Kreis Wolfenbüttel. Am Mittwoch, 12. November 2014, jährt sich der Tag der Grenzöffnung im Landkreis Wolfenbüttel zum 25. Mal. Unter dem Motto „Wir waren dabei!“ laden die Landkreise Halberstadt und Wolfenbüttel alle interessierten Mitbürgerinnen und Mitbürger zu einer gemeinsamen Erinnerungsveranstaltung ein. Treffpunkt ist um 15 Uhr der Grenzpavillon bei Mattierzoll. Der Besuch dort und anschließend an dem ehemaligen Beobachtungsturm soll dazu beitragen, die Erinnerung an das einmalige Geschehen vor genau 25 Jahren wach zu halten. Auch die Landtagspräsidenten von Sachsen-Anhalt und Niedersachsen Detlef Gürth und Bernd Busemann haben ihr Kommen zugesagt und werden ein Grußwort sprechen.
Anschließend gibt es in der „Weinschenke“ in Hessen unter der Leitung von Sabine Goes (NDR Rundfunk) eine Podiumsdiskussion mit Zeitzeugen über die Grenzöffnung. Die Veranstaltung wird umrahmt von den Chören aus Hessen und Linden, dem Jagdhornbläsercorps Wolfenbüttel und den Fallsteinmusikanten. Die Weinschenke ist ab 16.30 Uhr geöffnet. Im Saal steht nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen zur Verfügung.
37 Jahre trennte eine unüberwindliche und unmenschliche Grenze die Landkreise Wolfenbüttel und Halberstadt. Ein 22 Kilometer langer Stacheldrahtzaun, Minenstreifen, Selbstschussanlagen und Hunde am Laufseil verhinderten jede Begegnung von Verwandten, Nachbarn und Freunden. Nicht einmal zuwinken durfte man sich. Dörfer, die nur wenige hundert Meter voneinander entfernt liegen, waren unerreichbar geworden.
Dieser unerträgliche Zustand änderte sich 1989 schlagartig. Im Sommer begann in der DDR die folgenreiche friedliche Revolution. So strömten beispielsweise ab September Hunderte von DDR-Bürgern in Budapest und Prag in die Botschaftsgebäude der Bundesrepublik, mit dem einzigen Ziel, die freie Ausreise in den Westen zu erreichen. Zehntausende trafen sich ab Oktober in Leipzig, Dresden und zahlreichen anderen DDR-Gemeinden zu wöchentlichen friedlichen Demonstrationen. Sie riefen „Wir sind das Volk!“ und forderten die Öffnung der Grenze.
Und dann kam der 9. November. In den Abendstunden las das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski in einer Pressekonferenz in Ostberlin eine Bestimmung vor, wonach die DDR-Bürgerinnen und –Bürger ab sofort alle Grenzübergangsstellen nach Westberlin und in die Bundesrepublik zur Ausreise benutzen durften. Diese Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Unmittelbar danach gab es einen Ansturm von jubelnden Menschen an den Übergangsstellen nach Westberlin, die sie zu Fuß oder in vollbesetzten Trabbis ungehindert passieren konnten.
Im Landkreis Wolfenbüttel gab es keinen Grenzübergang, der geöffnet werden konnte. Hier hoffte man, dass der günstige Verlauf der Bundesstraße 79 genutzt werden könnte, um kurzfristig eine Verbindung zwischen den Landkreisen Wolfenbüttel und Halberstadt zu schaffen.
In der Nacht vor dem 12. November planierten DDR-Grenzsoldaten und Bauarbeiter einen Weg zwischen den Grenzanlagen bei Mattierzoll. Am folgenden Morgen kurz vor 8 Uhr wurde auch hier die Grenze geöffnet. Unvorstellbare Szenen spielten sich an diesem Sonntag in Mattierzoll und auf dem Weg in Richtung Hessen ab. Ein nicht enden wollender Zug Trabbis rollte auf der Behelfsstraße Richtung Westen. Menschen, einander völlig unbekannt lagen sich lachend oder weinend vor Freude in den Armen – einfach unbeschreiblich. Zahlreiche Bürger aus Nah und Fern, unter Ihnen auch der Niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht und seine Ehefrau, bereiteten den Ankömmlingen einen begeisternden und herzlichen Empfang. Für alle, die dabei waren, wurde es ein unvergesslicher deutscher Novembersonntag.
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