Wolfenbüttel: Immobilienvermittler organisiert Weihnachtsfeier für Wohnungslose - Einer erzählt uns seine Geschichte

von Romy Marschall


| Foto: Romy Marschall



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Ein festlich geschmückter Baum ziert beinahe jede Weihnachtsfeier Foto:



Eine Weihnachtsfeier für Obdachlose initiierte und organisierte der Immobilienvermittler Lorenz Ziolka am vergangenen Montag in der Lindenhalle. Es gab weihnachtliche Dekoration, ein leckeres warmes Essen sowie ein buntes Programm und die Möglichkeit gemütlichen Beisammenseins. Zum Abschied bekam jeder Gast auch ein Weihnachtspäckchen, befüllt mit Vitaminen, warmer Kleidung, Schokolade, Tabakblättchen und Pflegeartikeln. "Es werden aber nicht alle kommen, so etwas muß sich erst rumsprechen," sind sich die Organisatoren sicher.


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Eigens gestaltete und nummerierte Einladungskarten wurden an die Obdachlosen verteilt Foto:



Geladen waren insgesamt 50 Personen, 20 bekamen ihre Einladungskarte von der städtische Behörde für Obdachlose zugestellt und 30 über die Ambulante Hilfe der Diakonie. "Ich besorge so vielen Menschen ein neues Zuhause, also wollte ich etwas für die tun, die keines haben," erklärt Immobilienvermittler Ziolka sein Engagement.

Inspiriert wurde er von einem Berliner Schlagersänger, der seit 18 Jahren eine derartige Veranstaltung organisiere und inzwischen über 6000 Gäste jährlich habe. Zunächst habe er sich an Christa Bröder von der städtischen Obdachlosenbehörde gewandt und dort den Kontakt zu Sabine Rieck und damit der Ambulanten Hilfe Wolfenbüttel der Diakonischen Gesellschaft Wohnen und Beraten mbH erhalten. Beide Stellen fungieren im Landkreis Wolfenbüttel als Anlaufstelle für Betroffene. Mit ins Organisationsteam kam noch Sigrid Berkau von der Ökomenischen Suppenküche in Wolfenbüttel.

Seit 2002 ist Sabine Rieck bei der ambulanten Hilfe tätig, damals habe man etwa zehn Obdachlose betreut. "Die Tendenz ist steigend," berichtet sie, "vor allem sind es viel mehr Frauen geworden, derzeit ungefähr ein Drittel der rund 50 Personen." Obdachlosigkeit sei noch immer ein Tabuthema und werde oftmals verschleiert, da viele Menschen vorübergehend im Freundes- und Bekanntenkreis unterkommen.

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Sabine Rieck und Lorenz Ziolka rechnen trotz persönlicher Einladung auch mit Skepsis bei den Gästen und bitten um die Wahrung der Privatsphäre Foto:



Dennoch stünden die Chancen sehr gut, die Menschen wieder "in Wohnung zu bringen, so daß sie wieder Fuß fassen und eine Arbeit finden," schildert Rieck. "Wenn sie erstmal den Weg zu uns finden, dauert es circa zwei bis zehn Jahre, bis sie wieder integriert sind." Die Gründe für drohende Wohnungsnot und Obdachlosigkeit sind vielfältig. Bereits im Vorfeld hatten die Organisatoren darum gebeten im Sinne der Gäste auf das Fotografieren der Obdachlosen zu verzichten. Natürlich dürfe man aber mit ihnen ins Gespräch kommen.

Andy Rabs (55) erzählte unserer Redaktion gerne seine Geschichte. Seit zwei Monaten sei er nicht mehr gemeldet, "seither bin ich kein Wolfenbüttler mehr und so werde ich auch behandelt von der Obrigkeit." Rabs wohnte zuvor schon einige Zeit "bei Kumpels" nachdem er seinen Job als Schiffsbauer verloren hatte. 35 Jahre war er auf Montage, manchmal ein, drei, fünf Monate unterwegs. Zuletzt sei er bei einer japanischen Reederei angestellt gewesen, bevor ihm aus gesundheitlichen Gründen gekündigt wurde, wie er selbst ausführt. Das Gesundheitszeugnis bescheinigte ihm keine ausreichende Sehtüchtigkeit mehr, erklärt er. Im Verlauf sei dann auch seine Ehe zerbrochen und der Kontakt zu den erwachsenen Kindern abgebrochen. Seiner Tochter konnte er nicht einmal zum Geburtstag gratulieren, weil ihm durch ein "Versehen" ihre Nummer abhanden gekommen war. Dafür habe er aber an dem besagten Tag eine herumstreunende Katze auf ihren Namen getauft, quasi als Geburtstagsgeschenk. Noch einmal nach den Gründen seiner Wohnungslosigkeit befragt, gibt er zu "vielleicht weil ich Alkoholiker bin." Man merkt ihm seine Krankheit an. Während er erzählt, fällt es schwer zu folgen. Aber man merkt auch,daß es immer eine Kette von Schicksalsschlägen ist, die Menschen obdachlos werden läßt. Die Redaktion dankt ihm an dieser Stelle für seine Offenheit.

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Da ist bestimmt für jeden etwas dabei, die reichlich gedeckte Tafel der Weihnachtsfeier Foto:



In Zusammenarbeit mit den Anlaufstellen wurde die Veranstaltung in den letzten zweieinhalb Monaten vorbereitet und geplant. Weitere Unterstützer waren schnell gefunden, so spende ein renommierter Wolfenbütteler Gastronom Büffet und Getränke und die Stadt Wolfenbüttel stellt die Räumlichkeiten kostenfrei zur Verfügung. Ein 15-köpfiges Team aus Freunden und Bekannten habe sich so gefunden, um den Obdachlosen einen besinnlichen Moment in der Weihnachtszeit zu schaffen, erklärt Initiator Lorenz Ziolka.


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