Wer 100 Kilometer im Laufschritt zurücklegt, wird bewundert - oder als Durchgeknallter bezeichnet. Diese Distanz ist nicht normal, sie ist ein Mythos.
Mit der Ziellinie vor dem inneren Auge zwingt allein der Wille den Körper zu rund 80 000 Schritten. Gleichmäßig, wie der geduldige Sekundenzeiger einer Wanduhr, einen Fuß vor den anderen, legten die Wolfenbütteler BlueLiner Anke Meinberg, Matthias Thiede und Friedrich-Wilhelm Schneider diese Schritte durch die Schweizer Nacht rund um die Stadt Biel zurück.
Es war der der deutsche Journalist Werner Sonntag, der den Mythos Biel vor mehr als 50 Jahren prägte. Sein Buch "Einmal musst Du nach Biel“ hat viele Tausend Laufbegeisterte aus aller Welt in die Schweizer Stadt Biel gelockt. Aus dem ehemaligen Waffenlauf der Schweizer Armee wurden die Bieler Lauftage geboren, die in diesem Jahr bereits zum 55. Mal stattfanden.
Für Meinberg war es bereits der sechste Start in Biel. Matthias Thiede reiste mit Familie und großer innerer Spannung an, war es doch sein erster Hunderter. Für den 69-jährigen Schneider war es nach über 20 Jahren nochmals eine Herausforderung den Mythos Biel erneut zu bestehen.
Matthias Thiede hatte sich besondere Überraschung vorgenommen, wollte er doch bei Zielankunft seiner Lebensgefährtin einen Hochzeitsantrag machen. „Miriam, willst Du mich heiraten? Die 100 Kilometer, nur für Dich“ stand auf seinem Laufshirt.
Meinberg und Schneider hatten bereits den Veranstalter und die Presse über das Vorhaben informiert. Nach 9:32 Stunden lief Thiede (M35) auf dem 10. Platz im Zielzelt ein, wurde selbst über den großen Jubel der vielen Zuschauer überrascht.
Sein Antrag überraschte die Zukünftige jedoch schon nicht mehr, hatte doch die örtliche Presse und der Veranstalter in der Nachtausgabe der Veranstaltung bereits geschrieben: „Miriam, heirate ihn“. Das Happyend nahm seinen Lauf.
Zwei Stunden später kam Anke Meinberg mit 11:34 Stunden im Ziel an. Ein Sturz in der Dunkelheit über eine Baumwurzel auf dem sehr dunklen Emmendamm hatte keine Auswirkung auf den Laufrythmus der erfahrenen Ausdauersportlerin. Der zweite Platz in der Altersklassenwertung W55 war die Belohnung für die 59-Jährige BlueLinerin. Nach zwei Siegen in Folge und mehreren zweiten Plätzen in den letzten Jahren ein großartiges Ergebnis bei dieser Laufveranstaltung.
Für Friedrich-Wilhelm Schneider wurde die lange Nacht noch ein Hitzelauf in die Mittagszeit hinein. Nach 14:34 Stunden beendete Schneider das Rennen (M65) auf dem 21. Platz. Der 69-jährige Wolfenbütteler hat schon manche Qual, aber auch viele Glücksmomente, auf den langen Strecken erlebt. Doch der Wille sich zu beweisen, treibt ihn immer wieder an. „Meine Gesundheit ist mir inzwischen wichtiger, als eine bestmögliche Zeit“ so der Ausdauersportler.
Alle Drei sind ohne größere Blessuren im Ziel angekommen.
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