Wolfenbüttel: Gert Hungeling schmeißt hin - Etappe einer Streitigkeit zwischen Rufmordkampagne und Verleumdung in der CDU

von Marc Angerstein


| Foto: CDU



[image=5e1764c3785549ede64ccdce]Der bei der vergangenen Kommunalwahl im September 2011 für die CDU-Fraktion in den Rat der Stadt Wolfenbüttel gewählte Gert Hungeling, hat nach offenbar vorangegangenen Streitigkeiten zwischen ihm, Teilen der CDU-Stadtratsfraktion und Bürgermeister Thomas Pink, am Dienstag sein Mandat niedergelegt. Wer sein Nachfolger im Rat wird, ist gegenwärtig noch unklar. Auf Anfrage unserer Online-Zeitung erklärte Bürgermeister Thomas Pink, den Nachrücker im Wahlbereich 2 zunächst schriftlich befragen zu wollen, ob er das Mandat annehmen wolle. „Erst dann werden wir den Namen öffentlich machen.“ Pink wollte den Rücktritt Hungelings nicht kommentieren.


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Bürgermeister Thomas Pink. Foto: Marc Angerstein)



Die Beweggründe für seinen Schritt teilte Hungeling in einem an Bürgermeister Pink gerichteten Brief, der unserer Redaktion vorliegt, sowie in einem persönlichen Gespräch mit WolfenbüttelHeute.de mit.


In seinem Schreiben kritisiert Hungeling, dass ihm die praktische Arbeit im Rat sehr deutlich gezeigt habe, dass eine freie Willensbildung von vielerlei sachfremden Einflüssen, die sich seiner Kontrolle und seinem Einfluss entziehen, überlagert und behindert würde. Seiner Ansicht nach werde widerspruchsfreie Rücksichtnahme auf Vorlagen der Verwaltung, auf parteipolitische Erwägungen und auf Fraktionsraison erwartet. Mit den Worten "in einer derartigen Atmosphäre fühle ich mich auf die Rolle eines kritiklosen Akklamateurs reduziert", beschreibt Hungeling seine Position.

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Prof. Dr. Christoph Helm Foto: Raedlein



WolfenbüttelHeute.de erfuhr erst am späten Nachmittag vom Rücktritt des CDU-Mandatsträgers, so dass unsere Redaktion erst am späten Abend Gelegenheit für ein persönliches Gespräch mit Gert Hungeling erhielt. Zuvor versuchten wir erfolglos den CDU-Fraktionsvorsitzenden Prof. Dr. Christoph Helm zu erreichen, sprachen dafür jedoch mit dem Stadtverbandvorsitzenden der Christdemokraten, Eckbert Schulze.


Schulze erfuhr heute Mittag vom Rücktritt seines Fraktionskollegen. Unserer Online-Zeitung gegenüber erzählt Schulze, dass ihn Hungelings Schritt nicht überrasche, er jedoch nicht so schnell damit gerechnet habe.

Abgezeichnet habe sich die Reaktion schon länger, da Hungeling bereits öfter berufsbedingt den Fraktions- und Ausschusssitzungen fernblieb, so Schulze.

Hungelings Vorwurf, der "widerspruchsfreien Rücksichtnahme", entgegnet er: "Wenn man sich mit seiner Meinung nicht einbringt, kann man nicht erwarten, das diese diskutiert wird. Das nicht Gesagte, fand kein Gehör."

[image=5e1764c9785549ede64ccf43]"Das nicht Gesagte, fand kein Gehör."


Eckbert Schulze

In einem persönlichen Gespräch am späten Abend, berichtete Hungeling unserer Online-Zeitung von vorangegangenen Streitigkeiten zwischen ihm, Thomas Pink, Prof. Dr. Christoph Helm und Eckbert Schulze.

Hungeling legte hierzu einen Brief der Stadtratsfraktion vom 25. Juni vor, in dem ihm die Unterzeichner Helm und Schulze vorwerfen, das "Ansehen der CDU in der Öffentlichkeit beschädigt" zu haben. Weiter wird darin sein Verhalten nach einer CDU-Fraktionssitzung "als Rufmordkampagne gegenüber dem Bürgermeister" bezeichnet. Damit habe er gegen das Gebot der Solidarität mit der eigenen Partei und der Zurückhaltung in der Öffentlichkeit bei Äußerungen bezüglich der Repräsentanten, die von der CDU getragen werden, mehrfach verstoßen, heißt es.

In Hungelings Antwort vom 28. Juni spricht dieser von einem "grob fehlerhaften Sachverhalt". Helm und Schulze würden sich damit "zum Sprachrohr für die Verbreitung von Gerüchten" machen und "Beihilfe zur Verleumdung" leisten. In der Vergangenheit habe er eine "sachlich berechtigte Kritik hinsichtlich des Bürgermeisters bezüglich seiner Dienstaufsicht gegenüber der Verwaltung geäußert." Er schreibt weiter: "Ich bin nicht bereit derartige von mir und anderen festgestellte Tatbestände zu verdecken." Abschließend erwähnt Hungeling in Bezug auf die "angeblich vorliegenden Informationen" gegen ihn, die Prüfung zur Einleitung strafrechtlicher Schritte.

[image=5e1764c9785549ede64ccf37]Ein weiterer Brief, der von Bürgermeister Thomas Pink an Gert Hungeling gerichtet war, wurde nach Hungelings Angaben von ihm zur Prüfung des Tatbestandes der Nötigung an die Staatsanwaltschaft Braunschweig weitergeleitet. Dieser Tatbestand soll aber nicht erfüllt gewesen sein, erläutert Hungeling die Bewertung der Staatsanwaltschaft.

Der CDU-Mandatsträger stellt klar, dass sich die Probleme innerhalb der CDU-Fraktion ausschließlich auf einen kleinen Personenkreis beziehen würden und nicht alle Mitglieder hierbei involviert seien. Er selbst sei nicht der Ansicht, dass er Unruhe stiften würde und nicht kritikfähig sei, was jedoch auf andere Personen in Rat und Fraktion sehr wohl zuträfe.

[image=5e1764e3785549ede64cd46e]"Ich habe geglaubt, man könnte Probleme durch Gespräche lösen."


Gert Hungeling

Von Hungeling vorgebrachte Kritik und Vorschläge wären in den Fraktionssitzungen nicht angenommen und diskutiert worden. Viele Vorschläge hätten es nicht einmal in die Sitzungen geschafft.

"Ich habe geglaubt, man könnte Probleme durch Gespräche lösen. Und Gespräche habe ich oft gesucht, nur leider keine Antworten bekommen. Oft wurden Vorschläge von mir abgetan und hinterher hinter vorgehaltener Hand diskutiert und kommentiert", schildert er seine Sicht.

Abschließend sagt Hungeling: "Ich habe dies alles so nicht angestrebt. Ich greife niemanden an, sondern verteidige mich und meine Einstellung. Meine Frau und ich werden uns auch weiterhin für die Stadt einsetzten."
Wir veröffentlichen das Rücktrittsschreiben von Gert Hungeling im Original, - wie immer - ungekürzt und umkommentiert:

Sehr geehrter Herr Pink,

hiermit lege ich mein Mandat im Rat der Stadt Wolfenbüttel nieder.

Als ich vor einem Jahr in den Rat gewählt worden bin, sah ich meine Aufgabe vorwiegend darin, aufgrund freier Willensbildung,die nur am Wohl der Stadt und ihrer Bürger und an meinem Gewissen orientiert ist an der Gestaltung des Zusammenlebens in der Kommune mitzuwirken.

Leider hat die praktische Arbeit im Rat sehr deutlich gezeigt, dass diese freie Willensbildung überlagert und behindert wird von vielerlei sachfremden Einflüssen, die meiner Kontrolle und meinem Einfluss entzogen sind.

Es wird widerspruchsfreie Rücksichtnahme auf Vorlagen der Verwaltung, auf parteipolitische Erwägungen und auf Fraktionsraison erwartet.

In einer derartigen Atmosphäre fühle ich mich auf die Rolle eines kritiklosen Akklamateurs reduziert.

Dies ist jedenfalls keine Grundlage für die Fortsetzung meiner Arbeit im Rat.

Die Verantwortung gegenüber jenen, die mich gewählt haben und meiner Familie macht daher die Niederlegung des Mandats unumgänglich, auch wenn ich damit vielleicht jenen in Verwaltung und Rat einen Gefallen tue, denen ich durch mein kritisches Verhalten unbequem war, aber ich will mich nicht verbiegen lassen, weil dies auf Grund einer abstrakten Fraktionsraison und Parteipolitik, bei der ich mich frage, wo der Bürger bleibt, anscheinend geboten erscheint.

Ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit nochmals für das mir entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen

Gert Hungeling


Download des Original Schreibens

Hier veröffentlichen wir den Briefverkehr zwischen der CDU-Stadtratsfraktion und Gert Hungeling im Original:

Downloads des Schreibens der CDU-Stadtratsfraktion an Gert Hungeling vom 25. Juni 

Download der Antwort von Hungeling an die CDU-Stadtratsfraktion vom 28. Juni


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