Zoff im Gemeinderat: SPD und Grüne gehen getrennte Wege

von Thorsten Raedlein




Sickte. Ende. Aus. Vorbei. Die Gruppe SPD/Grüne im Sicktet Gemeinderat ist Geschichte. Die Sozialdemokraten haben die seit 2011 bestehende Zusammenarbeit unvermittelt aufgekündigt – und machen den Grünen schwere Vorwürfe.

SPD-Fraktionsvorsitzender Lutz Cordes machte am Samstagabend per E-Mail Schluss. Den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Holger Barkhau, erreichte die Mail in Berlin. "Diese Entwicklung hat sich abgezeichnet", sagt Barkhau im WolfenbüttelHeute.de-Interview. Seitens der Grünen wäre man jedoch trotz aller Meinungsverschiedenheiten in den vergangenen Wochen zu einer weiteren Zusammenarbeit bereit gewesen.

Nicht jedoch die SPD, wie Cordes ihm und der Presse mitteilte. Die SPD-Ratsfraktion vermisse bei den Grünen die aufrichtige Bereitschaft zu Kompromissen. "Zusammenarbeit in der Gruppe bedeutete für die Grünen nur, eigene Grundpositionen mit Hilfe der SPD-Stimmen durchzusetzen. Der SPD war schlussendlich nur die Rolle des Mehrheitsbeschaffers zugedacht", klagt Cordes an. Mit dem SPD-Verständnis von Kommunalpolitik sei dies nicht vereinbar. Meinungsvielfalt sei der SPD-Fraktion ausdrücklich wichtig. Auch einen Fraktionszwang bei Abstimmungen in Ausschüssen und im Gemeinderat könne die SPD-Fraktion nicht akzeptieren.

"Die Fraktion der Grünen vermittelt den Eindruck, dass allein die Ansichten ihres Fraktionsvorsitzenden gelten. Selbst die Öffentlichkeit konnte sich bei einer Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Dorfentwicklung und einer anschließenden Ratssitzung ein Bild von der Art der Grünen machen, wie sie die Grundregeln der Kommunalpolitik verstehen und umsetzen", zieht Cordes vom Leder. „Wir wollen nun als SPD-Fraktion zusammen mit den anderen Fraktionen (auch mit den GRÜNEN) – sicher auch mit wechselnde Mehrheiten – weiter zum Wohle der Sickterinnen und Sickter Ratsarbeit machen und die Gemeinde voran bringen“, erläuterte der SPD-Fraktionsvorsitzende das weitere Vorgehen.

"Auch wenn die Zusammenarbeit in der Gruppe nicht einfach war, war unsere Fraktion bis zum Schluss bereit, die Gruppe weiter bestehen zu lassen und die Abmachungen, die in der Gruppenvereinbarung getroffen wurden, in jeglicher Hinsicht einzuhalten. Es ist bedauerlich, dass die SPD-Fraktion dennoch keine Basis fùr eine weitere Zusammenarbeit mehr sieht", erwidert Barkhau.

Bemerkenswert sei, dass die Aufkündigung der Zusammenarbeit gerade zu dem Zeitpunkt erfolge, wo eine in der Gruppenvereinbarung festgelegte Umbesetzung eines Sitzes im Ausschuss für Umwelt und Dorfentwicklung zugunsten der Grünen-Fraktion erfolgen sollte. Nachdem die Grünen-Fraktion deutlich gemacht habe, dass sie eine Nichteinhaltung dieser Vereinbarung als Vertragsbruch betrachte und diesen nicht akzeptieren würde, komme nun die Aufkündigung der Gruppe seitens der SPD-Fraktion.

Die Vorwürfe bezüglich der Zusammenarbeit in der Gruppe  entbehren laut Barkhau jeglicher Grundlage. Es habe in der Gruppe zu keinem Zeitpunkt einen "Gruppezwang" gegeben. "Jedes Gruppenmitglied konnte frei entscheiden, wie es sich bei Abstimmungen verhielt, auch gegen ein  mehrheitliches Votum der Gruppe. Davon wurde seitens einiger SPD-Mitglieder auch reichlich Gebrauch gemacht", betont der Grünen-Fraktionsvorsitzende. Im Übrigen habe es bereits seit einem Jahr keine Gruppensitzungen mehr gegeben, auf denen Vereinbarungen hätten getroffen werden können. 

Auch in der Fraktion der Grünen gebe es keinen Fraktionszwang. "Wir einigen uns jedoch in der Regel auf unseren Fraktionssitzungen auf einheitliche Positionen und treten daher meist einheitlich und geschlossen auf", so Barkhau. Wenn die SPD-Fraktion das nicht entsprechend wolle oder könne, sei das ihre Sache. Sie sollte jedoch der Grünen-Fraktion aus ihrer Geschlossenheit keinen Vorwurf machen und auch nicht den Eindruck erwecken, als stünden die grünen Fraktionsmitglieder unter der Fuchtel ihres Fraktionsvorsitzenden. Die öffentliche Verbreitung einer derartigen Unterstellung sei unangemessen und werde zurückgewiesen.

Im Sickter Gemeinderat werden nun die Karten neu gemischt. Da die Mehrheitsverhältnisse sich verändern, müssen die Ausschüsse umbesetzt werden. Auch die Ausschussvorsitze werden neu verteilt. "Da der Sickter Bürgermeister zu Beginn der Wahlperiode nur mit den Stimmen der Grünen mehrheitlich gewählt wurde, verfügt er nun auch nicht mehr über eine Mehrheit im Gemeinderat. Auch wenn er sein Amt formal weiter wahrnehmen kann, stellt sich doch die Frage, ob nicht auch der Bürgermeister neu gewählt werden sollte, damit derjenige das Amt ausfüllt, der die Mehrheit des Gemeinderates repräsentiert", betont der Grünen-Fraktionschef.


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