Zwischen Kalk und Kork: Wendesser Berg wird zum Bio-Weinberg

Zwischen Linden und Wendessen entsteht ein Bio-Weinberg. regionalHeute.de war vor Ort.

von


Detlev Quidde begutachtet seine Weinpflanzen auf dem Feld zwischen Linden und Wendessen. Oben am Hang ist die Graufärbung durch den Kalk zu sehen.
Detlev Quidde begutachtet seine Weinpflanzen auf dem Feld zwischen Linden und Wendessen. Oben am Hang ist die Graufärbung durch den Kalk zu sehen. | Foto: Matthias Kettling

Wolfenbüttel. Detlev Quidde ist ein vielbeschäftigter Mann. Neben seinem Hauptberuf als Leiter der Städtischen Betriebe Wolfenbüttel, ist er nebenberuflich mit seinen Heißluftballons vom Okerballooning unterwegs. Warum er jetzt auch Wein in Wolfenbüttel anbaut, hat er im Gespräch mit regionalHeute.de erklärt.



Der langjährige Mercedes-Mitarbeiter ist auf dem landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern in Wendessen aufgewachsen. Seit 1990 war der Betrieb verpachtet, vor zwei Jahren hat Quidde den kleinen Hof mit wenigen Hektar wieder übernommen. Im rheinhessischen Nierstein zwischen Mainz und Worms hat Quidde zwischen 1991 und 2000 neben seinem Hauptberuf in der KFZ-Branche ein eigenes Weingut mit knapp vier Hektar Fläche betrieben. Aus privaten Gründen kam er in unsere Region zurück – mit reichlich Weinbau-Expertise im Gepäck.

Hanglage zwischen Linden und Wendessen


Im letzten Jahr wurde der Weinbau beantragt und in diesem Jahr die Pflanzgenehmigung erteilt. Neben den Hafer- und Weizenfeldern entsteht jetzt ein Weinberg zwischen Linden und Wendessen, den Quidde gemeinsam mit seiner Frau biologisch bewirtschaftet. "Südliche Hanglage ist ein bisschen übertrieben, aber es geht schon bergauf. Also wenn man hochläuft, merkt man es schon", sagt Quidde schmunzelnd. "Es gibt verschiedene Weinsorten, die lieben Kalk, zum Beispiel Chardonnay oder Burgunder. Und das Ganze hier ist ja ein Kalkgebiet, wie man oben am Hang durch die Graufärbung erkennen kann."

GPS-gesteuerte Pflanzung


Seit 2016 kann der Weinbau in Niedersachsen beantragt werden, derzeit gibt es hierzulande knapp 50 Hektar genehmigte Fläche, davon jetzt knapp 1,4 Hektar hier bei uns. Vier weiße und zwei rote Sorten hat Quidde angebaut. Die Pflanzung hat eine Firma aus Landau mit entsprechenden Maschinen übernommen. GPS-gesteuert setzte sie jeden Meter eine Pflanze in die Erde. Für die Pflege, die natürlich auch viel Handarbeit ist, hat Quidde aber auch einige Geräte aus seinem damaligen Betrieb in Nierstein mitgebracht und eingelagert, die jetzt wieder zum Einsatz kommen. Zum Beispiel den schmalen Traktor, der in den Zwischenreihen fahren kann und eine Weinbergspritze ziehen kann. Damit können die Pflanzen über ein Gebläse bewässert werden oder die Wasserlanze betrieben werden, mit deren Hilfe die 1.800 Pfähle im Boden verankert werden können.

Mit diesem schmalen Traktor zieht Detlev Quidde die Wasserspritze durch den Weinberg. Zur Zeit werden mit Hilfe einer Wasserlanze die Pfähle in die Erde gesetzt.
Mit diesem schmalen Traktor zieht Detlev Quidde die Wasserspritze durch den Weinberg. Zur Zeit werden mit Hilfe einer Wasserlanze die Pfähle in die Erde gesetzt. Foto: Matthias Kettling


"Meine Weinpresse habe ich noch, die ich ja erst in drei Jahren brauche. Das wird auf dem Hof passieren und auch der Ausbau bis zur Flasche. Die Weinbereitung, also der Gärprozess, Sterilisierungs- und Setzungsprozess, mache ich alles selbst. Selbst eine Etikettiermaschine habe ich damals behalten. Für einen fünfzig Hektar-Betrieb wäre das Blödsinn, das macht keiner mit der alten Technik, aber damals für vier Hektar ging es und heute für 1,4 hier oben auch."

Auf seinem Hof in Wendessen baut Detlev Quidde schon seit 2007 auf einer kleinen Fläche die Rebsorte Solaris an.
Auf seinem Hof in Wendessen baut Detlev Quidde schon seit 2007 auf einer kleinen Fläche die Rebsorte Solaris an. Foto: Matthias Kettling


Seit 2007 hat Quidde auf seinem Hofgrundstück 99 Weinreben der Sorte "Solaris" stehen, die Menge, die man ohne Erlaubnis anbauen darf. "Das gibt hier immer 100 Flaschen, so durchschnittlich. Die eignen sich aber ganz hervorragend zum Verschenken und für verschiedene Anlässe, weil sie eben nicht kaufbar sind. Das macht schon ein bisschen Spaß. Und die sind natürlich teilweise zum selber Trinken: ein guter Schluck Wein in der richtigen Mußestunde."

Wein ab 2027


Vermarktet werden soll der zertifizierte Biowein lokal, es wird keinen Handelsvertrieb geben. Erste Anfragen gibt es schon, die sind allerdings eher privater Natur. Auch einen Hofverkauf mit Verkostung an bestimmten Tagen kann sich Quidde vorstellen. Geduld ist aber noch gefragt: 2027 sind die Pflanzen soweit, dass die Ernte für die erste Weinproduktion genutzt werden kann.