Wolfenbüttel. Der erste Jahrgang an der Henriette-Breymann-Gesamtschule geht seinem Realschulabschluss entgegen. Alle fünf Abschlussklassen sind aus diesem Anlass in diesem Schuljahr auf Klassenfahrt ins Ausland gefahren. Die Tutoren Mechthild Franke und Marco Hübner sind mit den Jugendlichen ihrer Klasse in den Alpen von Hütte zu Hütte gewandert – eine körperliche und mentale Herausforderung, von welcher die Schülerinnen Luisa Kegler und Katja Rausch an dieser Stelle berichten.
Nach einer neunstündigen Zugfahrt vom Hauptbahnhof Braunschweig kamen wir endlich in Oberstdorf an. Am Montag früh machten wir uns fertig für die Wanderung und verabschiedeten uns von der Jugendherberge. Mit dem Bus sind wir dann zur Seilbahnstation gefahren. Dort haben wir unseren Bergführer Christian kennengelernt, der uns die komplette Hüttentour über begleitet hat. Nach der Begrüßung fuhren wir mit der Seilbahn zur Mittelstation. Dann ging es los. Am Anfang hielt sich die Begeisterung noch in Grenzen. Wir wanderten ungefähr drei Stunden, für jeden eine ungewohnte Situation. Außer einer Wanderung auf den Brocken hatten wir keine Erfahrung mit langen Wanderungen.
Jeder Schritt musste wohl überlegt sein
Zwischendurch machten wir ein paar kleine Pausen, in denen wir etwas essen und trinken konnten. Christian meinte schließlich, dass wir „gleich“ da wären. Alle waren kaputt und freuten sich schon auf die Hütte, bis wir das letzte Wegstück sahen. Eine Stunde ging es noch steil bergauf. Man musste gut aufpassen, nicht abzurutschen. Endlich kamen wir an der Fiederepasshütte (2070 Meter Höhe) an. Dort erklärte uns Christian, wie man sich in einer Hütte verhalten muss, anschließend zeigte er uns unseren Schlafplatz. Nachdem wir uns umgezogen hatten, fielen wir erstmal komplett entkräftet in unsere Betten, bis es um 18 Uhr Spaghetti Bolognese gab. Erschöpft vom ersten anstrengenden Tag gingen wir alle schlafen.
Solch wunderschöne Ausblicke gab es bei der Wanderung des Öfteren zu erleben. Foto:
Handy-Verbot in der Hütte
Am nächsten Morgen wachten wir auf, machten uns und unsere Rucksäcke fertig und sind anschließend gemeinsam zum Frühstück gegangen. Nachdem alle aufgegessen hatten, schmierten wir uns noch ein Lunchpaket für die Wanderung und dann ging es auch schon wieder los. Diesmal ging das Wandern schon etwas besser, da wir alle eingelaufen waren. Doch die Wanderung fing schon gleich mit einer Herausforderung an - der Fiederescharte (2181 Meter Höhe). Erst hoch und auf der anderen Seite wieder runter, wo man aufpassen musste, dass man nicht ausrutschte oder über die vielen große Steine stolperte. Als wir dies geschafft hatten, ging der Rest größtenteils geradeaus und nur zum Schluss nochmal bergauf zur Mindelheimer Hütte (2058 Meter Höhe). In der Hütte gab es ein Handyverbot. Deshalb war auch am Eingang der Hütte ein „Handy-Ausschalter“, der bestand aus einer Schale und einem Hammer. Sollten wir mit einem Handy gesehen werden, würde der Hammer zum Einsatz kommen. Wir ruhten uns alle von der Wanderung aus, bis es Abendessen gab: Wir aßen Wurstgulasch und Spätzle. Auf der Mindelheimer Hütte haben wir auch den schönsten Sonnenuntergang gesehen.
Ein göttliches Gefühl
Am nächsten Tag packten wir wieder unsere Rucksäcke und nach dem Frühstück versammelten wir uns vor der Hütte um noch ein Foto zu machen. Alle hatten ein etwas mulmiges Gefühl, da es die anstrengendste und längste Tour werden sollte. Unser Gefühl trog uns nicht. Wer dachte, er wäre von den vorangegangenen Tagen abgehärtet, wurde etwas Besseren gelehrt. Erst kam der zweistündige Abstieg ins Tal. Die Schwierigkeit hier war, dass wir aufpassen mussten, nicht auf dem Boden auszurutschen; nicht wenige haben Bekanntschaft mit dem Boden geschlossen. Im Tal angekommen haben wir an der Schwarzen Hütte Pause gemacht und dort die ganze Schokolade aufgekauft. Viel zu früh ging es auch schon weiter. Drei Stunden schleppten wir uns bergauf. Es war ziemlich anstrengend. Doch wir motivierten uns gegenseitig, noch ein Stückchen auszuhalten. Manche unserer Muskelprotze haben uns auch den Rucksack abgenommen! Man kann sich nicht vorstellen, wie glücklich wir waren, als wir die Rappensee Hütte (2091 Meter Höhe) erreichten. Wir haben uns gefühlt wie Götter höchstpersönlich.
Die Promis der Reise: Kühe!
Die Kühe waren so viel Aufmerksamkeit wohl gar nicht gewohnt. Foto:
Natürlich taten wir das, was wir die vorigen Tage auch schon getan hatten: Wir fielen in unsere Betten. Am Nachmittag sind wir zum Rappensee gelaufen. Manche wollten das kühle Nass ausprobieren, doch nach ein paar Minuten kamen sie alle wieder herausgerannt. Das kühle Nass hatte sich als eiskalt erwiesen. Am Rappensee trafen wir außerdem die Promis der Reise: Kühe! Wie die Fangirls stürzten sich einige auf die Kühe. Aufgeregt wurden Selfies geschossen. Könnten Kühe schreiben, hätte es wohl auch Autogramme gegeben. Die Kühe, soviel Aufmerksamkeit gar nicht gewöhnt, wurden etwas übermütig und schubsten ihre Fans ungestüm an. Das vertrieb die Menge. Am Abend gab es Currywurst mit Pommes. Zum Nachtisch gönnten sich viele das, worauf sie schon die ganze Woche ihre Kalorien gespart hatten: Kaiserschmarrn. Den letzten Abend genossen wir beim Kartenspiel mit Herrn Hübner und Christian.
Schöne Erfahrung für alle Beteiligten
Der Abstieg gestaltete sich mitunter als ziemlich gefährlich. Foto:
Am letzten Tag in den Alpen machten wir uns an den Abstieg. Ungefähr auf der Hälfte der Wanderung gab es eine gefährliche Stelle, wo wir auf einem schmalen Abhang nah an der Felswand entlang gehen mussten, während es neben uns sehr weit nach unten ging. Diese Felswand war mit keinem Stahlseil gesichert. Deshalb mussten wir aufpassen, da es in der letzten Nacht geregnet hatte und es sehr glatt war. Unter „Todesangst“ überquerten wir vorsichtig einen schmalen Abhang nah an der Felswand. Wir kamen alle wohlbehalten unten an. Zurück in der Jugendherberge saßen wir zusammen und reflektierten die Klassenfahrt. Der Großteil war sich einig: Zu Beginn waren die meisten sehr skeptisch gewesen, doch schließlich war es eine schöne Erfahrung für alle.
Am Freitag ging es leider wieder mit dem Zug nach Hause. Wie schön war es in den Bergen gewesen und wie gerne hätten wir mehr Zeit dort verbracht, bevor wir uns zurück im grauen Alltag wiedergefunden haben, wo „strenge Lehrer mit Stapeln an Hausaufgaben und Stress auf uns warteten“.
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