Zeitreise mit dem Leitungsbau - Wie der Bau der Erdkabelleitung historisches Wissen erweitert

Eine Fundstelle habe man erwartet - Gefunden wurden jedoch neun.

Archäologen aus Göttingen untersuchen den Boden auf Kulturgüter. Auch sie tragen Schutzkleidung.
Archäologen aus Göttingen untersuchen den Boden auf Kulturgüter. Auch sie tragen Schutzkleidung. | Foto: Tennet

Wolfenbüttel. Mehr als 2.500 Jahre alte Siedlungsreste und eine Nadel aus der Bronzezeit bei Westerlinde und Wartjenstedt, eine Siedlung aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit bei Lesse oder durch Gräben gekennzeichnete Flurgrenzen aus dem 17. und 18. Jahrhundert – Deutschlands derzeit längste Erdkabel-Baustelle für Höchstspannungsdrehstrom zwischen Lesse und Holle ist zugleich eine Fundgrube für Archäologen. Hierrüber berichtet der Bauherr und Stromnetzbetreiber Tennet in einer Pressemitteilung.


Archäologen untersuchen den Boden auf Kulturgüter und Funde, aus denen sie Rückschlüsse auf Siedlungen, Gewohnheiten und Ereignisse der Vorfahren ziehen. Weniger bekannt ist, dass das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege als archäologische Fachbehörde auch am Planfeststellungsverfahren für die neue Höchstspannungsleitung Wahle-Mecklar der Tennet beteiligt war. Deswegen arbeitet nun auch die von Tennet beauftragte Firma Streichardt & Wedekind Archäologie aus Göttingen mit bis zu zehn Archäologen, Historikern, Technikern und Studenten auf dem 13 Kilometer langen Erdkabel-Teilstück der Leitung, die ansonsten überwiegend als Freileitung gebaut wird.

Bei Wartjenstedt und Westlinde wurden Siedlungsreste aus der Bronzezeit gefunden.
Bei Wartjenstedt und Westlinde wurden Siedlungsreste aus der Bronzezeit gefunden. Foto: Tennet



Das Team sei seit Baubeginn dabei und beobachte den Abzug des Oberbodens auf der gesamten Leitungstrasse, um archäologisch relevante Spuren im Boden zu erfassen. Aufmerksam werden die Archäologen schon bei leichten Verfärbungen oder Schatten in der Bodenschicht. Dann werden die Spuren untersucht, dokumentiert und je nach Bedeutung ausgegraben, wenn etwa bearbeitete Steine und Metalle, Knochen oder Keramiken gefunden werden. Graben zum Beispiel in der Steinzeit Menschen einen Pfosten für eine Hütte in den Boden, unterscheidet sich die Verfüllung der entstanden Grube vom umliegenden Erdreich. So wurden im Asselgraben sogar noch erhaltene Pfosten im Torf gefunden, die bisher nicht datiert wurden.

"Damit war nicht zu rechnen"


Wenn alle Funde sachgerecht dokumentiert sind und zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen führen, können die Ergebnisse in Absprache mit der Tennet und den Denkmalschutzbehörden veröffentlicht werden. Streichardt & Wedekind hielten es für möglich, dass auf der Erdkabelbaustelle nicht nur Spuren von Siedlungen und Flurgrenzen aus verschiedenen Epochen gemacht werden, auch andere Fundstellen wie Gräberfelder wären denkbar.

Solche dunklen Verfärbungen im Boden können auf menschliche Aktivitäten hinweisen.
Solche dunklen Verfärbungen im Boden können auf menschliche Aktivitäten hinweisen. Foto: Tennet



Bereits neun Fundstellen entdeckt


Der Leitungsbau zwischen Lesse und Holle hat bereits neue Erkenntnisse zur Besiedlungsgeschichte in vor- und frühgeschichtlichen Zeiten geliefert – damit sei nicht zu rechnen gewesen, denn ursprünglich sollten lediglich Verdachtsflächen untersucht werden. Doch Tennet und das Landesamt verständigten sich darauf, die archäologische Untersuchung auf gesamter Trassenbreite und Länge durchzuführen. Damit habe man das richtige Gespür bewiesen: War vor dem Bau der Leitung nur eine Fundstelle im Trassenbereich bekannt, sind nach Untersuchung von etwa einem Fünftel des 13 Kilometer langen Erdkabelabschnitts bereits neun weitere entdeckt worden.


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