Wolfenbüttel. Das "Yellowcamp" des Wolfenbütteler Erfinders Matthias Roßberg hat die nächste Hürde genommen. Ein aus Holz bestehender Prototyp dieses Katastrophenschutz-Zeltes stellte am Freitag vor der Trinitatiskirche sozusagen seine Flugtauglichkeit unter Beweis. In einem letzten Schritt will Roßberg nun Entscheider in Politik und Flüchtlingsorganisationen suchen, die ein serienreifes Modell aus leichteren Materialien fördern und abnehmen würden.
Roßbergs Idee klingt so einfach wie ergreifend: In Krisengebieten, sei es nach Krieg oder anderen Katastrophen, könnte Flüchtlingen leichter geholfen werden. Er will aus Transportflugzeugen seine Zelte abwerfen, die sich am Fallschirm im Sinken entfalten. Sie verfügen über einen stabilen Boden, der in sieben Systemkästen viel Stauraum hat. Darin finden sich Wasser, Lebensmittel, Schutzkleidung, Werkzeug und verschiedenes mehr. Sogar an ein Solar-Panel mit Ladegerät hat der Wolfenbütteler gedacht – aus gutem Grund nennt er seine Erfindung das "fliegende Katastrophenschutzlager", jedes Zelt fasst acht Personen.
Schnelle Hilfe in schwierigen Regionen
"Die Vorteile haben bisher alle überzeugt, mit denen ich gesprochen habe", erklärt der 60-Jährige. So komme Hilfe für die Menschen auch in Regionen an, in denen Straßen und Flüsse zum Beispiel nach Erdbeben unpassierbar geworden sind. "Die Zelte öffnen sich beim Abwurf automatisch, kommen bezugsfertig am Boden an und bieten sofort eine schützende Behausung." Als Praktiker hat er so lange an seiner Idee gefeilt, bis sie sämtliche Ansprüche erfüllte: "Unsere Systemkästen und auch das Gesamtensemble haben Standardmaße, mit denen auf der Airbase ebenso gut gearbeitet werden kann wie in den Transportflugzeugen." Das Zerlegen nach dem Einsatz sei mit zwei Personen ebenfalls kein Problem.
Die Vision des Erfinders, der gleichermaßen aus dem Maschinenbau wie aus dem Gartenbau kommt: "Das Yellowcamp sollte weltweit an Luftwaffenstützpunkten verfügbar sein, so dass alle Nationen und jeder Winkel der Welt schnell erreicht werden können." Sein System soll weltweit Leben retten. Unabhängig von Religionszugehörigkeit und politischer Weltanschauung: Das Yellowcamp dient allen Menschen dieser Welt."
Bei der Präsentation vor der Kirche unterstützten prominente Fürsprecher den Erfinder. Propst Dieter Schultz-Seitz und Pfarrer Stefan Lauer von der St. Trinitatis-Gemeinde hatten sozusagen als Gastgeber den Platz zur Verfügung gestellt – aus Überzeugung: "Ich finde die Idee gut und helfe gern", sagte der Propst. Ihn beeindrucke auch, was ein einzelner Mann an Geld und Zeit für die gute Sache zu opfern bereit sei. Zudem könnten die zahlreichen Krisengebiete auf der Erde dringend neue Lösungen gebrauchen – "und dann auch noch aus Wolfenbüttel!"
Die Gesangsgruppe Ohregano, die ein Lied auf das Yellowcamp vortrug, war ebenfalls des Lobes voll: "Wir unterstützen das Projekt, weil es Gutes für die Menschen bringen kann", sagte Marie Jesske. Krisensituationen gebe es weltweit genug. "Das Yellowcamp ist eine sinnvolle Idee, die Leben retten kann."
Matthias Roßberg mit dem Material, das sich im Stauraum jedes Zeltes findet: Lebensmittel, Decken, Werkzeug und sogar ein Solar-Panel. Foto: Regio Press
Eine zufällig vorbeikommende Russin, die schon lange in Wolfenbüttel lebt, war derart beeindruckt, dass sie sich die Kontonummer für eine Spende geben ließ. "Es freut mich so sehr, dass es Menschen mit Mut und Optimismus gibt, ein solches Projekt unter großen persönlichen Opfern voranzubringen." Der Bedarf an Hilfe sei leider groß. "Man hat den Eindruck, dass Kriege heutzutage bewusst auf dem Rücken der Zivilbevölkerung ausgetragen werden."
Noch bis Dienstag vor der Kirche
Bei der Präsentation vor der Trinitatiskirche (von links): Pastor Lauer, Propst Schultz-Seitz sowie die Gesangsgruppe Ohregano mit Devin Stark, Keyboarder Till Mahlmann, Jakob Söllner und Marie Jesske. Foto: Regio Press
Der allgemeine Zuspruch tat Matthias Roßberg wohl. "Es lief alles prima, ich bin sehr zufrieden." Nach seinen Angaben hat er seit Sommer rund 10.000 Euro in den Bau des Prototypen gesteckt. Auch wenn künftig Aluminium und Stoffe aus dem Flugzeugbau verwendet werden, soll das Serienmodell nicht mehr als 3500 Euro kosten – dafür ist es aber auch schwimmfähig und kann in Hochwassergebieten zum Einsatz kommen. Und während das erste Yellowcamp hinter ihm am Haken eines Schwerlastkrans hing, kündigte der Erfinder nächste Schritte an: "Es ist jetzt der Punkt erreicht, eine Offensive bei der Bundesregierung zu starten."
Das Yellowcamp steht zusammengefaltet noch bis Dienstag vor der Trinitatiskirche.
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