeit ein Spenderorgan zugewiesen und dieses transplantiert wurde. Aufgrund der in Deutschland bestehenden Knappheit von Spenderorganen ist davon auszugehen, dass durch die unwahren Angaben des Beschuldigten andere Patienten, die lebensbedrohlicher erkrankt waren als die von dem Beschuldigten gemeldeten, kein Spenderorgan erhielten und möglicherweise aus diesem Grunde verstorben sind. Aufgrund seiner Kenntnisse der Organknappheit und des Transplantationssystems soll der Beschuldigte dies zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Ferner besteht der dringende Verdacht, dass der Beschuldigte an einer hinsichtlich der Leberwerte stabilen Patientin trotz einer insofern gefährlichen weiteren Vorerkrankung eine nicht indizierte, d.h. nicht erforderliche Lebertransplantation vorgenommen hat. Aufgrund der bekannten weiteren Vorerkrankung in Verbindung mit der Transplantation sei es zu einer drastischen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Patientin gekommen, die schließlich an den Folgen der Transplantation verstarb. Dem Beschuldigten sei bei Vornahme der Transplantation bekannt gewesen, dass diese nicht erforderlich und aufgrund der weiteren Erkrankung mit erheblichen Risiken verbunden war. Bei einem weiteren Patienten, der an einer Leberzirrhose erkrankt war, bei dem aber eine Lebertransplantation aufgrund stabiler Leberwerte nicht indiziert gewesen sei, habe der Beschuldigte ebenfalls eine Lebertransplantation mit einer nicht über die Warteliste, sondern im beschleunigten Verfahren vergebenen Leber durchgeführt. Infolge der Transplantation ergaben sich Komplikationen, die eine weitere Transplantation erforderlich machten. Der Patient verstarb schließlich aufgrund chronischen Leberversagens. Dem Beschuldigten sei bei der Transplantation bewusst gewesen, dass diese keinerlei gesundheitliche Vorteile, wohl aber Risiken für den Patienten beinhaltete.

Im Fall einer Verurteilung droht dem Beschuldigten eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

Da die Möglichkeit weiterer Taten besteht, werden Zeugen gebeten, sich unter der Telefonnr. 0551/491-6921 mit der Polizei Göttingen oder jeder anderen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen.


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