Wolfsburg. Zum 8. Mal wurden am gestrigen Donnerstagabend die drei Preisträger des arti Kunstpreises im Kunstverein Wolfsburg gekürt. Aufgrund der Pandemie wurde das Event erstmals per Livestream über die Homepage des Kunstvereins und auf Facebook übertragen, Künstler und Redner waren vor Ort anwesend. Erste Siegerin wurde die Künstlerin Luz Helena Marín Guzmán. Dies teilt der Kunstverein Wolfsburg in einer Pressemitteilung mit.
Ihre Arbeit sei während des Lockdown (so auch der Titel des Werks) zu Zeiten der Corona-Pandemie entstanden. Freunde und Familie aus aller Welt hätten ihr während der Einschränkungen Handyfotos geschickt, welche ihren persönlichen Blick aus dem Innenraum auf den Himmel zeigen. Die Künstlerin habe 103 der Aufnahmen mit digitaler Zeichnung bearbeitet und eine Reihe fantasievoller Werke erschaffen, die an kindliche Suche von Gestalten in Wolkengebilden erinnern. Ihr Aufruf und das Sammeln von Fotos unterschiedlicher Herkunft als Basis ihrer Arbeit, so genannte Crowd Art, sowie die moderne Verwendung digitaler Medien wären zwei Faktoren gewesen, die die fünfköpfige Jury überzeugten. Besonders beeindruckte die Umsetzung des Wettbewerbsthemas „Mit Energie“: Jedes einzelne Foto transportiere die Sehnsucht nach der Außenwelt, während man gezwungen sei, in der Enge des Hauses auszuharren und sich Beschäftigung zu suchen.
Der Künstlerin habe diese Situation als Antrieb gedient. Sie habe das künstlerische Abarbeiten gegen die Lähmung während des Lockdown genutzt und mit ihrem Aufruf zur Fotosammlung auch Freunde und Verwandte zur bewussten und kreativen Auseinandersetzung mit der Situation motiviert.
77 flammenförmigen Objekte
Der zweite Preis ging an Eileen Lofink, die es bereits 2016 unter die Nominierten schaffte. Damals noch als Studentin von Thomas Rentmeister, habe sie inzwischen erfolgreich ihren Meisterschüler bei Hartmut Kummer an der HBK Braunschweig abgeschlossen und wohne derzeit wieder in Wolfsburg. Ihre Installation „from pure air we have descended“ bestehe aus 77 flammenförmigen Objekten unterschiedlicher Größe, die im Ausstellungsraum zu einem nahezu perfekten, dunkelrot glänzenden Ring arrangiert worden seien. Die Flamme, archaisches Symbol für Wärme und Energie, erstarre in der Umsetzung als Keramik zu einer erkalteten, organischen Form. Dieses Paradox werde noch gesteigert durch die Tatsache, dass Feuer als Energiequelle Voraussetzung für das Brennen und anschließende Glasieren der Keramik bilde.
Ein mikrokosmisches Erlebnis
Den dritten Preis gewann Anna Miethe für ihre Einreichung mit dem Titel „x-raybbit“. Ihr Videobeitrag habe dem Betrachter ein mikrokosmisches Erlebnis geschenkt. Die Grundlage der Arbeit bilde die Radiografie eines Hasen, die die Künstlerin digital nachbearbeitet habe. Sie habe einen neuartigen, undefinierbaren Körper mit der naturwissenschaftlichen Ästhetik eines Röntgenbildes erschaffen, der durch die Bewegung animierter kreisförmiger Partikel im Innern und den langsamen Rhythmus pulsierender Klänge zum Leben erweckt werde.
Als musikalisches Highlight habe Johann Ehlers die Eröffnung und Preisverleihung mit Gesang und Piano begleitet.
Die Ausstellung zum arti 2020
"Mit Energie" sei vom 19. Juni bis zum 9. August im Kunstverein Wolfsburg im Schloss Wolfsburg zu sehen. Neben den Gewinnerwerken seien auch Arbeiten von atelier für zukünfte, Anita Marijana Bajic, Axel Bosse, Jörg Hennings, Tarabea Guastavino San Martin, Linus T. Schulz/Hellen Niemann und Walter Winter ausgestellt, die ebenfalls nominiert waren.