[image=5e1764c1785549ede64ccd8d]Gestern (Mittwoch) lud der Präventionsrat Wolfenbüttel zu einem Vortragsabend zum Thema „Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität bei Kindern und Jugendlichen“ ein. Mehr als 100 Fachkräfte aus Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie andere Interessierte folgten der Einladung, so dass der Raum Kenosha in der Wolfenbütteler Lindenhalle restlos gefüllt war.
Im Namen des Präventionsrates begrüßte Stadtjugendpfleger Stephan Fabriczek alle Anwesenden und bedankte sich bei der Arbeitsgruppe „Schule-Gewaltprävention“, der neben der Stadtjugendpflege, Vertreterinnen und Vertreter der Polizei Wolfenbüttel, des Jugendamtes, der Jugendhilfe Wolfenbüttel e.V., des Weissen Ringes sowie mehrerer Wolfenbütteler Schulen angehören, für die Auswahl der Referenten und die Vorbereitung der Veranstaltung.
Monika Kniep, Beauftragte für Prävention und Jugendprävention im Polizeikommissariat Wolfenbüttel und Mitglied der Arbeitsgruppe, begrüßte die Referentin und den Referenten. Sie führte mit einigen Zahlen aus der Polizeistatistik in das Thema ein.
Erste Referentin war Frau Dr. Gabriele Grabowski, Oberärztin des AWO Psychiatriezentrums Königslutter. Ihr Referat mit dem Titel „Selbstverletzendes Verhalten und Suizidalität bei Jugendlichen“ beinhaltete zunächst statistische Zahlen und Daten sowie Erläuterungen zu wissenschaftliche Kategorien vorsätzlich selbstschädigenden Verhaltens. Die Ursachen für Selbstschädigungen und Suizid seien vielfältig, sie reichen von belastenden familiären Bedingungen, Vernachlässigung, schulischer Überforderung, Versagensängsten und Mobbing bis hin zu psychischen Störungen und Erkrankungen. Im Kindesalter bis zu 8 Jahren gäbe es kein bewusstes selbstverletzendes Verhalten. Das kritische Jugendalter weise jedoch die höchste Rate an Suizidversuchen auf, wobei ca. 5% der jugendlichen Suizidversuche zum Tode führten. Präventiv kann selbstverletzendem Verhalten und Suizidalität nur durch Aufmerksamkeit gegenüber Jugendlichen sowie ernst gemeinter und verlässlicher Zuwendung begegnet werden. Es gelte auf Warnhinweise, wie auffällige Verhaltensänderungen, Rückzug aus sozialen Zusammenhängen, Verschenken persönlicher Dinge oder Äußern von Suizidgedanken, zu achten und verständnisvoll auf betroffene Jugendliche zuzugehen. Wichtig sei es Ruhe zu bewahren und Panik, Vorwürfe oder Drohungen zu vermeiden sowie sich professionelle Hilfen bei Erziehungsberatungsstellen, dem Sozialpsychiatrischen Dienst oder Jugendpsychiatern einzufordern.
Diplom Psychologe Holger Barkhau, Leiter der Jugendberatungsstelle BiB in Braunschweig, stütze diese Aussagen und räumte mit häufig geäußerten Irrtümern auf. Falsch sei beispielsweise die Annahme, wer über Suizid spricht, sei nicht gefährdet. Diese These in Anlehnung an das Sprichwort Hunde die bellen, beißen nicht, sei schlicht falsch. Im Exkurs über Selbstverletzungen ging er auf die unterschiedlichen Formen und Ursachen ein und räumte auch mit der Annahme eines monokausalen Zusammenhangs zwischen Selbstverletzung und Suizidalität auf. Selbstverletzendes Verhalten kann einem Suizid vorausgehen oder eine Suizidgefährdung anzeigen, muss es aber nicht. Für sich genommen ist es aber bereits ein Hilferuf von Kindern und Jugendlichen, dem nachgegangen werde sollte. Sein Vortragstitel „Wer hört, was ich nicht sage?“ steht für die Wichtigkeit solche „Hilferufe“ Jugendlicher wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren. So sind seine Hinweise zum Umgang mit gefährdeten Jugendlichen dann auch: aufmerksam Signale wahrnehmen, sich mit Kollegen austauschen, in den Gesprächskontakt gehen, ohne sich aufzudrängen, Verständnis signalisieren, Betroffene ermuntern professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und sie ggf. zu Beratungseinrichtungen zu begleiten. Nach Beispielen aus seiner beratenden Praxis schloss sich ein Exkurs zu den Chancen und Gefahren der neuen Medien in diesem Zusammenhang an.
Das Bild zeigt Holger Barkhau am Rednerpult.
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