Wolfsburg. In diesen Tagen feiert das Wolfsburger Rathaus seinen 60. Geburtstag. Im ehemaligen Ratskeller warfen Oberbürgermeister Klaus Mohrs und Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide heute einen Blick zurück und kündigten gleichzeitig eine kleine Feierstunde nach den Osterferien an, die das Forum Architektur der Stadt Wolfsburg organisiert.
Vor 60 Jahren, am 22. März 1958, kamen Ratsmitglieder und Verwaltung, Vertreter der Volkwagen AG und der Bürgerschaft zusammen, um das neue Rathaus der Stadt Wolfsburg seiner Nutzung zu übergeben, berichtet die Stadt heute in einer Pressemitteilung. Knapp 20 Jahre nach Gründung der Stadt am 1. Juli 1938 hatte die Zeit der Provisorien am Schachtweg und am Bullenberg ein Ende. Eines der ersten öffentlichen Bauwerke der jungen Stadt war nach rund dreijähriger Bauzeit fertiggestellt und bedeutete einen Meilenstein in der Stadtgeschichte.
Auch die Amtskette feiert ihren 60. Geburtstag. Sie war ein Symbol für den Aufbruch, das heute noch bei festlichen Anlässen vom Stadtoberhaupt getragen wird.
Symbol des demokratischen Aufbruchs
Voll von Symbolik ist auch das Haus. "Es war den Menschen damals sehr wichtig", so Mohrs, "dass die neue demokratische Ausrichtung der Kommunen in ihren baulichen Formen zu Ausdruck kommt. Die äußere Gestalt sollte den inneren Erneuerungsprozess zeigen." Drei funktionale Grundelemente – das zehngeschossige Hochhaus als Sitz für die ausführende Verwaltung, der geschlossene Block des Ratssitzungssaals und der gegenüberliegende Gebäudeteil für das Amtsgericht – bildeten ein Ensemble auf der Ostseite des Rathausplatzes. Sie nahmen die Idee der Gewaltenteilung auf und übersetzten sie in bauliche Strukturen. Verbunden sind sie durch eine gläserne Spange mit der Bürgerhalle für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt im Mittelpunkt. Sie wurde bewusst schwellenlos vom Rathausplatz betreten und transparent gestaltet.
Prototyp für die junge Bundesrepublik
Rathauseinweihung 1958, Auf der Rathaustreppe (v.l.n.r.): Rathausarchitekt Dr.-Ing. Titus Taeschner, ein unbekannter Journalist, Oberbürgermeister Arthur Bransch, Oberstadtdirektor Dr. Wolfgang Hesse Foto:
"Die architekturhistorische Bedeutung des Gebäudes ist hier in Wolfsburg noch nicht so bewusst – auch wenn es natürlich unter Denkmalschutz steht", sagt Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide. Der Entwurf stammte vom Wolfsburger Architekten Dr. Titus Taeschner und war 1955 aus einem architektonischen Wettbewerb als 1. Preis hervorgegangen. Als eines der ersten neuen Rathäuser der jungen Bundesrepublik entstand es mitten im Demokratisierungsprozess der 1950er Jahre und hatte mit seiner funktionalen Architektur wesentlichen Einfluss auf die nachfolgenden Projekte in fast allen westlichen Bundesländern. "Mit dem Rathaus", so Hirschheide, "begann Wolfsburgs Neuausrichtung und der Aufbruch vom Städtebau der 1930er Jahre zum Prototyp für die Architektur der jungen Bundesrepublik. Es leitete eine Ära qualitätsvollen Bauens ein, die die Architekten Alvar Aalto und Hans Scharoun auf einzigartige Weise ausbauen konnten und der wir uns bis heute verpflichtet fühlen."
Daneben war das Rathaus in den letzten 60 Jahren stetigen Veränderungen ausgesetzt. Die Stadt wuchs von rund 50.000 Einwohnern bei Eröffnung des Verwaltungsbaus auf heute rund 125.000 Einwohner an. Die Zusammenlegung der Amtsgerichte als Folge der Gemeindereform machte einen Neubau für das Amtsgericht erforderlich, der 1983 aus einem Wettbewerb hervorging und bis 1987 am Rothenfelder Markt entstand. Das alte Amtsgerichtsgebäude wurde umgenutzt und dem Rathaus zugeschlagen. 1989 folgte als nächste wichtige Ergänzung das Ensemble aus Kunstmuseum und Rathauserweiterung am südlichen Ende der Innenstadt, wo die beiden Neubauten den Hollerplatz umschließen. 1994 zogen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung in ihre neuen Büros, die über eine verglaste Brücke im 1. und 2. Obergeschoss mit dem Altbau verbunden sind. Daneben haben viele der Innenräume im Laufe der Jahrzehnte Umnutzungen oder Sanierungen durchlaufen. Gerade der offene Raum rund um die Bürgerhalle hat sich dabei den Charme der 1950er Jahre bewahrt. Oberbürgermeister Klaus Mohrs schätzt das Konzept seiner Büroräume: "Mir gefällt die große Fensterfront zur Porschestraße hin, sie symbolisiert transparentes Verwaltungshandeln und Bürgernähe."
Vortrag am 11. April
"Transparent, demokratisch, funktional. 60 Jahre Rathaus Wolfsburg" titelt der Vortrag von Stadtbaurat Hirschheide am Mittwoch, 11. April um 18 Uhr, der die Architektur und Bedeutung im Kontext der Baugattung Rathaus betrachten wird und viele historische Fotos zeigt. Die Stadt lädt dazu in die frühere Kassenhalle des Rathauses, Porschestraße 49. Im Anschluss folgt ein ausführlicher Rundgang durch das Gebäude. Die Führung erlaubt Einblick in Räume, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind, zum Beispiel den alten Ratskeller mit "Bierschwemme". Um Anmeldung wird gebeten unter: forum.architektur@stadt.wolfsburg.de
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