Wolfenbüttel: Was modern aussieht, ist doch historisch - Theaterwoche am Schloßgymnasium

von Romy Marschall


| Foto: Romy Marschall



In der kommenden Woche gibt es zwei Zeitreisen zu bestaunen. Traditionell stellen im Gymnasium im Schloß (GiS) die Absolventenkurse "Darstellendes Spiel" sich und die Zuschauer auf die Probe, kurz bevor der Ernst der Abizeit losgeht. Im Theatersaal des Schlosses werden am Montag und Mittwoch Werke von Herzog Heinrich Julius miteinander verflochten und mit Tänzen des Hofkapellmeisters Praetorius, die das Schulorchester intoniert. Im ehemaligen Hertiehaus werden am Dienstag und Donnerstag bei eisigen Temperaturen Geschichten vom Erschlagen erzählt. Alle Veranstaltungen beginnen um 19 Uhr, der Eintritt ist frei und die Altersempfehlung ab 14 Jahre.

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Probenfoto von "Was boese Mäuler" Foto:



Die Produktion "Was boese Mäuler - Liebe, Lüge, Intrigen" inszeniert anläßlich des 400. Todestages von Herzog Heinrich Julius zwei von ihm selbst verfaßte Werke. Die Komödien "Von einem Weibe" und "Vincentio Ladislao" schrieb der Herzog 1594 im alten Lutherdeutsch und zum Teil in niedersächsischem Platt. "Das war die große Herausforderung", schildert Kursleiter Jürgen Hellert die schwierige Aufgabe, die Texte zunächst in eine verständliche Sprache zu übertragen. Trotz moderner Adaption und der Verflechtung beider Stücke sei die Grundgeschichte geblieben. "Wir haben sie einfach in die heutige Zeit versetzt, denn die Probleme sind immer noch aktuell", erklären die Schüler. Im Programmzettel heißt es dazu:
Diese Originale wurden im Jahr 1594 geschrieben und wir sehen, dass sich menschliche Gefühle trotz iPhone und Mikrowelle offenbar nicht verändert haben.

Die Zusammenarbeit mit dem Schulorchester unter Leitung von Cornelius Krause ist eine Reminiszenz an das humanistische Reformtheater, das der Herzog an seinem Hof etablierte. Auch damals waren die Inszenierungen lebendig und, um verstanden zu werden, durchsetzt mit Musik, Tanz und Fechtvorführungen, schildert Wilfried Seyfarth. Er war es, der im Rahmen eines Schülerseminars an der HAB, die Idee anregte. Das Schulorchester spielt Auszüge aus den Französischen Tänzen, die Hofkapellmeister Michael Praetorius unter dem Titel "Terpsichore" zusammenfaßte. Die modernisierte Textfassung der Werke des Herzogs wird folglich kontrastiert mit historischer Musik.

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Probenfoto im von "Erschlagen" am Originalspielort Foto:



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Probenfoto Foto:



Die zweite Produktion "Erschlagen" unter Leitung von Christian Krüger ist eine experimentelle Inszenierung. "Die Schüler spielen keine festen Rollen. Sie werden hin und her springen zwischen Täter- und Opferrollen", verrät der Kursleiter. Authentische Geschichten von Gewalt in Deutschland sind das Thema, das in intensiven bedrückenden Bildern dargestellt werde. Passend umgeben von einem Symbol des Konsumwohlstands, in dem es "kalt, nass, dreckig und einsam" sei. Antworten wollen die Schüler aber nicht geben, betont Krüger. Das Stück ist ein "Blick hinter diese Fassade des perfekten, funktionierenden Deutschlands", lautet die Ankündigung. Weiter heißt es:
Deutschland hat viele Masken. Immer wieder bröckelt die Fassade des perfekten Deutschlands. Nahezu täglich berichten die Medien von Überfällen, Entführungen, Misshandlungen, Morden, Vergewaltigungen.

Christian Krüger bedankt sich bei der Stadt für die Möglichkeit, das Hertiegebäude zu nutzen. "Der Bürgermeister hat sofort zugesagt", erzählt der Lehrer und empfiehlt Besuchern, sich warm anzuziehen. Das Stück dauert rund 45 Minuten in einem unbeheizten Gebäude.

Das Darstellende Spiel hat eine lange Tradition am Schloßgymnasium. Seit Ende der 1990er Jahre gibt es Kurse für die Jahrgänge 7 bis 12. Seit rund zehn Jahren finden die Aufführungen des 12. Jahrgangs kurz vor der Abiphase statt, erläutert Jürgen Hellert.


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