Wolfenbüttel: "Keine historischen Richtsprüche weit und breit", dem Richtfest des neuen Magazins der HAB mangelte es sonst an nichts

von Romy Marschall




<a href= Architekt Reiner Becker, stellvertretende Bürgermeisterin Katrin Rühland, Landrat Jörg Röhmann, Ministerin Johanna Wanka, Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer und Renate Müller-Steinweg nach der feierlichen Zeremonie durch den Zimmermann">
Architekt Reiner Becker, stellvertretende Bürgermeisterin Katrin Rühland, Landrat Jörg Röhmann, Ministerin Johanna Wanka, Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer und Renate Müller-Steinweg nach der feierlichen Zeremonie durch den Zimmermann Foto:



Heute nachmittag war feierliche Stimmung im Bibliotheksquartier. Auf dem Grundstück Lessingstraße 13 wurde das Richtfest für das neue Magazingebäude der Herzog-August-Bibliothek (HAB) begangen. Ein Drahtseil ist damit gespannt zwischen Konservierung und Modernisierung. Symbolisch soll eine "Lesebrücke" in die Jetztzeit geschlagen werden. Was derzeit noch Zukunftsmusik ist, werde später "die konservatorisch bedenklichen Buchtransporte per PKW" ersetzen, erläuterte Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer das Konzept.


<a href= Die Handwerker holen den Kranz per Flaschenzug herunter">
Die Handwerker holen den Kranz per Flaschenzug herunter Foto:



Nach kurzer Begrüßung übergibt Renate Müller-Steinweg, Leiterin des Staatlichen Baumanagements Braunschweig, das gemeinsam mit der HAB das traditionelle Dankesfest an die Handwerker ausrichtet, das Wort dem Polier der Rohbaufirma Strabag für den Richtspruch. Wie aber kommt denn bloß der Richtkranz auf das offizielle Foto? Kurzerhand holen die Zimmermannsleute ihn per Flaschenzug herunter. Anschließend geht es zum zünftigen Richtschmaus ins Zeughaus.

<a href= Direktor Schmidt-Glintzer bei seiner Ansprache in der gut besuchten Eingangshalle des Zeughauses">
Direktor Schmidt-Glintzer bei seiner Ansprache in der gut besuchten Eingangshalle des Zeughauses Foto:



Der Direktor des Hauses ist zunächst ganz Wissenschaftler und macht auf ein Desiderat aufmerksam: "wir haben überall gesucht, aber es war kein historischer Richtspruch zu finden. Es gibt aber mit Sicherheit welche. Hier ist noch eine Forschungsaufgabe zu bewältigen." Sein Dank gilt neben Land und Stadt auch dem Architekturbüro Reiner Becker aus Berlin. Danach zeigt sich Helwig Schmidt-Glintzer kämpferisch: "Ideenkämpfe finden in der Gegenwart statt oder gar nicht." Der Bibliotheksleiter skizziert seine Vision wie folgt: "Wenn das Land Niedersachsen nun ein neues Magazin am Standort auf den Weg gebracht hat, bedeutet dies zugleich, daß wir damit die Chancen auf die Nutzung der überlieferten Bestände im Lichte aktueller Fragestellungen steigern. Wenn das geplante Servicegebäude, eine Lesebrücke mit Lesesaal und Fotowerkstatt zwischen Augusta und dem neuen Magazin realisiert wird, werden wir die effizienteste große Altbestandsbibliothek sein."

Die Niedersächsische Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Johanna Wanka, weist in ihrem Grußwort auf aktuelle Fragestellungen hin, die sich aus den Beständen der HAB generieren lassen, beispielsweise die Geschichte religiöser Kulturen. Sie betont die internationale Bedeutung der Bibliothek und stellt die Frage aus dem Wissenschaftsrat: "Wie kann man das Miteinander der Insititutionen in Marburg, Weimar und Wolfenbüttel noch strahlender machen, international noch bekannter machen?" Ihre Antwort verweist auf die notwendige unterstützende Finanzierung durch den Bund. Dennoch bleibe das gesamte Bauvorhaben "eine zentrale Aufgabe der Kulturpolitik in Niedersachsen."

<a href= Die Bautafel verrät, wer hier baut.">
Die Bautafel verrät, wer hier baut. Foto:



Das neue, dreigeschossige Magazin hinter der Bibliotheca Augusta bietet mit einer Nutzfläche von ca. 2.000 Quadratmetern zukünftig mehr als 500.000 Medien Platz und sorgt für eine angemessene Unterbringung kostbarer Altbestände der Bibliothek (Drucke der Jahre 1450 bis ca. 1850, Sondersammlungen wie z.B. Gemälde). Für den 1. Bauabschnitt stellt das Land Niedersachsen acht Millionen Euro zur Verfügung. Der Magazinneubau ist dabei die Hauptmaßnahme neben vier weiteren kleineren Teilmaßnahmen. Neben den eigentlichen Magazinräumen bietet das Gebäude ein Gemäldemagazin und verschiedene Funktionsräume, wie zum Beispiel einen Buchpflegeraum mit einer aufwändigen Reinraumanlage.

Der Energiebedarf des zweigeschossigen Gebäudes wird durch seine Bauweise und den weitgehenden Verzicht auf technische Klimatisierung und die Nutzung erneuerbarer Energien (Erdwärme) auf ein Mindestmaß reduziert. Für die alten Bestände ist ein hoher Sicherheitsstandard vorgesehen. So sorgt unter anderem eine Stickstofflöschanlage für Schutz gegen Feuer. Das Gebäude steht so hoch, dass auch extremes Hochwasser die Bücher nicht erreichen könnte. Nach der Fertigstellung des Baus etwa Ende 2013 wird das Gebäude zunächst austrocknen müssen, bevor die Bücher darin aufgestellt werden können.

Landrat Jörg Röhmann erfrischte die Runde als letzter Redner mit der Frage: "Wie würde sich eigentlich August fühlen, wenn er heute dabei wäre?" Nach einem großen Schlenker in Richtung der kleinen Gemeinde Hitzacker, die ebenfalls einst Herzog August den Jüngeren beherbergte und die im Jahr mehr Touristen als Wolfenbüttel habe, kommt er zurück und zieht folgenden Schluß. "Wir haben nicht nur ein hohes kulturelles Erbe zu wahren und zu schützen, wir müssen es auch zugänglich machen für Leute, die das nicht wissen, und die nach Wolfenbüttel kommen, weil es hier einen Kräuterlikör gibt." Diesen kulinarischen Ausgang nutzte Renate Müller-Steinweg und eröffnete kurzerhand das Büffet.


mehr News aus Wolfenbüttel


Themen zu diesem Artikel


Bürgermeister Bürgermeister Wolfenbüttel