Wolfenbüttel. Ein bisschen ungewohnt war es schon: Gleich mehrere Tage stand hinter dem Lebenshilfe-Wohnheim in Wolfenbüttel ein riesiges, rot-blaues Zirkuszelt. Wer darin waghalsige Artisten, lustige Clowns und spektakuläre Varieteekünstler vermutete, lag gar nicht mal so falsch.
Im Rahmen der Festwochen rund um das 50-jährige Bestehen des Wolfenbütteler Lebenshilfe-Vereins machte der Zirkus Dobbelino am Blauen Stein halt. Zusammen mit den Profis studierten die Bewohner der Lebenshilfe an vier Tagen eindrucksvollen Nummern ein. Lampenfieber machte sich zur Aufführung breit, denn das Zelt war brechend voll. Ein glatzköpfiger Clown mit runder, roter Nase hieß das Publikum willkommen und verleitete die Gäste dazu, schnell ihre Plätze einzunehmen: „Hereinspaziert, hereinspaziert“.
Mit blauem Bauarbeiterhelm auf dem Kopf eröffnete Axel Koßmann, Öffentlichkeitsbeauftragter der Lebenshilfe, die Manege und übte mit dem Publikum gleich erstmal die erwünschten Beifallsstufen. Von Zirkusmusik begleitet, liefen anschließend die Tellerdreher auf die Bühne und ließen das Geschirr auf schmalen Stöcken balancieren. Gleich darauf hielten Artisten auf großen Gymnastikbällen ihr Gleichgewicht und warfen sich Bälle zu, Akrobaten machten Handstände und Breakdance-Überschläge. Von den Fakiren legte sich einer mutig aufs Nagelbrett, ein anderer wagte den Gang über Glasscherben. Spätestens als die Feuerkünstler mit bloßen Händen eine Flamme berührten, musste Koßmann, der das Publikum eigentlich zu lauten „Oh-“, „Ah-“ und „Das-ist-doch-nicht-möglich“-Rufen animieren sollte, gar nicht mehr zum Einsatz kommen.
"Ich bin stolz"
Eine ästhetische Wirkung ging vor allem von der Lichtshow aus, die im Dunkeln tolle Farbeffekte zauberte. Mit einer spannenden Verfolgungsjagd auf einem dünnen Tau boten die Seiltänzer – verkleidet als Polizisten und Verbrecher – zum Ende einen echten Höhepunkt. „Es ist immer wieder faszinierend, welches Potenzial in jedem schlummert“, sagte Koßmann. „Ich bin stolz darauf, was unsere Artisten trotz ihrer Beeinträchtigung hier auf die Beine gestellt haben.“ Keine Frage: Die Auftritte waren allesamt sehenswert, weil sie immer auch mit einer Menge Überwindung oder Spaß verbunden waren. Und so war der Riesenapplaus am Ende der Vorstellung mehr als verdient.
„Atemlos“ ging es gegen Abend weiter durch die Nacht. Auf einer bunten Party brachten Feierwütige, Jung und Alt das Zirkuszelt zum Beben. DJ Rolf und Schlagerfreunde rockten im glitzernden Outfit das Haus. Fröhlich und ausgelassen wurde getanzt, gelacht, geschunkelt und mitgesungen. „Eine Party, so wie sie sein soll“, befand Koßmann. Warum auch an den Ballermann fliegen? Der Schlager lebt – jedenfalls bei der Wolfenbütteler Lebenshilfe.
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